Carrie Underwood besinnt sich auf das Wesentliche
Carrie Underwood sagt über das Album, dass es ihr dabei um die "wahre Bedeutung von Weihnachten" gehe. Und: "Auch wenn es für uns alle ein hartes Jahr war, habe ich manchmal das Gefühl, dass die größten Erkenntnisse von den schwierigsten Zeiten inspiriert sein können und uns dankbarer machen für die Dinge, die wir haben - und für das, was wirklich zählt." Wer würde ihr da widersprechen? Sie hat recht. In Krisen zählt das Wesentliche, das Elementare - und das wesentlichste Elementare von Weihnachten ist sicher nicht Geschenke-Auswickeln und Glühweinsaufen.
Zumindest nicht für Carrie Underwood. Sie lebt, soweit man das als Außenstehender beurteilen kann, ein Leben auf der Sonnenseite. Was sie anpackt, wird zum Erfolg. Und auch privat läuft es mit ihrer kleinen Familie bestens. Keine Skandale. Nur Harmonie. Diese Lebenssituation spiegelt auch "The Gift" mit elf unverwüstlichen Weihnachts-Klassikern, die sie beseelt, energiegeladen und beeindruckend stimmgewaltig neu interpretiert. Meistens inklusive großem musikalischen Besteck, wie Geigen und Chören. Für den Einstieg in das Album legt sie allerdings Leisetreter-Schuhe an: "Joyful, Joyful, We Adore Thee" lässt viel Raum und Luft, das Arrangement ist geradezu spartanisch. Neben ihrer Glockenstimme schimmern im Hintergrund nur eine Gitarre und ein filigraner Keyboard-Nebel.
Auch das nachfolgende, auf kaum einer Weihnachts-CD fehlende, "Come All Ye Faithful", geht ruhig und getragen los. Nach rund zwei Minuten sieht man die Mischpult-Regler aber vor dem inneren Auge nach oben gleiten: es wird pompös, wuchtig, pathetisch und Carrie Underwood deutet für ein paar Takte an, über welche Power die Lady verfügt. Im Verlauf der CD wird sie uns noch einige weitere Kostproben davon servieren. Zum Beispiel bei dem mit einem frommen Wunsch verknüpften Gospel "Let There Be Peace". Die souligen Harmonien haben die junge Country-Queen hörbar inspiriert, sie singt sich hier - unterstützt von einem donnernden Chor - die Seele aus dem Leib. Starker Auftritt!
Dass der "Little Drummer Boy" auch auf bei "The Gift" die Trommel rühren darf, versteht sich fast von selbst. Über den unzählige Male strapazierten Song ließe sich normalerweise nicht mehr viel sagen, wenn da nicht ein keiner Gaststar vor dem Mikrofon aufgetaucht wäre: Es ist Sohnemann Isaiah, mit standesgemäßer Piepsstimme. Ich bin mir sicher, Carrie Underwood und ihr Gatte Mike Fisher werden vor Elternstolz platzen, hören sie den Knirps mit seiner Mama im Duett singen. Ich bin mir aber auch sicher, dass der Rest der irdischen Bevölkerung hurtig auf Song Nummer fünf vorswitchen wird: Kindergesänge mögen putzig sein, aber musikalisch sind sie eine Zumutung. Das gilt auch für den Beitrag des kleinen Isaiah.
"The Gift" - 11 Songs für ein feierliches Fest
Mit dem nachfolgenden "Sweet Baby Jesus" schwelgt Mama-Carrie zwar vielleicht noch weiter in ihrem Mutterglück, doch immerhin bleiben wir von weiteren Gesangsdarbietungen ihres Nachwuchses verschont. Tja, wenn schon Duett, dann doch bitte mit jemanden, der eine Stimme zum Singen und nicht zum Piepsen hat: Mit John Legend trifft sie bei "Hallelujah" allemal die richtige Wahl. Wohltuend fast nur von einem Klavier und einem Chor belgeitet, lassen die beiden Ausnahmekünstler ihre Stimmen in luftige Höhen steigen. So einen Zweigesang würde man sich gerne in der Weihnachts-Messe wünschen, Hallelujah!
Genau wie ihre Version von "Holy Night". Ohnehin eine bewegende Melodie, entlockt Underwood den Noten eine vielleicht noch nie gehörte Dynamik. Man spürt, dass sie ergriffen ist - und den Hörer lässt das auch nicht kalt. Selbst wenn draußen die Leute noch in T-Shirts herumlaufen. Neben weiteren Christbaum-Hits wie "Have Yourself a Merry Little Christmas", "Away in a Manger" und ihrer hübschen Version von "Silent Night" präsentiert sie mit dem soulig-getragenen "Mary Did You Know" noch unverbrauchten Emotions-Stoff.
Fazit: Feierlich, besinnlich, viele Geigen und Chöre - und eine beseelt singende Carrie Underwood: Ihr erstes Weihnachts-Album "The Gift" zieht alle Register.
Label: Capitol Nashville (Universal) | VÖ: 25. September 2020 |
01 | Joyful, Joyful, We Adore Thee |
02 | O Come All Ye Faithful |
03 | Let There Be Peace |
04 | Little Drummer Boy (mit Isaiah Fisher) |
05 | Sweet Baby Jesus |
06 | Hallelujah (mit John Legend) |
07 | O Holy Night |
08 | Mary, Did You Know? |
09 | Have Yourself A Merry Little Christmas |
10 | Away in a Manger |
11 | Silent Night |