Allison Moorer - Down to Believing

CD Cover: Allison Moorer - Down to Believing

Allison Moorer ist die jüngere Schwester von Shelby Lynne. Das sagt schon einiges über die 1972 in Monroeville, Alabama, geborene Singer/Songwriterin aus. Zum Beispiel: dass sie schon als Kleinkind mit George Jones, Tammy Wynette, Willie Nelson, Johnny Cash und Co. sozialisiert wurde. Aber auch: dass sie als 14-jährige die Bluttat ihres Vaters (er erschoss seine Frau, anschließend sich selbst) mit ansehen musste. So etwas prägt einen Menschen mehr als ein Leben lang. Und das hört man auch ihrer Musik an - stromlinienförmigem Mainstream-Country verweigert sich die Sängerin konsequent.

Dennoch war sie Ende der 90er Jahre schwer angesagt. Ihr Beitrag zu dem Robert-Redform-Film "Der Pferdeflüsterer" ("A Soft Place To Fall") machte sie schlagartig bekannt, 1999 trat sie sogar bei der Oscar®-Verleihung auf, bei dem Film "The Rookie" war sie wieder mit an Bord. Die letzten Alben der Ex-Frau von Steve Earle landeten zwar in den Top 20 der amerikanischen Hot 200-Charts - nicht aber in den Country-Listen. Vielleicht ja "Down to Believing"?

Na ja...der Opener "Like It Used to Be" drängt sich mit lupenreinem, rasanten Rock nicht gerade auf. Aber: ein starker Song, das allemal. Nach dem tempogeladenen Auftakt präsentiert die spröde Sängerin die anfangs ruhige, später fulminant ausgestatteten Ballade "Thunderstorm Hurricane" - ein Song, der angeblich im Fieberwahn entstanden sein soll. Auch wenn es sich dabei nur um ein Gerücht handeln sollte, bringen Text, Harmonien und vor allem der leidenschaftliche Vortrag von Allison Moorer das Blut des Hörers ganz schön in Wallung.

Nach dem rockigen, nicht sonderlich originellen "I Lost My Crystal Ball" spielt sie bei dem Titeltrack alle ihre Qualitäten und Talente aus: eine, im langsamen 6/8-Takt angesiedelte Country-Ballade. Ein Glanzstück der CD. Ruhig, intensiv, tiefschürfend, grandios gesungen, überraschende Harmoniewendungen und dazu erstklassige instrumentale Beiträge. Mehr davon und die Country-Charts wären problemlos wieder im Visier. Doch schon mit dem anschließenden "Tear Me Apart" zieht es die grandios aufsingende Künstlerin wieder in stramme Rock-Gefilde.

Wer sich die Biografie der heute 42-jährigen bewusst macht, versteht, dass sie gerade für Balladen und tiefer gehende Songs eine rare Begabung mitbringt. Ihre Gefühle sind echt, die Tränen, die sie vergießt, nicht aus Plastik. Deshalb hängt man auch an ihren Lippen, wenn sie wie bei dem gefühlvollen Klavierstück "If I Were Stronger" sich selbst geißelt oder bei dem optimistischen "Wish I" von einer - wenn nicht heilen - so doch von einer heileren Welt singt.

Dass das Leben von Allison Moorer nicht geradlinig und problemlos verläuft, besingt sie beispielsweise in dem vielsagenden, verwirrenden "Mama Let The Wolf In". In dem recht rabiaten, recht wölfisch aggressiven Song thematisiert sie den Autismus ihres Sohns John Henry (Vater ist Steve Earle). Selten war blanke Wut und Verzweiflung schöner in Töne und Texte verpackt, als hier. Songs wie das euphorische "I'm Doing Fine" und die bombastische Pop-Hymne "Back of My Mind" sorgen für ein Wechselbad der Gefühle. Die brave Cover-Version des CCR-Klassikers "Have You Ever Seen The Rain?" fällt indes etwas aus dem künstlerischen Rahmen.

Fazit: Von den Country-Roots hat sie sich verabschiedet – nicht aber von erstklassiger Musik: Das Album präsentiert tiefgehende Songs, exzellente Arrangements und phantastische Vocals. War sie schon mal besser?

Label: Entertainment One / Proper (H'Art) VÖ: 15. März 2015

  • Titelliste

01 Like It Used to Be 08 Blood
02 Thunderstorm/Hurricane 09 Mama Let the Wolf In
03 I Lost My Crystal Ball 10 I'm Doing Fine
04 Down to Believing 11 Back of My Mind
05 Tear Me Apart 12 Have You Ever Seen the Rain?
06 If I Were Stronger 13 Gonna Get It Wrong
07 Wish I    

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