Anfang des Jahres hat Eric Church eine weitere Auszeichnung für sein nun schon fast drei Jahre altes Album Mr. Misunderstood erhalten. Das Werk des Outlaw-Häuptlings wurde von der Recording Industry Association of America mit Platin ausgezeichnet. Ein durch allgemein zurückgehende Verkaufszahlen längst nicht mehr gewöhnlicher Vorgang, der seinem bislang besten Album, das zuvor 2016 als CMA-Album des Jahres ausgezeichnet wurde, aber völlig zu Recht widerfahren ist.
Neue Songs auf "Desperate Man" von kreativ bis abenteuerlich
Schon der Auftakt der neuen Platte ist alles andere als gewöhnlich. Über eine Minute lang biegt der Songwriter bei "The Snake" leise und scheinbar unruhig seinen Gitarrensaiten herum, so dass man zunächst den Eindruck bekommt, dass vielleicht ein Stecker der heimischen Anlage nicht richtig eingesteckt ist. Dann fungiert er im Wechsel als Erzähler und als Sänger. Die Allegorie über das das Zwei-Parteien-System und den Gefahren des Missbrauchs politischer Macht in den USA deutet schon an, dass der Sänger auf dem Album keinen Bogen um politischen Themen macht. Deutlich in der Aussage und interessant, wenn auch bei den ersten Durchläufen gewöhnungsbedürftig anzuhören.
Eric Church ist sehr kreativ in seiner ganz eigenen Musik unterwegs. Titel No.2 "Hanging Around" ist ein nervös-zuckendes Funk-Etwas. Tanzbar wohl nur unter Drogeneinfluss, dafür aber mit einem besonderen Groove. Kann man mögen, muss man aber nicht. "Heart Like a Wheel" ist wiederum völlig anders als die beiden ersten Tracks. Hier deutet er seine Liebe für bluesige Klänge an, Old-School-Orgelsound und ein Gospel-ähnlicher Frauengesang im Hintergrund inklusive. Schon nach den ersten drei Titeln ist also klar, dass der Superstar auch 2018 nur macht, was er will.
Der erste Song, der dem Hörer einen leichteren Einstieg ermöglicht, ist dann "Some Of It". Ein Titel, der nicht zuletzt wegen seines eingängigen Refrains ins Radio schaffen wird. Der erste echte Hit ist später der Titeltrack. Die Boogie-Rock-Nummer "Desperate Man" führt soundtechnisch nicht nur wegen des vom Stones-Klassiker "Sympathy for the Devil" entliehenen Barroom-Pianos in vergangene Zeiten. Auf jeden Fall sorgt die Nummer, die Church zusammen mit Outlaw-Songwriter Ray Wylie Hubbard geschrieben hat, für gute Laune. Und das obwohl der Track aus der Perspektive von Menschen geschrieben ist, die in ihrem Alltag schwere Lasten tragen müssen.
Songs mit bitterem Hintergrund
Ein Großteil der Songs entstand nach dem Amoklauf beim Festival in Las Vegas, bei dem Eric Church nur wenige Tage vor dem Anschlag ebenfalls aufgetreten war. So ist der Tenor der Platte eher wenig positiv. Das trifft ebenso auf "Drowning Man" zu. Der Protagonist in dem Song will seinen Ärger über die seiner Meinung nach schlechte Welt einfach mit sein paar prozentstarken Drinks wegspülen und nicht hören, welche schönen Seiten es gibt. Ein Song, bei dem man förmlich darauf wartet, dass die Unzufriedenheit in laute Wut eskaliert. Obwohl das lediglich in Form eines trotzigen Gitarrensolos geschieht, einer der interessantesten Songs der Platte.
Material für die nächste Arena-Tour hat Eric Church übrigens ebenfalls an Bord. Dabei kracht es aber nur selten so laut wie auf dem 2014 erschienenen Album "The Outsiders". Dennoch wird das im ruhig im klassischen Geschichtenerzähler-Country vorgetragene "Hippie Radio" ganz sicher für Gänsehaut-Momente sorgen.
Fazit: Eric Church hat es wieder getan. Die musikalische Gangart seines neuen Albums "Desperate Man" ist wieder eine andere als zuvor. Country-Radio-freundliches Material ist ebenso dabei wie Songs, die mehrere Durchläufe benötigen, um ihre ganz eigene Magie zu entfalten.
Label: EMI Nashville (Universal) | VÖ: 5. Oktober 2018 |
01 | The Snake |
02 | Hangin' Around |
03 | Heart Like a Wheel |
04 | Some of It |
05 | Monsters |
06 | Hippie Radio |
07 | Higher Wire |
08 | Desperate Man |
09 | Solid |
10 | Jukebox and a Bar |
11 | Drowning Man |