In wenigen Tagen feiert Billy Joe Shaver seinen 75. Geburtstag. In seinem Alter könnte sich der Mann aus der texanischen Kleinstadt Corsicana längst zur Ruhe setzten, doch für einen echten Outlaw endet das Schaffen wohl erst mit dem Tod. "Es gibt keine Altersgrenze, wenn es um das Schreiben von Songs geht", lässt der Musiker verlauten und unterstreicht seine trotzige Einstellung gleich bei einigen seiner neuen Tracks. Nicht ganz unbeteiligt an dem von vielen nicht mehr erwarteten Comeback ist Todd Snider, der den Oldtimer noch einmal überzeugen konnte, neue Titel in einem Studio aufzunehmen.
Für den knarzigen Swamp-Opener "Hard to Be An Outlaw” brauchte Shaver nicht lange nach einem Gesangs-Partner suchen. Wen anders als Willie Nelson hätte Shaver für eine solche Nummer sonst schon engagieren können? Die alten Haudegen grübeln über das Leben als Außenseiter in der Szene nach. Sie sind zwar hörbar stolz, zu dieser immer kleiner werdenden Gruppe zu gehören, doch erkennen beide, dass die Szene schon seit langer Zeit auf jüngere Acts setzt, die nach Meinung der beiden alten Hasen allerdings keine Country-Wurzeln mitbringen. Auch allein blickt Shaver auf aktuelle Musikwelt in Nashville. "Music City USA" bietet unterhaltsamen Trucker-Country-Sound, und führt inhaltlich auch in die Zeiten zurück, als nach Meinung des Veteranen alles doch besser gewesen ist.
Der Titelsong "Long In The Tooth" kommt im Vergleich zu diesen beiden eingängigen Kompositionen arg eigenwillig, widerspenstig und schräg daher. Textlich wird hier kein Blatt vor den Mund genommen - trotzdem - wenn man als Senior noch so austeilt, sollte man vielleicht öfter mal seine Medikamente nehmen.
Doch Billy Joe Shaver zeigt sich nur selten so ungehobelt. Weiß der Sänger doch genau, wie er seine tiefe und schroffe Stimme noch einsetzten kann. Daher dürfen melancholische Liebeslieder nicht fehlen. Die beiden Beispiele dafür stellen "I'll Love You As Much As I Can" und "I'm In Love” dar, die so richtig schön traurig stimmen. Mach einer wird sich hier wohl auch an Cash-Balladen aus dessen letzten Schaffensphase erinnert fühlen.
Wenn man da zwischendurch Durst auf ein alkoholisches Getränk bekommet - kein Problem! "Last Call For Alcohol" beschert dafür den passenden Klang, der typisches Honky Tonk-Feeling verbreitet. Das Piano-Geklimper steuert hier übrigens niemand geringeres als Leon Russell (Elton John, Joe Cocker oder Glen Campbell) bei.
Dass der Outlaw seinen Sinn für Humor noch nicht verloren hat, zeigt er bei "Checkers And Chess", welches mit einem Augenzwinkern auf die Ungerechtigkeiten zwischen Arm und Reich blickt: Während die Reichen Schach spielen, schiebt Shaver als bekennendes Mitglied der Arbeiterklasse lieber am Dame-Brett herum.
Fazit: Einer der letzten übriggebliebenen Outlaws meldet sich zurück - zäh, ehrlich bis hin zu ergreifend und immer noch mit einem guten Händchen für Songwriting und traditionelle Country Music. 32 Minuten sind allerdings etwas kurz.
Label: Lightning Rod (rough trade) | VÖ: 8. August 2014 |
Titelliste
01 | Hard to Be An Outlaw (mit Willie Nelson) | 06 | Last Call For Alcohol |
02 | Long In The Tooth | 07 | Checkers & Chess |
03 | The Git Go | 08 | American Me |
04 | Sunbeam Special | 09 | I'm In Love |
05 | I'll Love You As Much As I Can | 10 | Music City USA |