Wirft man einen Blick auf die Copyrights der Songs, stellt sich heraus, dass fünf der zwölf Nummern sogar aus dem Jahr 2012 stammen sollen?! Wie dem auch sein, die Fotos im Beiheft passen auf jeden Fall nicht zum derzeitigen Hit, weil sie den Sänger alles andere als positiv oder gar euphorisch zeigen. So guckt der Superstar nachdenklich durch das Fenster in den Regen oder sitzt allein auf einem Ledersessel im Dunklen. Eine Szenerie, die also eher zum Titel der CD passt. Die Texte der Songs sucht man im Booklett leider vergeblich.
Fakt ist aber, dass die CD trotzdem Liedgut mitbringt, das den Konsumenten in gute Laune versetzen kann. Allerdings setzt McGraw weiterhin auf kontrollierte - sprich erwachsenere - Emotionsausbrüche. Der Mann ist ja auch keine 25 mehr und die unbekümmerten Zeiten von "I Like It, I Love It" sind längst vorbei. So ist der von den versierten Songschreibern Brett Warren, Brad Warren, Brett Beavers und Jim Beavers entworfene Ohrwurm "Felt Good On My Lips" mit seinem feinen sing-along-Chorus schon eine der fröhlichsten Nummern des Albums. Ein typischer McGraw-Hit eben.
"One Part, Two Part" kommt sogar noch eine Spur locker-flockiger daher, was wohl auch daran liegt, dass McGraw bei der Nummer, die ursprünglich schon aus dem Jahr 1969 stammt, von seiner Gattin Faith Hill die gewohnt versierte, stimmliche Unterstützung erhält. Das soulig-poppige Ergebnis ist ein heißer Kandidat für einen potentiellen Sommerhit 2012. Qualitäten für die Tanzfläche bringt auch "Hey Now" mit. Obwohl es sich bei dem Track weniger um klassische Country Music handelt, sondern eher um einen funky angehauchten R&B-Song - nur eben mit echten Instrumenten ausgestattet.
Mit anderen Genres flirtet der Platin-Millionär aus Lousiana immer wieder gern. Nach dem gewöhnungsbedürftigen Chartbreaker "Over And Over" mit Nelly hat sich Tim McGraw diesmal R&B-Experten Ne-Yo ins Studio bestellt. Das Resultat aber um einiges leichter zugänglich ausgefallen. So erinnert das unaufgeregte "Only Human" eher an "She Goes All The Way" - der Zusammenarbeit der Rascal Flatts mit Jamie Foxx. Nett, aber sicher kein Volltreffer, weil zu altbacken im 80er Jahre Stil.
"Better Than I Used to Be" dürfte Countryfans schon durch die 2010er Version von Sammy Kershaw, aus dem gleichnamigen Album, bekannt sein. Auch McGraw macht bei der klassischer angelegten Ballade aus der Feder von Bryan Simpson und Ashley Gorley nichts falsch. Was keine große Überraschung ist, denn er ist beim Interpretieren von Fremdsongs seit etlichen Jahren eine Klasse für sich. Trotzdem hat er sich nicht lumpen lassen und ergattert bei "I Will Not Fall Down" sogar einen einzigen Co-Songwriter-Credit. Dazu waren die Brüder Brett und Brad Warren sowie Martina McBride an der Entstehung des Country-Rockers beteiligt.
Schon fast zur McGraw-Gewohnheit haben sich Stücke mit "Jesus" im Titel entwickelt. Nach "I'm Only Jesus" oder "Drugs or Jesus" gibt es 2012 nun den "Touchdown Jesus". Ist aber klar, dass es dabei nicht um Football geht, oder? Aus der bewährten Songschmiede von Rhett Akins, Dallas Davidson und Ben Hayslip kommt diesmal keine Ballade, sondern ein groß inszenierter Stadion-Beschaller, der gut rockt, aber unter dem Strich nichts wirklich neues bietet.
Fazit: Ein paar starke Tracks sowie leichte Flirts mit anderen Genres werden der Popularität von Tim McGraw sicher nicht schaden. Trotzdem ist es nicht, wie der Aufkleber auf der Hülle verspricht, sein bestes Album.
Label: Curb (Warner) | VÖ: 30. März 2012 |
Titelliste
01 | Halo | 07 | Touchdown Jesus |
02 | Right Back Atcha Babe | 08 | The One That Got Away |
03 | One Part, Two Part | 09 | Felt Good On My Lips |
04 | I Will Not Fall Down | 10 | Hey Now |
05 | The One | 11 | Only Human (mit Ne-Yo) |
06 | Better Than I Used to Be | 12 | Die By My Own Hand |