Mächtiges Comeback für Travis Tritt mit "A Man And His Guitar - Live From The Franklin Theatre"
Travis Tritt steht für über 25 Jahre Country Music und das, obwohl er sich in den letzten Jahren eher rar gemacht und keine Alben veröffentlicht hat. Und auch, obwohl er optisch schon zu seiner Hochzeit nie ins Klischee des klassischen Country-Stars gepasst hatte. Travis Tritt selbst lacht noch heute über die ein oder andere Begebenheit, in der er sich als Langhaariger gegen einen "braven" Garth Brooks, Alan Jackson oder Clint Black behaupten musste. Doch zeigte sich seine Musik eigentlich stets kontrovers zum äußeren Bild des Rockers, gerade seine Balladen und hintergründigen Texte überzeugten. So kommt Travis Tritt nun auch nicht mit mächtiger Bühnenshow, sondern recht bescheiden mit einem Solo-Programm zurück, das jedoch enorme Kraft besitzt.
"A Man And His Guitar - Live From The Franklin Theatre" wurde bereits 2013, wie der Name schon sagt, im historischen Franklin Theatre in Franklin, Tennessee, aufgenommen. Ein reduziertes Setting mit nichts als dem Künstler auf seinem Barhocker, die Gitarre in der Hand, und einem Publikum, das seiner Stimme lauscht. Gesegnet sind jene, die hier dabei sein durften, mitsingen, lachen und sicher auch weinen. Für alle anderen Menschen, die Travis Tritt über die Jahre die Treue hielten, wurde "A Man And His Guitar - Live From The Franklin Theatre" produziert und wird begeistern.
Das Beste vom Besten an Gaststars
Ein Best Of-Album wird immer das Problem haben, dass sich irgendwer beschwert, dass genau "sein" Song nicht enthalten ist. Für Travis Tritt sind es in diesem Fall einfach "seine" Lieder, solche, die ihm am meisten bedeuten und Künstler, denen gegenüber er seine Bewunderung ausdrücken möchte. Wie so oft dürfen dabei die Altmeister Waylon Jennings ("Are You Sure Hank Done It This Way"), Bobby Bare ("500 Miles"), Hank Williams ("The Pressure Is On") und Johnny Cash nicht fehlen, wobei er dessen "I Walk The Line" nicht in der dreihundertfünfundachtzigtausendsten Boom-Chicka-Boom-Version darbringt, sondern es in wunderbare Travis Tritt-Ballade verwandelt. Möge dies der ein oder andere nationale Künstler hören und sich seine Gedanken dazu machen.
Gäste holt sich Travis Tritt natürlich hochkarätig. Mit seinem "alten" Partner Marty Stuart erzählt er von Geschichten, wie seine Mutter einst George Jones traf, beide lassen das Publikum Anteil haben am Spaß auf der Bühne, kündigen schließlich ein gemeinsames Album an, das in Kürze erscheinen wird. Das Instrumental "Pickin' at It" ist schon mal ein Vorgeschmack. Auch ist natürlich ihr großer Hit "Whiskey Ain't Workin'" auf "A Man And His Guitar - Live From The Franklin Theatre" enthalten.
Ein weiterer Mega-Star und Duett-Partner ist Willie Nelson, mit dem Travis Tritt den Welthit "Mamas, Don't Let Your Babys Grow Up to Be Cowboys" singt, den Ed Bruce im Jahr 1976 schrieb. Willie Nelson hatte ihn 1978 mit Waylon Jennings aufgenommen.
Nett ist die Story um Travis Tritt und James Otto. Beide lernten sich vor einigen Jahren bei einer TV-Show kennen. In dieser sollte James Otto als damals noch junger, unbekannter Sänger in Nashville eins seiner Vorbilder der Country Music benennen und durfte dieses kennenlernen. Er entschied sich seinerzeit für Travis Tritt, seither sind beide befreundet. Der Song ihrer Wahl für die Aufnahme des Live-Albums war "Lord Have Mercy On The Working Man". Eine gigantische Version mit diesen beiden Stimmen.
Travis Tritts eigene Kult-Songs
Spontaner Szenenapplaus ertönt bei den ersten Klängen jener Songs, die man von Travis Tritt kennt. Zum Teil aus seiner eigenen Feder, aus seiner Seele. "Where Corn Don't Grow", über die weisen Worte eines Vaters an seinen Sohn oder "I'm Gonna Be Somebody", die Geschichte eines jungen Mannes, der mit dem Traum auszieht, jemand Großes im Musikgeschäft zu werden. In Zeiten eines Handys unvorstellbar, 1991 jedoch noch Realität - Münzen in einen Fernsprecher werfen. In den USA brauchte es einen viertel Dollar, ein Quarter, um ein kurzes Gespräch zu führen. Aus jenem machte Travis Tritt seinen legendären Song "Here's a Quarter (Call Someone Who Cares)", den er der Frau anbietet, sie solle damit gehen und jemanden anrufen, den es interessiere, was sie zu sagen hat, ihn jedenfalls nicht, nachdem sie ihn betrogen habe. Wenn Travis Tritt dieses Lied bei Konzerten spielte, holten die Menschen im Publikum oft Münzen heraus und warfen sie ihm auf die Bühne.
Eine andere Textzeile, die wohl jeder in Amerika und auch jeder Country-Fan bei uns kennen dürfte, ist "I got rice cookin' in the microwave, got a three day beard I don't plan to shave…". "It's A Great Day to Be Alive" erhielt im Jahr 2000 nicht nur dem ACM Award als "Single des Jahres", sondern wurde zur Hymne des "kleinen Mannes", ein Song, der bewusst macht, dankbar zu sein für die einfachen Dinge, die jeden Tag passieren. Obgleich seiner Erfolge und Auszeichnungen nimmt man auch Travis Tritt noch ein Stück weit ab, demütig zu sein. Es gelingt ihm, Ehrlichkeit und Nähe zu vermitteln. So auch in seinem ersten Hit "Country Club", bei dem natürlich jeder im Franklin Theatre mit einstimmt, oder in "Best of Intentions", dessen Eindringlichkeit seinerzeit 2000 durch ein dramatisches Video betont wurde, in dem Travis Tritt im Gefängnis saß. Doch auch 16 Jahre später auf "A Man And His Guitar - Live From The Franklin Theatre", pur und einfach, berührt er noch immer.
Überboten wird das ganze nur noch durch ein Lied, das wohl schmerzerfüllteste und gleichzeitig wundervollste - "Anymore". Das Herauskommen, das Verlorensein, der innere Kampf um das, was man wieder haben möchte. Ein viertel Jahrhundert liegt zwischen der ursprünglichen Version und der heutigen Aufnahme. Nichts, aber auch gar nichts hat sie an ihrer Schönheit verloren, nichts hat Travis Tritt an seiner Ausdruckskraft eingebüßt.
Insgesamt 24 Lieder enthalten die beiden CDs "A Man And His Guitar - Live From The Franklin Theatre", ebenso eine DVD.
Fazit: Dass Travis Tritt zu den besten Künstlern seiner Zeit gehörte, stand ohnehin außer Zweifel. Nun hat er lange Zeit später auch mit "A Man and His Guitar - Live From The Franklin Theatre" das vielleicht beste Album dieses Jahres abgeliefert.
Label: Post Oak (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 18. November 2016 |
Disk 1 | |
01 | It's All About The Money |
02 | Where Corn Don't Grow |
03 | The Pressure Is On |
04 | I'm Gonna Be Somebody |
05 | Lord Have Mercy On The Working Man |
06 | Country Club |
07 | Country Ain't Country |
08 | 500 Miles Away From Home |
09 | Here's A Quarter |
10 | Best of Intentions |
11 | Drift Off To Dream |
12 | Help Me Hold On |
Disk 2 | |
01 | Whiskey Ain't Workin |
02 | Pickin' At It |
03 | Come And Go Blues |
04 | Anymore |
05 | I Walk the Line |
06 | Are You Sure Hank Done It This Way |
07 | A Long Time Ago |
08 | Mama's Don't Let Your Babies Grown Up To Be Cowboys |
09 | Lone Wolf |
10 | It's A Great Day To Be Alive |
11 | T-R-O-U-B-L-E |
12 | Modern Day Bonnie and Clyde |