Mit den doch recht radiotauglichen Country-Sounds aus den Anfangstagen seiner Karriere hat das Ergebnis kaum noch etwas zu tun. Eric Church im Jahr 2014 ist gern laut, dreckig und fetzig, aber dazu auch überraschend und ungewöhnlich. So bietet "The Outsiders" nicht nur eine Auswahl an handfesten Rocksongs, sondern zeigt Church, der seinen eigenen Stil sehr vielseitig auslebt.
Der titelgebende Track ist allerdings gleich zu Beginn das härteste, was in den vergangenen Jahren als Single in Nashville erschienen ist. Oder anders gesagt - mit Country hat diese Nummer eigentlich nichts mehr am Hut. Church wolle Dinge tun, die er nie zuvor getan habe, erklärte der Sänger im Vorfeld der Veröffentlichung - so gesehen ist dieses teils arg wilde und sperrige Geschoß sicherlich gelungen.
Direkt nach dem Ausklang zeigt sich Church schon von einer ganz anderen Seite. So gibt es mit dem leisen "A Man Who Was Gonna Die Young" einen Song, bei dem der Songschreiber traurig und introvertiert daher kommt. Etwas später ist festzustellen, dass Church seine Vergangenheit doch nicht komplett in den Sand getreten hat. So ist "Talladega" plötzlich doch viel eingängiger als andere Songs der CD. Doch auch hier gibt es Ecken und Kanten - so endet der melodische Midtempo-Song mit einem ausgiebigen Gitarrensolo - so was hätte sich Church bei seinem ersten Album noch nicht getraut.
Alles andere als an der Tagesordnung ist sicher auch der Einsatz einer Trombone. Die große Trompete gibt es unter anderem in dem schräg stampfenden "Cold One" zu hören. Freunde fetziger Beschallung werden den Lautstärkeregler ihrer Anlage bei "That's Damn Rock'n'Roll” weit aufdrehen. Doch auch dieser Track ist wieder alles andere als gewöhnlich. Church erzählt, singt und rappt darin. Nicht nur musikalisch hält sich die Nummer nicht an die gewohnten Regeln des gepflegten Country : "It ain't a Middle Finger on a T-Shirt, the Establishments tryin' to sell, It's a Guy with the Balls who told the Establishment to go to Hell” klärt Church die Hörer über seine Vision einer Revolution auf.
Definitiv unterschiedliche Meinungen wird das acht Minuten lange "Devil, Devil (Prelude: Prince of Darkness)” auslösen. Zu Beginn führt Church dreieinhalb Minuten lang mit einem Monolog ein, bei dem er über Nashville und das Musik-Business motzt, und die Music City unter anderem als Gefängnis für einen freien Mann oder einen glitzernden Teufel bezeichnet. Ist Church bei seinem einleitenden Selbstgespräch noch von seltsamen sphärischen Soundwelten umgeben, beginnt danach der knackigste Rockteil der ganzen Platte. Groove und messerscharfe Gitarrenriffs satt. Schade, dass das Songfinale etwas im schrägen Lärm untergeht - aber das passt ja irgendwie zu Church.
Mit "Give Me Back My Hometown" ist kurz vor dem Ende der CD doch noch eine neue Hymne an die Heimat dabei, die ein wenig an die frühere Qualitäten von U2 erinnert. Das Finale vermasselt Church danach gewaltig, denn das verstörende "The Joint" ist einfach nur ein Totalausfall.
Fazit: Wer Lust auf Experimente hat und vor teils viel Lautstärke nicht zurückschreckt, bekommt mit der erneut mutigen Produktion von Jay Joyce viel geboten. Church ist weiterhin die Speerspitze des Outlaw-Country und hoch motiviert, die Grenzen des Genres neu zu definieren. Das ist ihm mit "The Outsiders" gelungen.
Label: EMI Nashville (Universal) | VÖ: 21. Februar 2014 |
01 | The Outsiders |
02 | A Man Who Was Gonna Die Young |
03 | Cold One |
04 | Roller Coaster Ride |
05 | Talladega |
06 | Broke Record |
07 | Like A Wrecking Ball |
08 | That's Damn Rock & Roll |
09 | Dark Side |
10 | Devil, Devil (Prelude: Princess Of Darkness) |
11 | Give Me Back My Hometown |
12 | The Joint |