Am Konzept hat sich gegenüber dem ersten Album kaum etwas verändert: Die Geschichte einer fiktiven amerikanischen Familie wird weiter vorangetrieben, die aktuelle Episode spielt zwischen 1860 und 1910. Um für größtmögliche Authentizität zu sorgen, greift Radical Face ausschließlich auf zur damaligen Zeit verfügbare Instrumente zurück. Bei "The Branches" gesellen sich daher zu der bereits vertrauten Instrumentierung aus Klavier, Akustik-Gitarre, Floor-Tom und Akkordeon des Vorgängeralbums weitere Percussion-Effekte dazu. Herausgekommen ist ein Folk-Album, das zwölf Titel umfasst und klar die Handschrift von Radical Face trägt. So begegnet der Hörer den für den Geschichtenerzähler mit der samtweichen Stimme typischen Hintergrundgesänge der Refrains, die, unterlegt mit simplen Pianoeinlagen, für eine unaufgeregte Dramatik sorgen.
Der kurze Opener "Gray Skies", der von einer der schon fast omnipräsenten hauchenden Stimmen dominiert wird, geht denn auch nahtlos in "Holy Branches" über – einem Song mit einem mitreißenden Chorus, der ins Ohr geht. Auch bei dem anschließenden "The Mute" liefert Radical Faces Gesang zusammen mit einem Gitarrensolo das Klangbett, das im weiteren Verlauf des Songs noch eine Steigerung erfährt.
Wie in dem Vorgängeralbum, steht dabei jedes Instrument für ein Mitglied des Familienclans. Statt Ereignisse einfach hintereinander zu reihen, erzählt Radical Face diese in seinen Songs aus wechselnden Perspektiven. So kann beziehungsweise muss sich der Zuhörer die einzelnen Puzzlestücke selbst zu einer Gesamtgeschichte zusammenbasteln. Die Gefühlspalette, die Radical Face auf seinem 45-minütigen Werk aufzeigt, reicht dabei von nostalgisch ("Reminders") bis beschwingt ("Letters Home"). Auch an ein wenig Pathos lässt es der Songwriter nicht fehlen ("The Gilded Hand"). Dabei hinterlässt die melancholische Grundstimmung des Albums niemals einen deprimierenden Eindruck, weswegen auch das von Sehnsucht handelnde "From The Mouth of An Injured Head" bisweilen fröhlich wirkt. Ausklingen lässt Radical Face den zweiten Teil seiner Familiensaga mit dem sehnsüchtigen, reduzierten "We All Go The Same" – Schmerz und Hoffnung finden in diesem Song ihren finalen Höhepunkt.
Fazit: Ein stimmungsvolles Folk-Werk, das den Hörer von Anfang an mitnimmt. Eine gelungene Fortsetzung der Familiensaga, die Lust auf die finale Ausgabe der Trilogie macht.
Label: Nettwerk (Soulfood) | VÖ: 1. November 2013 |
Titelliste
01 | Gray Skies | 07 | Chains |
02 | Holy Branches | 08 | Letters Home |
03 | The Mute | 09 | From the Mouth of an Injured Head |
04 | Reminders | 10 | Southern Snow |
05 | Summer Skeletons | 11 | The Gilded Hand |
06 | The Crooked Kind | 12 | We All Go The Same |