Und hart und herzlich geht es auch musikalisch bei "Drinks After Work" zu. Schon der Opener legt die Messlatte hoch: "Shut Up And Hold On" ist ein starker Midtempo-Country-Rocker, mit scharfen Gitarren-Riffs und einem wuchtigen Beat. Klarer Fall: macht Laune. Einen harmonischen Endorphin-Ausstoß schickt auch der nachfolgende Titeltrack hinterher. Die Melodie geht sofort ins Ohr und macht Lust auf eine Autofahrt nach Nirgendwo. Oder eben, dem Titel entsprechend, sich ein kleines Bierchen in einer Kneipe zu genehmigen.
Etwas ruhiger und vor allem ernster geht es weiter mit "Before We Knew They Were Good". In diesem Song entführt Toby Keith einen in die Tage seiner wilden Jugend, als 17-jährig alles aufregend und neu und einfach unfassbar und großartig war. Man braucht schon eine gehörige Portion Lebens- und Liebeserfahrung, um so eine starke, schöne und todtraurige Ballade wie "The Other Side of Him" zu singen. Da merkt man dann auch, dass Keith keine 17 mehr ist sondern ein gestandenes, extrem selbstbewusstes aber auch verletzbares Mannsbild. Die Exfreundin an der Seite eines neuen Mannes zu sehen, ist aber auch kein Pappenstiel - und der Song das emotionale Highlight des 17. Toby-Keith-Albums.
Doch die Tränen trocknen schnell. Das ganz in den Country- und Bluegrass-Roots geerdete "Last Living Cowboy" ist dabei mit schwungvollen Rhythmen und Old-Time-Melodien behilflich. Der Titel belegt überdies, was der Mann aus den Südstaaten als Interpret drauf hat. Zumal er sich mit dem Text garantiert zu Hundert Prozent identifizieren kann.
Dieses hohe Level halten natürlich nicht alle Titel. "Show Me What You’re Working With" ist beispielsweise ein solider, stampfend-wuchtiger Country-Blues - aber in seiner Machart einfach auch zu simpel, um länger im Gedächtnis zu bleiben. Mehr Eindruck macht da schon das - ebenfalls im Blues-Idiom angelegte - reduzierte und dadurch auch etwas kernigere "Whole Lot More Than That". Dass Mr. Cool des Country immer dann am besten ist, wenn er sich von seiner rustikalen, klangtechnisch ungeschminkten Seite zeigt, belegt "I'll Probably Be Out Fishin'". Den Track schrieb er gemeinsam mit Scotty Emerick, Fiddle, Pedal Steel und eine gemütliche Orgel sorgen für traditionelles Country-Feeling. Ein top Song!
Der Schlussakkord fällt dann aber doch noch etwas nachdenklich, fast schon melancholisch aus. In "Hard Way to Make An Easy Living", gemeinsam mit Bobby Pinson geschrieben, zeigt er seine verletzliche Seite, natürlich ohne dabei weinselig zu klingen.
Fazit: "Drinks After Work" ist ein Album, das für absolut jede Situation und Lebenslage das passende Lied parat hält und sich keinesfalls hinter seinen 16 Vorgängern verstecken muss. Also: Prost Toby Keith! Mit dir gehen wir gerne auf einen Drink nach der Arbeit.