Also kein Grund, um sich so schwermütig mit Bierflasche auf dem Cover seiner "Loaded: The Best of"-CD zu zeigen. Vermutlich aber soll diese introvertierte Pose auf seine beachtlichen Fähigkeiten als romantischer Balladensänger hinweisen. Auf der Rückseite des Booklets zeigt er natürlich sein zweites Gesicht – das des herzlich lachenden Sunnyboys. Gut, er hat beide Gefühlslagen drauf. Wobei: die eine besser als die andere, wie diese mit 15 Titeln üppig bestückte CD beweist.
Das Zwischenfazit seiner 2001 in die Gänge gekommenen Karriere speist sich aus den Songs seiner mittlerweile fünf erschienenen Alben. Chronologisch sind seine Hits wie Perlen an einer Kette aneinandergereiht. Die erste funkelnde Song-Perle muss, das wissen Blake-Shelton-Fans natürlich sofort, "Austin" sein. Sein erster Nummer-Eins-Hit überzeugt als richtig schöne Ballade. Auch das bluesig-rockige "Ol' Red" stammt von seinem selbst betitelten Erstlingswerk.
Mit "The Baby" von seinem zweiten Album "The Dreamer" (2003) stellt Blake Shelton erneut sein Potential als Balladensänger aus. Und wie. Der Track beschreibt glaubwürdig und tränenreich die enge Verbindung eines Sohnes zu seiner Mutter – zu deren Tod er zu spät für eine Verabschiedung kommt (letzte Textzeile: "I softly kissed that lady and I cried just like a baby"). Harley Allen und Michael White haben den wunderschönen Song geschrieben, Blake Shelton interpretiert ihn – damals noch mit langhaariger Lockenpracht soft gestylt – mit wundervoll viel Gefühl.
So viel weichgespülte Emotionen ließ er später höchstens noch bei dem Michael Bublé-Cover "Home" zu. Ansonsten aber zeigte er sich deutlich hemdsärmeliger. Wer weiß, vielleicht hat man ihm ein Softie-Image angedichtet. Vielleicht hat er auch Hohn für seine, nennen wir sie mal "Gefühlsduselei" einstecken müssen. Jedenfalls hat er später öfter den Redneck-Hammer ausgepackt. Leider, muss man sagen. Denn das Ergebnis waren nicht immer passable Country-Rocker wie "Who Are You", das schwermütige "She Wouldn't Be Gone" und das zünftige Duett mit Rabauke-Kumpel Trace Adkins "Hillbilly Bone", sondern auch plumpe Geschmacksverirrungen wie das in 2010 erschienene "Kiss My Country Ass". Der Titel sagt eigentlich schon fast alles. Frei übersetzt singt er in etwa: "Ich bin zwar ein erzkonservatives Arschloch, aber ich bin stolz drauf und es ist mir egal was du darüber denkst." Wer Vorurteile gegenüber Country pflegt, wird über diesen Textfrohlocken. Zum Glück ist dieser Track so ziemlich der einzige Stromausfall im Kleinhirn des Glückspilzes.
Fazit: Hit-Vollbedienung in Sachen Blake Shelton. Viel Glanz – aber auch etwas Schatten. Dennoch ein CD die Hörgenuss garantiert.
Label:Reprise Nashville / Hump Head (Harmonia Mundi) | VÖ: 18. März 2011 |
Titelliste
01 | Austin | 09 | The More I Drink |
02 | Ol' Red | 10 | Home |
03 | The Baby | 11 | She Wouldn't Be Gone |
04 | Playboys of The Southwestern World | 12 | Hillbilly Bone (feat. Trace Adkins) |
05 | Some Beach | 13 | Kiss My Country Ass |
06 | Goodbye Time | 14 | All About Tonight |
07 | Nobody But Me | 15 | Who Are You When I'm Not Looking |
08 | Don't Make Me |