Das Album gibt einen prima Überblick über das Schaffen Tim McGraws der letzten zwölf Jahre. So ist das Booklet schön übersichtlich gestaltet, auf einen Blick sieht man von welchem der letzten fünf Alben die Tracks stammen: "Not A Moment Too Soon" (1994), "Everywhere" von der gleichnamigen CD (1997), "The Cowboy In Me" und "Grown Men Don't Cry", zwei ruhige Titel von dem eher rock-orientierten, 2001 erschienenen Album "Set The Circus Down". Gleich vier Songs stammen, verdientermaßen muss man sagen, von der selbst betitelten 2002 erschienenen CD - sein erstes Album, das er gemeinsam mit seiner Tourband "The Dancehall Doctors" einspielte. Und ein Highlight seiner Karriere dazu. Das macht auch dieses homogen klingende, beseelt eingespielte Song-Quartett deutlich. Ob das lockere "Real Good Man", das hymnische "She's My Kind Of Rain", das sehnsüchtige "Watch The Wind Blow By" und die berührende Geschichte einer jungen Liebe und einer Abtreibung "Red Raptop" jetzt die besten Songs der CD sind, bleibt dahin gestellt, erstklassig sind sie allemal.
Zwei Songs stammen aus seinem letzten, wieder mit seiner Tourband eingespielten CD "Live Like You Were Dying": der pathetische Titelsong und das ebenfalls von Craig Wiseman geschriebene und kaum weniger emotionale "My Old Friend".
Tim McGraws Bestandsaufnahme der letzten Jahre hält natürlich auch seine zwei erfolgreichen Gastauftritte bereit: Das überraschende Duett mit HipHop-Diva Nelly "Over and Over" und seine ganz und gar nicht überraschende Einlage für Gattin Faith Hill bei "Like We Never Loved At All". Diese zwei Titel bilden, um es gnädig zu formulieren, nicht gerade die Höhepunkte dieser Compilation. Tim McGraw solo hat einfach mehr Würze und Charme, als das schon recht sülzige Liebesgesäusel mit seiner Liebsten. Und der Song mit der HipHop-Lady mag zwar eine nette Melodie haben, ist aber von Country genauso weit entfernt, wie Willie Nelson von einer Karriere als Dressman für einen H&M-Modeprospekt.
Aber auch bei den vier neuen Songs spielt Country nicht unbedingt die erste Fiddle. Es fällt auf, dass der drahtige Sänger, den man nie ohne Stetson auf dem Kopf sieht, die Genre-Zügel locker lässt. So muss man sich auch nicht wundern, dass er mit "When The Stars Go Blue" einen Song aus der Feder von Folk-Hippie Ryan Adams aufnimmt. Aber: keine schlechte Wahl. Der Titel verströmt eine spröde Melancholie, und Byron Gallimore, Darran Smith und McGraw selbst produzierten den in ein Lied gegossenen Weltschmerz angenehm unaufdringlich.
In die Folk-Ecke zielt auch "Beautiful People", den sich der der Country-Superstar wieder mal von seinem Haus- und Hof-Schreiber Craig Wiseman entlieh. Mit "My Little Girl" (aus dem Film "Flicka") und dem Bonus-Track "I've Got Friends That Do" huldigt Tim McGraw nach der Coverversion von "Tiny Dancer" ein weiteres Mal einem seiner eigenen Idole - Elton John. Klavier-Stakkato, federnde Rhythmen, butterweiche Melodien ... so poppig kann Country sein.
Fazit: Bei seiner zweiten Best-Of-Sammlung präsentiert Tim McGraw zwölf bekannte, hauptsächlich balladeske, ruhige Songs seiner letzten fünf Alben, plus vier neue Titel.
Label: Curb (Warner) | VÖ: 19. Mai 2006 |
Titelliste
Links
01 | Live Like You Were Dying | 09 | Not A Moment Too Soon |
02 | My Old Friend | 10 | Watch The Wind Blow By |
03 | Like We Never Loved At All | 11 | Over & Over (mit Nelly) |
04 | Cowboy In Me | 12 | Everywhere |
05 | When The Stars Go Blue | 13 | Beautiful People |
06 | Real Good Man | 14 | Red Ragtop |
07 | She's My Kind Of Rain | 15 | My Little Girl |
08 | Grown Men Don't Cry | 16 | I've Got Friends That Do |
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