In seiner über 60jährigen Karriere, die so um die 200 Alben-Veröffentlichtungen hervorgebracht hat, kann man sich auf eines felsenfest verlassen: man weiß nie so genau, woran man bei ihm ist. Mal macht er traditionellen Country, mal die rockige Version davon, dann wieder flirtet er intensiv mit Jazz und Blues. Egal - so bald er hinter dem Mikrofon steht und ein Solo auf seiner altehrwürdigen Gitarre namens "Twigger" (die mindestens so zerfurcht ist, wie sein Gesicht) spielt, kommt ein Willie Nelson-Song heraus. Ein Mann, eine Marke, ein Sound.
Für "Heroes" hat sich Big Willie Hit-Produzenten Buddy Cannon (Kenny Chesney) auserkoren. Ein Umstand, der einen argwöhnisch werden lassen könnte. Denn Cannon ist für kommerzielle Würfe mindestens genauso bekannt, wie für ein meist doch recht glatt gebügeltes Klangbild. Auch im Falle von Willie Nelson?
Nein, keine Grund zur Aufregung, Entwarnung. Buddy Cannon ignoriert bei dieser Song-Auswahl alle Mainstream- und Airplay-Vorgaben und lässt Willie Nelson das machen, was er einfach am besten kann - gefühlvolle, schöne, unaufgeregte Country-Songs interpretieren. Behilflich waren ihm dabei - auch das ist typisch Willie- eine ganze Riege von Stars. Dass ihm seine Kumpel Merle Haggard ("A Horse Called Music") und Kris Kristofferson ("Roll Me Up") stimmlich unter die hageren Arme greifen, verwundert nicht. Auch nicht, dass er mit der hübschen Sheryl Crow das Gospel-inspirierte "Come On Up to The House" einsingt. Und schon gar nicht, dass er sich den hoffnungsvollen Newcomer-Outlaw Jamey Johnson und den bisweilen hoffnungslosen Oldtimer-Outlaw Billy Joe Shaver für den Titeltrack einlud.
Bei "Heroes" stellt die Country-Legende aber auch seinen Familiensinn unter Beweis. Gleich bei mehreren Titeln darf Sohnemann Lukas ran. Konkret: bei neun von 14 Tracks. Bei dem nagelneuen, von Willie Nelson gemeinsam mit Buddy Cannon geschriebenen "Come On Back Jesus" mischt neben Lukas auch noch der ebenfalls talentierte Micah mit. Die drei Nelsons sorgen in dem im Dreiviertel-Takt angelegten Country-Gospel für heimelige, sehr nostalgische Atmosphäre. Ein toller Track.
Mit "Roll Me Up" gelingt dem Haudegen aber natürlich erneut eine echte Überraschung. Neben Jamey Johnson und Kris Kristofferson sorgt auch der obercoole Rapper Snoop Dogg für originelle Vocals - in einem originellen, neu komponierten Titel. In dem es, nicht ganz so originell, wieder mal um ein bestimmtes nicht ganz legales Kraut geht.
Den letzten Titel der CD "The Scientist" produzierten Justin Stanley und Dolye Bramhall II. Im Gegensatz zu den restlichen Songs wurde diese wunderbare leise, hymnische Ballade nicht in Austin, Texas, sondern in L.A. und Nashville aufgenommen. War kein Nachteil ...
Fazit: Sein Comeback-Album bei Sony Music hätte kaum schöner ausfallen können: Willie at his best! Und dazu mit etlichen Stargästen und zwei seiner Söhne. Er ist einfach unschlagbar...
Label: Legacy (Sony) | VÖ: 11. Mai 2012 |
Titelliste
01 | A Horse Called Music (mit Merle Haggard) | 08 | My Window Faces The South (mit Lukas Nelson) |
02 | Roll Me Up (mit Snoop Dogg, Kris Kristofferson & Jamey Johnson) | 09 | The Sound of Your Memory (mit Lukas Nelson) |
03 | That's All There Is to This Song | 10 | Cold War With You (mit Lukas Nelson & Ray Price) |
04 | No Place To Fly (mit Lukas Nelson) | 11 | Just Breathe (mit Lukas Nelson) |
05 | Every Time He Drinks He Thinks of Her (mit Lukas Nelson) | 12 | Home In San Antone (mit Lukas Nelson) |
06 | Come On Up To The House (mit Sheryl Crow & Lukas Nelson) | 13 | Come On Back Jesus (mit Lukas Nelson & Micah Nelson) |
07 | Hero (mit Jamey Johnson & Billy Joe Shaver) | 14 | The Scientist |