Das jüngste Werk der Erfolgs-Regisseure hat zwei Hauptdarsteller. Oscar Isaac spielt den jungen abgebrannten Folksänger Llewyn Davis, der verzweifelt nach Anerkennung als ernstzunehmender Künstler sucht. Die zweite Hauptrolle spielt die Musik. Für den Soundtrack setzten die Cohen Geschwister wie schon bei "O Brother, Where Art Thou?" auf Starproduzent T Bone Burnett (u.a. Roy Orbison, Willie Nelson und Elvis Costello).
Gemeinsam haben sie einen Soundtrack zusammengestellt der sich hinter dem Megaerfolg von 2000 nicht verstecken muss. Nicht zuletzt dank des musikalisch talentierten Casts. Justin Timberlake hat seine musikalische Wandlungsfähigkeit seit seinen Anfängen bei 'N Sync schon mehrfach unter Beweis gestellt. Aber Folk ist auch für den singenden Schauspieler - oder schauspielernden Sänger - neues Terrain. Doch er überzeugt. Zart, einfühlsam und ohne großes Tamtam singt er den Folkklassiker "Five Hundred Miles" von Hedy West. Eine wunderbare Cover-Version in bester Tradition zu Peter, Paul and Mary oder Joan Baez. Auch die Schauspielerkollegen Stark Sands und Filmehefrau Carey Mulligan geben in diesem Song überzeugend ihren Gesang zum Besten. Mulligans Ehemann im echten Leben ist ebenfalls am Soundtrack beteiligt. Dieser ist niemand geringeres als Mumford & Sons Frontmann Marcus Mumford. Er ist nicht der einzige mit Folk- beziehungsweise Country-Erfahrung auf dem Soundtrack. So holte Burnett unter anderem die Punch Brothers mit an Bord.
Die meisten Lieder der CD werden von Hauptdarsteller Isaac gesungen. Er überzeugt auf ganzer Linie - sei es solo oder in mehrstimmigen Arrangements. Dies beweist er ab dem ersten Song der Platte: "Hange Me, Oh Hang Me". Eine Stimme und eine Akustikgitarre - mehr braucht ein guter Folksong nicht. Gefühlvoll und mit eigenem Sound setzt Isaac seine Stimme bei diesem Folkklassiker ein, zu dessen erfolgreichsten Interpreten Dave van Ronk zählt.
Sein Talent für den mehrstimmigen Gesang zeigt er im nächsten Klassiker "Fare Thee Well (Dink's Song)", den er gemeinsam mit Marcus Mumford interpretiert. Dessen Handschrift im Arrangement ist unverkennbar. Der harmonierende zweistimmige Gesang mit Begleitung von Gitarre, Mandoline und Fiddle der Punch Brothers erinnert unweigerlich an den Sound seiner eigenen Band. Fast schon ungewohnt langsam für die Punch Brothers, sind auch der Tom Paxton Klassiker von 1964 "The Last Thing On My Mind" und Ewan MacColls "The Shoals of Herring" (1960). Doch Frontmann und Mandolinenspieler Chris Thile und seine Band sind einfach wahrhafter Könner an ihren Instrumenten und setzten so ihre Gastsänger Sands beziehungsweise Isaac gekonnt in Szene.
Ein weiterer Gastmusiker auf dem Soundtrack ist Buddy Miller an der Gitarre bei "Dear Mr. Kennedy", das mit seiner Leichtigkeit und schnellem Gitarrenrhythmus aus den klassischen ruhigen Folknummern heraussticht. Für weitere Abwechslung zwischen den Folksongs sorgt auch das traditionelle Bluegrass Stück "The Roving Gambler". Folk besitzt bekanntermaßen auch tiefe Wurzeln in der irischen Folklore. Darin erinnert der Soundtrack mit "The Auld Triangle". In dem A-cappella-Stück präsentieren sich die Stimmen der Punch Brothers, Marcus Mumfords und Justin Timberlakes in perfektem Einklang.
Auf einem Soundtrack der eine einzige Liebeserklärung an die Folkmusik ist, darf natürlich auch nicht der Großmeister des Genres fehlen - Bob Dylan steuert eine bisher unveröffentlichte Studioversion seines 1963 geschriebenen Songs "Farewell" bei. Den Abschluss der CD bildet eine Aufnahme von "Green, Green Rocky Road" vom im Jahr 2002 verstorbenen Dave van Ronk. Dessen rauchige Stimme ist für Isaac einfach unerreichbar. Das muss sie aber auch nicht. Der Film ist eben kein Biopic, sonder ein einfühlsames Portrait über die Musik, das sich an Szenen aus van Ronks Leben bedient.
Fazit: Eine Hommage an die Grundfeste der Folkmusik. Die Cohen Geschwister und T Bone Burnett haben mit Film und Soundtrack "Inside Llewyn Davis" ein wunderbares Portrait der Anfänge der Folkwelle geschaffen und sich dafür die Prinzen und den König des Genres mit in die Straßen von Greenwich Village geholt.
Label: Nonesuch (Warner) | VÖ: 8. November 2013 |
Titelliste
01 | Hang Me, Oh Hang Me (Oscar Isaac) | 08 | The Roving Gambler (The Down Hill Strugglers mit John Cohen) |
02 | Fare Thee Well (Dink's Song) (Oscar Isaac & Marcus Mumford) | 09 | The Shoals of Herring (Oscar Isaac mit den Punch Brothers) |
03 | The Last Thing on My Mind (Stark Sands mit den Punch Brothers) | 10 | The Auld Triangle (Chris Thile, Chris Eldridge, Marcus Mumford, Justin Timberlake & Gabe Witcher) |
04 | Five Hundred Miles (Justin Timberlake, Carey Mulligan & Stark Sands) | 11 | The Storms Are on the Ocean (Nancy Blake) |
05 | Please Mr. Kennedy (Justin Timberlake, Oscar Isaac & Adam Driver) | 12 | Fare Thee Well (Dink's Song) (Oscar Isaac) |
06 | Green, Green Rocky Road (Oscar Isaac) | 13 | Farewell (Bob Dylan) |
07 | The Death of Queen Jane (Oscar Isaac) | 14 | Green, Green Rocky Road (Dave Van Ronk) |