"Pat Garrett jagt Billy the Kid” mit Kris Kristofferson, Rita Coolidge und Bob Dylan.
Okay, an erster Stelle auf dem Filmplakat wird zwar James Coburn (†74) genannt, der für die Rolle des Pat Garrett schon ziemlich früh feststand, aber konnte natürlich nicht so gut singen wie Kris Kristofferson, der 1972 schon ein gefragter Country-Sänger war, als Schauspieler aber noch am Karriereanfang stand. Deshalb war er für die Rolle des Billy the Kid auch nur dritte Wahl, nachdem die damaligen Hollywoodstars Bo Hopkins und Jon Voight den Regisseur Sam Peckinpah (†59) nicht überzeugen konnten.
Kris Kristofferson nutzte die Chance, um auch seinen Freund Bob Dylan im Film unterzubringen. Obwohl als Rock-und Folksänger schon wohl bekannt, hatte Sam Peckinpah noch nie von ihm gehört und reagierte skeptisch. Denn Dylan hatte keinerlei Schauspielerfahrung. Erst sein Gesang überzeugte den Regisseur und er bekam nicht nur eine Hauptrolle, sondern durfte am Ende sogar den ganzen Soundtrack beisteuern.
Für Kris Kristofferson bedeutete der Western auch privates Glück. Er verliebte sich während der Dreharbeiten in seine Partnerin Rita Coolidge, die neben der Schauspielerei ebenfalls als Sängerin Erfolge feierte. 1973 wurde geheiratet und sie machten gemeinsam Musik. Zweimal wurden sie als bestes Country-Duo mit dem Grammy ausgezeichnet. Ihre Ehe hielt jedoch nur sieben Jahre, aber wie verliebt sie einst waren, beweisen die erotischen Liebesszenen in dem Kultfilm "Pat Garrett jagt Billy the Kid".
Wenn Freunde zu Feinden werden
Liebeszenen bleiben jedoch die Ausnahme in diesem Männerfilm, der gleich mit einer blutigen Szene beginnt, in der Billy mit seinen Kumpanen ein Wettschießen auf Hühner veranstaltet, die so im Sand vergraben sind, dass nur noch ihre Köpfe herausgucken. Bis Pat Garrett eintrifft und Billy freundschaftlich begrüßt. Gleichzeitig spricht er eine Warnung aus, denn er hat sich inzwischen auf die Seite des Gesetzes gestellt, wird demnächst zum Sheriff ernannt und soll Banditen wie Billy the Kid den Garaus machen. Pat empfiehlt Billy, nach Mexiko abzuhauen, tut er das nicht, muss er ihn töten.
Billy lässt die fünftägige Galgenfrist verstreichen, Pat macht ernst und ein wildes Feuergefecht beginnt. Erst als Billy als einziger übrigbleibt, lässt er sich abführen. Aber er kann fliehen und findet Unterschlupf bei seiner alten Bande, wo auch seine Geliebte Maria (Rita Coolidge) auf ihn wartet. Als es drei Kopfgeldjäger auf Billy abgesehen hat, warten, kommt ihm der junge Alias (Bob Dylan) mit seinen Wurfmesserkünsten zu Hilfe und schließt sich Billys Bande an. Unterdessen wird Garrett von seinen Auftraggebern aus mächtigen Viehzüchtern und einflussreichen Politikern unter Druck gesetzt, Billy zu töten. Widerwillig macht er sich auf den Weg und weiß genau, wo er zu suchen hat. Sowohl Garrett als auch Billy stellen sich ihrer Vorherbestimmung, ein Duell scheint unausweichlich zu sein.
Ein melancholischer Abgesang auf den Western
Eine pessimistische Grundstimmung beherrscht den letzten Western von Sam Peckinpah, der das Genre vor allem mit "Sacramento" (1962) und "The Wild Bunch" (1969) bereichert hatte und Kris Kristofferson ein weiteres Mal für die Actionkomödie "Convoy" (1978) vor die Kamera holte. Anhand der beiden realen Wild-West-Legenden Pat Garrett (†57) und William H. Bonney alias Billy the Kid (†21) wird überdeutlich, wie sehr die Eroberung des amerikanischen Kontinents auf Gewalt basierte. In Zeitlupe und aus verschiedenen Perspektiven gefilmt wirken Schießereien, Pferdestürze und zerfetzte Leiber wie ein Tanz des Todes. Gewalt wird jedoch nicht verherrlicht, sondern dient als dramaturgisches Mittel, um die Entmenschlichung der Charaktere zu unterstreichen.
Sowohl Garrett als auch Billy sind Getriebene, die den Zugang zu sich selbst verloren haben und nicht mehr das tun, was gut für beide wäre. Billy sollte fliehen und Garrett die Jagd einstellen. Stattdessen ergeben sich beide ihrem Schicksal. Mit diesem psychologischen Unterbau seiner Figuren spiegelt Peckinpah das Gesellschaftsbild der USA in den frühen Siebzigern wider, erschüttert vom Vietnamkrieg und der Watergate-Affäre. Gut und Böse verschwimmen miteinander, klare Helden gibt es nicht, alles ist schäbig und karg - typische Merkmale eines Spätwesterns, die auch auf "Pat Garrett jagt Billy the Kid" zutreffen. Hinzu kommen das verlangsamte Tempo und die bedrückende Melancholie, die bei den Produzenten auf wenig Gegenliebe stieß. Weshalb Peckinpahs Abgesang auf den Western zuerst in einer verstümmelten Version von 103 Minuten ins Kino kam. Erst 2005 wurden fehlende Szenen wieder eingefügt und der neu geschnittene Film als Special Edition auf DVD herausgebracht.
Der Soundtrack mit dem legendären Song "Knockin' On Heaven's Door"
Ein filmisches Meisterwerk mit seiner ursprünglichen Intention konnte also erst 19 Jahre nach dem Tod seines Regisseurs wiederentdeckt werden. Nur die Musik fand von Anfang an ihren gebührlichen Platz. Der Soundtrack erschien bereits zum Filmstart im Jahre 1973 als reguläres Bob-Dylan-Album.
Der erste Plan sah aber anders aus: Dylan und Peckinpahs Hauskomponist Jerry Fielding (†57) sollten den Score gemeinsam komponieren. Doch ihre Auffassung von Musik und Dramaturgie lag so weit auseinander, dass Fielding ganz ausstieg. Dylan hatte damit freies Feld und setzte auf rockig angehauchte Folk Music, die er hin und wieder mit seinem Gesang begleitete. Der Song "Knockin' On Heaven's Door" ist dabei zu einer zeitlosen Hymne geworden und wird im Film in einer tragischen Sterbeszene mit Slim Pickens (†64) in der Rolle eines alten Sheriffs angestimmt.
Dylans Score unterstreicht die desillusionierende Haltung des Films sehr wohl und prägte ebenso seinen weiteren musikalischen Weg. Im Gegensatz zu Kris Kristofferson oder Rita Coolidge war er nie ein Vertreter der Country Music. Man bezeichnet ihn eher als Folkmusiker, wobei die Übergänge zur Country Music gewiss fließend sind. So verwundert es nicht, dass Bob Dylan diesbezüglich Country-Legende Hank Williams (†29) als sein großes Vorbild bezeichnet.
Fazit: Die rekonstruierte Fassung von "Pat Garrett jagt Billy the Kid" liegt erst seit 2005 vor und ist der gekürzten Kinofassung von 1973 unbedingt vorzuziehen, um die Verlorenheit der beiden Titelfiguren nachempfinden zu können. Ein rauer Western - manchmal schwer verdaulich, aber thematisch sehr gehaltvoll.
Regie | Darsteller | Rolle | ||||
Sam Peckinpah | James Coburn | ... | Pat Garrett | |||
Kris Kristofferson | ... | Billy The Kid | ||||
Richard Jaeckel | ... | Sheriff Kip McKinney | ||||
Katy Jurado | ... | Mrs. Baker | ||||
Jason Robards | ... | Governor Wallace | ||||
Bob Dylan | ... | Alias | ||||
John Beck | ... | Poe | ||||
Rita Coolidge | ... | Maria | ||||
Jack Elam | ... | Alamosa Bill | ||||
Harry Dean Stanton | ... | Luke |