Der Original Soundtrack zu "Glen Campbell: I'll Be Me" wurde mit einem Grammy ausgezeichnet
Es ist auch eine traurige Geschichte. Es ist die Geschichte von Glen Campbell, dem "Rhinestone Cowboy", den vor ein paar Jahren die schreckliche Diagnose Alzheimer ereilte. Doch nicht wie viele andere Patienten lähmte ihn diese Offenbarung nicht. Sie machte ihn nicht stumm und nicht hilflos und nicht apathisch; vielmehr ging er in die Offensive - und auf Tour. Mit im Tross: Kameras, Mikrofone und ein Film-Team um Regisseur James Keach, der Campbells Farewell-Tour für die Nachwelt fest hielt. Resultat: Die Dokumentation "I’ll Be Me".
Der Film wurde mit Jubelkritiken geradezu überschüttet, für den Soundtrack gab es eine Grammy®-Nominierung. Auf dem Tonträger sucht man Tim McGraws berührende Version übrigens vergeblich. Das ist einerseits Schade. Andererseits alles andere als schlimm. Denn es ist die CD, das Tonträger-Vermächtnis von Glen Campbell, der mit diesem Silberling ein letztes Glanzlicht seiner ruhmreichen Karriere zündet.
"I'm Not Gonna Miss You" ist der von ihm gesungene und von der berühmten Alten-Hasen-Combo "The Wrecking Crew" begleitete Opener dieses außergewöhnlichen Albums. Ein Song mit Gänsehaut-Garantie, selbst wenn man nichts über die tragischen Umstände der Aufnahme wissen sollte. Alleine dieser Titel rechtfertigt schon den Kauf der CD.
Glen Campbell: I'll Be Me wurde von Dann Huff produziert
Doch das von Julian Raymond und Dann Huff produzierte Tonjuwel hat natürlich noch einige weitere Song-Highlights zu bieten. Zum Beispiel den von The Band Perry zunächst etwas sphärisch interpretierten Country-Evergreen "Gentle On My Mind". Klasse!
Mit dem Album leistet der einstige Country-Superstar aber auch einen Beitrag zur aktiven Familien-Förderung: Seine Tochter Ashley darf bei - dem selbst komponierten und hervorragenden - "Remembering" ran, seine Söhne Shannon und Cal zeigen in nachfolgenden Live-Aufnahmen, dass sie einiges an Talent vererbt bekamen.
Wobei: An seine grandiose Stimme kommt niemand aus dem Campbell-Clan heran: Bei der wuchtigen Ballade "All I Need Is You" und der betörend schönen Ballade "The Long Walk Home" zieht er nochmals alle Register seines Könnens. Dass er bis zum Schluss ein grandioser Performer war, belegen zwei Mitschnitte aus dem Ryman Auditorium: die Eigenkomposition "A Better Place" und das - was soll man sagen - gigantische, unfassbare, mystisch-schöne, von Jimmy Webb meisterhaft komponierte "Wichita Lineman". Es gibt einige Versionen dieses fulminanten Werks - diese Live-Aufnahme ist vielleicht die Beste: Glen Campbell zusammen mit einer grandiosen Band, zu der auch seine Tochter und seine zwei Söhne zählen. Und dann noch in dieser Kathedrale der Countrymusik. Wer hier dabei war, war Zeuge, als Geschichte geschrieben wurde.
Alternative Single-Versionen von "Gentle On My Mind" (wieder von The Band Perry) und - der Kreis schließt sich - von "I’m Not Gonna Miss You" runden das Album ab.
Fazit: Man möchte den Hut ziehen vor einer der letzten großen Country-Ikonen. Ein Vermächtnis, das unter die Haut geht. Fünf Punkte sind immer noch zu wenig.