Carter. Der Name klingt in der traditionellen Country Music wie Donnerhall. Nur noch "Cash" verströmt mehr Ehrfurcht und Respekt. Leser dieser Seite muss man nicht erklären, dass sich (June) Carter & (Johnny) Cash schließlich zusammengetan haben, um die Legende noch legendenhafter zu machen. Carlene Carter stammt aus June Carters erster Ehe mit Carl Smith, ebenfalls ein Countrymusiker. Als Stieftochter von The-Man-in-Black stand sie mit ihm schon in jungen Jahren auf der Bühne und lernte und schaute sich so manches ab. Vor allem: diese bestimmte rebellische Outlaw-Attitüde. Deshalb ist Carlene Carter auch nicht brav in Nashville geblieben, um in Röckchen und Cowboystiefeln braven Country anzubieten. Nein, sie ging Ende der 70er Jahre nach England, um mit dem New-Wave-Musiker Graham Parker zu arbeiten. Gegen den Strich - das war lange auch ihr Motto.
Mittlerweile ist Carlene Carter 58 Jahre alt. Sie steht längst über den Dingen und weiß, welche Ehre - aber auch welche Verpflichtung - es ist, mit dem Namen Carter zu leben. Deshalb hat sie sich schon vor langer Zeit aufgemacht, um diesen Nachlass zu pflegen und zu verwalten - und ihn mit neuen Songs und Sounds zu bereichern.
Für "Carter Girl" - der Name ist Programm - hat sie sich mit dem Produzenten Don Was (u.a. Rolling Stones) zusammengetan, um ein Dutzend Songs aus dem Familienfundus aufzunehmen. Acht Tracks stammen aus der Feder von A. P. Carter. Alvin Pleasant Delaney Carter, wie der Country-Pionier offiziell hieß, lebte von 1891 bis 1960. Er schrieb unzählige Meilensteine des Genres und gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Carter Family.
Songs wie "Little Black Train", "Give Me The Roses", "I'll Be All Smiles Tonight" und "Gold Watch And Chain" gehören zu den Ikonen der Country-Literatur. In der gemeinsam mit Top-Musikern wie Drummer Jim Keltner, Pedal-Steel-Gitarrist Greg Leisz und Mandolinen-Star Sam Bush eingespielten Versionen befreien Carlene Carter und Don Was die altehrwürdigen Tracks von Staub und Patina. Es klingt: modern, ruppig, rau. Purer Americana. Gesungen von einer Frau, die hörbar schon einiges erlebt und durchlebt hat. Mit ihrer spröden Stimme raspelt sie sich durch die Harmonien und Texte - und die Musiker tun es ihr gleich. Anstatt auf klinische Perfektion zu achten, lässt der Produzent auch gelegentliche Unsauberkeiten gelten. Er tut gut daran. Denn so erinnert das Dutzend Songs an einen Live-Gig in einem urigen Club irgendwo in Tennessee.
Dass es für Carlene Carter nicht schwer sein dürfte, ein paar Gaststars für die Sessions zu gewinnen, war klar. Standesgemäß präsentiert sie ein paar, nun ja, Legenden: Willie Nelson teilt sich mir ihr das Mikrofon bei "Troublesome Waters", Willies Kumpel Kris Kristofferson ist bei dem ruppigen "Blackjack David" mit von der Partie und der unverzichtbare Vince Gill setzt bei dem Gospel "Lonesome Valley 2003" sanfte Akzente.
Bei "I Ain’t Gonna Work Tomorrow" bringt C.C. - die Tontechnik macht es möglich - eine Art Carter Family auf die Beine. Helen Carter, Anita Carter, June Carter Cash und - Tusch! - Johnny Cash sind bei dem flotten Country-Feger zu hören. Was für eine Familie ...
Fazit: Klar doch: Wo Carter drauf steht, ist Country drin. Gemeinsam mit Produzent Don Was gelingt Carlene Carter ein authentisches Americana-Album, ganz in der Tradition der Familie. Einige Gaststars versprühen zusätzlichen Glanz.
Label: Rounder / Concord (Universal) | VÖ: 4. April 2014 |
Titelliste
01 | Little Black Train | 07 | Troublesome Waters (mit Willie Nelson) |
02 | Give Me The Roses (while I live) | 08 | Lonesome Valley 2003 (mit Vince Gill) |
03 | Me and The Wildwood Rose | 09 | Tall Lover Man |
04 | Blackie's Gunman | 10 | Gold Watch and Chain |
05 | I'll Be All Smiles Tonight | 11 | Black Jack David (mit Kris Kristofferson) |
06 | Poor Old Heartsick Me | 12 | I Ain't Gonna Work Tomorrow (mit Helen Carter, Anita Carter, June Carter Cash & Johnny Cash) |