Carrie Underwood - Sängerin, Songschreiberin und noch viel mehr
Man fragt sich, woher die Mutter und Ehefrau die Zeit für das alles nimmt. Gutes Time-Management vermutlich. Und wohl auch: jede Menge Energie. Eine Ahnung von ihrem Drive bekommt man auch beim Hören von "Denim & Rhinestones”, ihrem neuen Album. Für die Produktion waren - erneut - David Garcia und Carrie Underwood zuständig. Beide waren auch bei fast allen zwölf Tracks beteiligt – unter Zuhilfenahme weiterer prominenter Nashville-Songwriter, wie Hillary Lindsay, Michael Hardy und Ashley Gorley.
Carrie Underwood hat im Vorfeld verraten, wohin die Reise bei "Denim & Rhinestones” gehen wird. Destination "Fun". Spaß haben, sich austoben, sich versuchen, Neues probieren, ihre Roots pflegen und sich vielleicht mittendrin selbst nicht so fürchterlich ernst nehmen. "Wir decken auf diesem Album mehrere musikalische Terrains ab", hat sie gesagt. Da sie selbst mit vielen verschiedenen musikalischen Einflüssen aufgewachsen sei, spiegle die CD sie als Mensch und Künstlerin sehr genau wider. Kurz gesagt: "Denim & Rhinestones” ist ein höchst persönliches Album.
Stimmt. Ist es auch. Und zu ihrer Persönlichkeit gehört auch ein so geschliffen polierter Sound, dass man beim Hören fast eine Sonnenbrille braucht. Es blendet einen richtiggehend, wenn sie mit dem Titelsong - geschrieben von Team Underwood/Garcia plus Josh Kear und Hillary Lindsey - in die zwölf-Song-Sammlung von "Denim & Rhinestones" einsteigt. Ähnlich wie einst Phil Spector im Beat-Zeitalter errichten auch die zwei Produzenten einen "Wall of Sound". Ein druckvolles Klanggebilde, wuchtig, stark, eindrucksvoll und wie geschaffen für große Lautstärke. In dem Track erzählt Carrie Underwood über das Lebensgefühl "Country". Natürlich bedient sie dabei die üblichen Klischees, wie "Bottle of Jack", die Mutter werkelt in der Küche, Dolly Parton singt dazu, das Partieleben und dass - erstaunlich, erstaunlich - in einer Spelunke offenbar immer noch eine Jukebox steht. Sie singt das aber mit so viel Feuer und Freude, dass man gewillt ist, ihr einfach alles abzukaufen. Kurz: starker Einstieg.
"Denim & Rhinestones" - ein Sound, bei dem man beim Hören eine Sonnenbrille braucht
Und es geht klasse weiter: "Velvet Hearbreak" ist ein ziemlich traditioneller Country-Rocker, "Ghost Story" überzeugt als wehmütige Power-Ballade, die sie - mal zerbrechlich, mal kraftvoll - singt und "Hate My Heart" (was für ein Titel) zeigt Carrie Underwood so knallhart rockend, wie man sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr gehört hat. Ach was! Man hat die für ihr Glimmer-Image immer wieder angefeindete neue Country-Queen noch nie so rabiat gehört. Ein exzellenter Song, der - neben der Vocal-Power von Underwood - von einem großartigen Gitarren-Riff und -Solo geprägt ist. Volle Punktzahl! Für "Burn" schaltet sie einen Gang herunter - in Punkto Wucht und Geschwindigkeit, nicht aber in Sachen Qualität. Ganz und gar nicht. Der balladesk angelegte Song (Co-Writer sind Ashley Gorley und Hillary Lindsey) ist ein Liebesbekenntnis an die Heimat: ein Lebensgefühl, wofür Carrie Underwood sehr glaubwürdig brennt.
Auf hohem Niveau geht es weiter: "Crazy Angels" gefällt als druckvoller Country-Pop-Song mit hübscher Melodie, "Pink Champagne" ist in Noten und Rhythmen gegossene Ausgelassenheit und bei "Poor Everybody" erinnert sie mit feenhafter Mystik an Stevie Nicks. Zu den weiteren Glanztaten der CD gehören der stadiontaugliche - ja, doch! - Hard-Rock von "She Don't Know", der ruhige, verträumte Love-Song "Faster" und das sehr Folk-orientierte, erd- und heimatverbundene "Garden" als Schlusspunkt der CD.
Fazit: Carrie Underwood hat im Vorfeld nicht zu viel versprochen: "Denim & Rhinestones" deckt eine ganze Reihe von Stil- und Sound-Richtungen ab. Und sie überzeugt in jeder einzelnen. Man darf sagen, sie ist auf dem Höhepunkt ihres Könnens.
Label: Capitol Nashville (Universal) | VÖ: 10. Juni 2022 |
01 | Denim & Rhinestones |
02 | Velvet Heartbreak |
03 | Ghost Story |
04 | Hate My Heart |
05 | Burn |
06 | Crazy Angels |
07 | Faster |
08 | Pink Champagne |
09 | Wanted Woman |
10 | Poor Everybody Else |
11 | She Don't Know |
12 | Garden |