Genau der ist's. Doch es gibt kaum einen Künstler von Weltruf, der so viele musikalische Häutungen durchmachte wie der mittlerweile 65-jährige aus Duluth, Minnesota. Blues, Pop, Folk, Rock, Rock'n Roll - kaum eine Stilrichtung, an der dieser Singer/Songwriter im Laufe seiner langen Karriere nicht Station machte. Doch er würde nicht zu den bedeutendsten US-Musikern aller Zeiten gezählt, wäre ihm dabei nicht jedes Mal außergewöhnliches gelungen.
Mit "Nashville Skyline" zum Wegbereiter des Country Rock
So auch im Countrygenre. Nicht aus Zufall wurden die teilweise in Nashville aufgenommenen beiden Columbia-Alben seine bis dato größten kommerziellen Erfolge. Und weil Dylan dabei erstmals die Musterehe von Rock und Country vollzog, ging er speziell mit "Nashville Skyline" als Wegbereiter des Country-Rock in die Musik-History ein. Als Co-Star stand ihm dabei kein geringerer als Johnny Cash zur Seite, der ihm den Country-Ritterschlag erteilte, indem sich beider Wege fortan öfters kreuzten. Dylan ist so kultig, dass noch heute nahezu jedes seiner unzähligen Konzerte - es dürften mittlerweile über 4000 sein - von Bootleggern mitgeschnitten wird. Zu den begehrtesten Raritäten zählen dabei seine gemeinsamen Auftritte mit Johnny Cash.
Überhaupt dürfte selten eine Minute verstreichen, in der nicht irgendwo auf der Welt ein Dylan-Song ertönt. Was zum Teil an seinem Riesenrepertoire an genialen Melodielinien liegt, aus dem sich die gesamte Musikszene regelmäßig bedient. Weil Dylans näselnde Stimme, die die Zeitschrift "Time" mal als "wie aus einem Tuberkulose-Hospital" beschrieb, nicht jedermanns Geschmack ist, erfuhren viele seiner Gassenhauer eine doppelte Blüte. Klassiker wie "All along the Watchtower", "It's all over now, Baby Blue", "A hard Rain is gonna fall" oder "Quinn the Eskimo" - um nur wenige zu nennen - eroberten die Hitparaden auch in den Versionen von Jimi Hendrix, Them, Roxy Music oder Manfred Mann.

Mit "Pat Garrett & Billy The Kid" zum Schauspieler und Filmmusikkomponisten
1972 machte Dylan, der Hank Williams - neben Woodie Guthrie, Little Richard und Elvis - zu seinen prägenden Vorbildern zählt, erneut im Country Station. Im Hollywood-Western "Pat Garret and Billy the Kid" spielte er an der Seite von Kris Kristofferson einen Cowboy und komponierte den Soundtrack mit dem legendären "Knockin" on Heaven's Door" - später auch ein Welthit der Heavy-Rocker von Guns'n'Roses.
Danach trug er mit typischer Country-Fiddle und Western-Gitarre das traurige Schicksal des Boxers Rubin Carter, genannt "Hurricane", um die Welt. Nach einem rassistisch geprägten Fehlurteil war der schwarze Sportler erst freigelassen worden, nachdem er 19 Jahre unschuldig hinter Gittern saß. Mit Benefiz-Konzerten hatte Dylan den Revisionsprozess finanziert. Und seine Country-Hymne "Hurriane" lenkte den entscheidenden Druck der Öffentlichkeit auf die Richter.
Wert ist eigentlich Robert Allen Zimmermann?
Womit auch bewiesen wäre, was Dylan gerne bestreitet, obwohl er mit seinen genialen Texten ganze Generationen beeinflusste und sogar für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen wurde: Dass ein kritischer Song durchaus das öffentliche Bewusstsein beeinflusst. Weshalb sollten sich sonst auch so viele Musiker auf die Bühnen stellen, um gegen Not, Krieg oder Rassismus Stellung anzukämpfen? Ob Dylan, der ganzen Legionen von Musikstars prägte, immer meint was er sagt, bleibt ohnehin die Frage. Denn mit kauzigen Statements und einer geheimnisvollen Vita pflegt der stets schlecht Gelaunte den Mythos des rätselhaften Outlaws. Einblicke ins Privatleben sind nicht gestattet. Interview gibt es kaum. Seine Religionen wechselte das als Robert Allen Zimmermann, Sohn russisch-jüdischer Immigranten zur Welt gekommene Genie öfter als andere Menschen ihre Autos. Die Ehe mit der Gospel-Sängerin Carolyn Dennis in den 80ern hielt er aus unerfindlichen Gründen geheim. Woher sein Künstlername stammt, will er bis heute nicht genau verraten. Und laut Jacob, seinem bei den Wallflowers spielenden Sohn, ist er ein miserabler Vater.
Dieser Bob Dylan scheint so allgegenwärtig, dass der norwegische Bildhauer Kristofer Leirdal sogar gestand, die Statue des Erzengels Michael auf der gothischen Kathedrale zu Trondheim nach dessen Ebenbild geformt zu haben. Doch wie unfassbar er bleibt, zeigt der vielleicht berühmteste seiner provokanten Sprüche. Auf einer Pressekonferenz gefragt, ob er sich denn mehr als Sänger oder als Poet sehe, antwortete Dylan unter brüllendem Gelächter: "Ich bin eigentlich ein Tänzer…"