Willie Nelson - It Always Will Be

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Vorweg nur soviel: Willie Nelson muss man einfach lieben. Obwohl er 1982 mal mit Julio Iglesias sang. Man muss ihn lieben, weil er sich nie um die Regeln der Countrygeschäfts geschert hat, mit seinem hippiesken langen roten Haaren, dem gewöhunungsbedürftig näselnden Vortragsstil, dem jahrelangen Zwist mit dem US-Finanzamt, notfalls - aber nur ganz notfalls - auch für "To All The Girls I've Loved Before". Und wer sich nicht für seine Musik erwärmen mag, der liebe ihn doch einfach für seinen Auftritt in dem Film "Wag The Dog", in Deutschland leider etwas stumpf "Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt" übersetzt. Ein eigentlich urkomischer Einblick in die Funktionsweise der US-Administration, der Korrumpierung der Medien und der Manipulation der öffentlichen Meinung. Da spielt Nelson an der Seite von Dustin Hoffman, Robert De Niro und Dennis Leary einen leicht senilen Redneck-Countrysänger, der als Lohnsongschreiber für einen frei erfundenen (!) Krieg patriotische Heldenlieder dichtet, da der US-Präsident gerade von einem Sex-Skandal ablenken muss. Köstlich, auch wenn einem das Lachen während des Verlauf des Films des öfteren mal im Halse stecken bleiben möchte.

Fast genau ein Jahr nach dem Tod des anderen großen Outlaws des Country, Johnny Cash, erscheint Willie Nelson Album "It Always Will Be" - sein erstes richtiges Album seit "The Great Divide" von 2002, wiederum veröffentlicht beim Lost Highway-Label. Das Nummer-Eins-Hitduett mit Toby Keith aus dem Jahre 2003, "Beer For My Horses" sucht man hier vergeblich. Der Song hätte auch nicht so recht zwischen die 14 Songs gepasst, die der 71-jährige Texaner aufgenommen hat, für das - grob geschätzt - 217. Album das seinen Namen auf dem Cover trägt. Produzieren ließ er sich von James Stroud und beschäftigte bei den Aufnahmen in Nashville den Harp-Bläser Mickey Raphael und gleich zwei Steelgitarristen: Dan Dougmore und Paul Franklin dürfen mehrfach prominent aufspielen. Gleich der Opener (und Titeltrack) gibt die Grundstimmung des Albums vor: Die Willie-Nelson-Komposition zärtelt daher, von Harp und Slide-Guitar wunderbarst umschmeichelt.

Ähnlich anschmiegsam turtelt das wundervolle "Picture In A Frame" mit dem Hörer, ein Song aus der Feder von Tom Waits und Kathleen Brennan. Auf "The Great Divide" sang Nelson noch komplett unerwartete Coversongs wie "Time After Time", an dem schon 80's Popgöre Cindy Lauper und die Jazzlegende Miles Davis gewirkt hatten - diesmal ist er nicht so mutig. Vielleicht, weil Cash mit seinen hochcrediblen Versionen von Nine Inch Nail- und Depeche Mode Songs auf Jahre vorgelegt hat und hier fürs erste alles gesagt ist. Nelson singt stattdessen "Midnight Rider" von Lynyrd Skynyrd und Toby Keiths Hymne auf den ehrlichen Arbeiter, "Tired". Herzergreifend und mit der Zeile: "In zwanzig Jahren Arbeit war ich gerade sechs Tage krank. Und das Geld ging ans Finanzamt." Das hat er ja nun selbst schmerzlichst erfahren, in seiner Karriere, als die Steuerbehörden plötzlich 16 Millionen Dollar nachforderten.

Die schöne Tradition der Duette (auf "The Great Divide" gab es gleich sechs Stück) setzt Nelson auch auf "It Always Will Be" fort: "Be That As It May" singt mit der etwas schnippisch klingenden Paula Nelson. Es klingt, als würden sich gleichzeitig ratlos und besorgt mit den den Schultern zucken: "Wie immer das auch sei - uns rennt die Zeit davon". Das schwelgerische "Overtime" teilt sich Nelson mit einer überentspannten Lucinda Williams (die diesen Song auch schrieb) und der wohl schönste Duettmoment auf "It Always Will Be" ist "Dreams Come True": Eingesungen mit dem jungen Jazz-Country-Shooting Star Norah Jones. Möge die Anhängerschar des populären Jazz diesen Song zum Anlass nehmen, Willie Nelson in ihr Herz schließen, er hätte es eh verdient. Zu schmirgelnder Orgel seufzt Nelson "Love's The One And Only Thing" (wundervoll, wenn er gerade noch singt, als würde er fast schon lesend vortragen), shuffelt sich durch den kleinen Tex-Mex-Schmeichler "Texas", eine Hymne auf seine Heimat. Nelson schließt das Album überraschend mit einem echten Outlaw-Kracher: "Midnight Rider." Als wolle er uns sagen: Okay, es ist ein unter dem Strich ruhiges, melancholisches Album - aber glaubt ja nicht, dass die Jahre mich weicher und ruhiger gemacht hätten.

Fazit: Langsam heißt es Abschied nehmen, bei den "lebenden Legenden" des Country. Um so schöner, dass auf den langgedienten Outlaw Willie Nelson weiterhin Verlass ist - auch wenn mittlerweile schon über 70 Erdenjahre auf dessen schmalen Schultern ruhen. "It Always Will Be"ist eine herzerwärmede 14-Song-Collektion mit einigen schönen Duetten, über weite Strecken sehr entspannt gehalten, aber ohne Ermüdungserscheinungen.

Label: Lost Highway (Universal) VÖ: 9. November 2004

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