Bob Dylan - Modern Times

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Redaktionswertung Von der Redaktion nicht bewertet
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Ganze fünf Jahre hat sich Singer/Songwriter-Ikone Bob Dylan für sein neues Album "Modern Times" Zeit gelassen. Eine lange Zeit. Die er aber bestimmt nicht im Studio zugebracht hat, sondern - wie der Musikfreund weiß - hauptsächlich im Tourbus, in Konzerthallen und in Hotelbetten. On the road also. Aber auch klanglich merkt man schnell, dass hier einer nicht auf der Suche nach dem super-geschliffenen, perfekt-sauberen Song war - ganz im Gegenteil. Bei der von Jack Frost, wobei Jack Frost niemand anderes ist als Bob Dylan himself, produzierten CD hat man den Eindruck, dass Dylan so zum Spaß, so zwischendrin mal ein neues Album aufnahm. Gefühl und Authentizität waren dafür die Vorgaben. Und gemeinsam mit seiner prima eingespielten Tourband hat er diese auch meisterhaft erfüllt.

Wohin die Reise bei Dylans 44. Album geht, macht schon der Opener "Thunder On The Mountain" klar. Ein rabenschwarzer, reinrassiger Blues. Mit allen Zutaten, die sich ein Fan des so simplen wie magischen Zwölftakt-Schemas nur wünschen kann: Holpernder Beat, klimperndes Piano, Slide-Gitarre und - vor allem - eine Stimme, die, nun ja, eigentlich nicht so richtig zum Singen geeignet ist. Scheinbar hat sich das intensive Touren der letzten Jahre auch auf Dylans ohnehin schon eher dünnen Stimmbändern niedergeschlagen. Er krächzt wie eine heisere Nebelkrähe, schnarrt wie Weiland Waylon Jennings nach zehn durchsoffenen Nächten. Und wenn er sich dann noch in höhere Kopfstimmenregionen wagt, erinnert das an das Piepsen eines sibirischen Zwergspatzes nach einem langen, strengen Winter. Nein, mit so einer Stimme kann man eigentlich nicht singen. Dafür aber umso besser Geschichten erzählen, und genau das macht er auf dieser CD - so brillant wie vielleicht selten in seiner langen Karriere.

Mit dem zweiten Song "Spirit On The Water" deutet der Songschmied von so vielen Evergreens der Pop- und Rockgeschichte an, dass seine Zusammenarbeit mit dem Ex-Dire Straits-Gitarristen Mark Knopfler in den 90er-Jahren ihre Spuren hinterließ. Ähnlich wie bei nachfolgenden Titeln wie "When The Deal Goes Down", "Nettie Moore" und "Beyond The Horizon" erinnern die gemütlichen akustischen Klänge an Knopflers Arbeit mit Chat Atkins bei "Neck To Neck" - hochgradig relaxt, verträumt nostalgisch und voller Herzenswärme. Vom großen Zyniker Dylan ist da nichts zu hören.

Aber auch bei den anderen Songs schlägt Robert Allen Zimmerman, wie Dylan laut Geburtsurkunde heißt, ungewohnt versöhnliche Töne an. Vor allem leidenschaftlich bluesige. So brilliert er beim Klassiker "Rollin' And Tublin'" als raukehliger Robert Johnson, beim Uptempo-Blues "The Levee's Gonna Break" heizt er tüchtig ein und bei "Someday Baby" knüpft er an das reduziert hypnotische Feeling, das auch John Lee Hooker stets auszeichnete: Blues, Blues, Blues ... wenig Akkorde, wenig Abwechslung, dafür aber umso mehr Hingabe und Gefühl.

Ähnlich wie manch andere Blues-Haudegen weiß auch Dylan von der Magie der Wiederholung. Gebetsmühlenartig kaut er seine Message in den überlangen Songs zu einem würzigen Soundbrei, dem man sich auf Dauer einfach nicht entziehen kann. Irgendwann wippt der Fuß, schnippen die Finger. Ja ja, der alte Fuchs kriegt uns alle noch...

Einziger Wermutstropfen: Das mickrig ausgestattete Booklet. Nicht mal die Texte sind abgedruckt. Bei einem wie ihm, eine unverzeihliche Nachlässigkeit.

Fazit: Ein akustisches, bluesiges und oft auch sehr nostalgisches Album vom großen Märchenonkel des Folk. Keine Frage, die 65-jährige Legende hat noch einiges zu bieten.

Label: Columbia (Sony) VÖ: 25. August 2006

  • Titelliste

  • Links

Disc 1 Disc 2
01 Thunder On The Mountain 01 Blood In My Eyes
02 Spirit On The Water 02 Love Sick (Live "Grammy?" Version)
03 Rollin' and Tumblin' 03 Things Have Changed("Wonder Boys" Promo Video)
04 When The Deal Goes Down 04 Cold Irons Bound (Live Video)
05 Someday Baby
06 Workingman's Blues #2
07 Beyond The Horizon
08 Nettie Moore
09 The Levee's Gonna Break
10 Ain't Talkin'


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