Mit James Mangold hatte die Produktionsfirma Searchlight Pictures bereits einen hochkarätigen Regisseur an Bord, der mit dem Rennfahrer-Drama "Le Mans 66 - gegen jede Chance" 2019 nicht nur seinen letzten Kinohit verbuchen konnte, sondern sich bereits vor einer anderen großen US-Musiklegende verbeugte als er 2005 mit "Walk the Line" die Lebens- und Leidensgeschichte von Johnny Cash (†71) verfilmte.
Für die Verkörperung des jungen Bob Dylan wurde bereits Newcomer Timothée Chalamet ("Call Me by Your Name") ins Auge gefasst. Aber die weltweite Corona-Pandemie hat auch diesem Filmprojekt erst mal den Strom entzogen. "Going Electric" wurde auf Eis gelegt und befindet sich weiterhin im Entwicklungsprozess.
Bob Dylans Wandel vom Folksänger zum Rockstar
Dabei klingt die Story absolut vielversprechend, denn im Mittelpunkt der Filmhandlung soll Bob Dylans Wandel vom mit Akustikgitarre auftretender Solosänger zum Rockstar mit eigener Band und elektrischer Verstärkung. Daher der Titel "Going Electric".
Bereits mit 19 wurde Dylan, der unter den Namen Robert Allen Zimmerman am 24. Mai 1941 in Minnesota geboren wurde, als Prophet der Folkszene gefeiert. Doch als er seine Gitarre am 25. Juli 1965 beim Newport Folk Festival an einem Verstärker anschloss, war der Aufschrei groß. Einige Folk-Puristen bezeichneten ihn sogar als Verräter, es gab sogar Versuche, seinen Verstärker aus der Steckdose zu ziehen. Auch auf seiner anschließenden Europa-Tournee musste der neue Dylan in seinen Konzerten des Öfteren Buhrufe über sich ergehen lassen, weshalb er seine Band aufforderte, besonders laut zu spielen. Doch die meistens seiner Fans ließen sich von seinem neuen Stil nur zu gern elektrifizieren.
Seine Alben wie "Highway 61 Revisited" oder "Blonde on Blonde" gingen millionenfach über den Ladentisch, der Song "Like a Rolling Stone" schaffte es in den USA auf Platz 2 der Billboard-Single Charts. Dylan selbst wurde zum Idol einer Generation ausgerufen. Doch der Erwartungen und Erfolg setzten den Star zunehmend unter Druck. 1966 erlitt er einen Motorradunfall und zog sich für zwei Jahre aus der Öffentlichkeit zurück.
Mit "Going Electric" zurück in die Sechzigerjahre - Eine zu große Herausforderung
Anfang 2020 freuten sich noch alle Beteiligten auf den Drehbeginn. Hauptdarsteller Timothée Chalamet, der für seine Rolle in dem Bürgerkriegsdrama "Little Woman" erneut Lobeshymnen erntete, twitterte bereits, dass er Gitarrenunterricht nehmen würde. Für James Mangold und seinem griechischen Kameramann Phedon Papamichael wäre es nach "Le Mans 66 - Gegen jede Chance" sogar der zweite Film in Folge gewesen, der in den Sechzigerjahren spielt. Aber genau da liegt die Crux, warum "Going Electric" in Corona-Zeiten schwierig umzusetzen wäre. Papamichael äußerte sich dazu, dass man dem Stoff historisch nicht gerecht werden würde, wenn momentan doch nur in reduzierten Sets gedreht werden darf. Nachbauten kleiner Clubs und großer Konzerthallen mit vielen Statisten in historischen Kostümen und aufgesetzten Haarteilen würden eine zu große Herausforderung darstellen.
Die Besetzung von Dylans Vorbildern und Weggefährten aus den Sechzigern wie Woody Guthrie (†55), John Lee Hooker †83), Pete Seeger (†94) oder Joan Baez, die am 9. Januar ihren 80. Geburtstag hatte, wurde somit ebenfalls ausgesetzt. Spannend wäre es allemal, bei welchen Schauspielern Mangold vielleicht schon angefragt hatte. Ein gutes Händchen bewies er immerhin schon mit Reese Witherspoon für die Rolle der June Carter, Ehefrau von Johnny Cash, in "Walk the Line". Dafür erhielt sie ein Jahr später den Oscar in der Kategorie "Beste Hauptdarstellerin", während Joaquin Phoenix für seine Cash-Interpretation leer ausging. Die begehrte Trophäe erhielt er dann erst 2020 für "Joker".
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Noch darf man sich Hoffnung machen, dass das Biopic über Bob Dylan nach dem Ende der Pandemie doch noch in Angriff genommen wird. Denn basierend auf dem Buch "Dylan Goes Electric! - Newsport, Seeger, Dylan, and the Night That Split the Sixties” von amerikanischen Musikhistorikers Elijah Wald existiert bereits ein Drehbuch aus der Hand von Jay Cocks ("Gangs of New York") und James Mangold.
Unterstützung erhält das Filmprojekt von Bob Dylan höchst selbst. Er wird sogar als einer der Ausführenden Produzenten genannt, womit auch die Musikrechte für die Verwendung seiner Songs im Film geklärt seinen dürften.
Ob Mangold und Papamichael dann aber noch mit dabei wären, ist momentan fraglich. Denn beide sollen bereits für den fünften Teil von "Indiana Jones" unterschrieben haben. Timothée Chalamet, dessen Ähnlichkeit mit dem jungen Bob Dylan, nicht von der Hand zu weisen ist, steht gerade neben Leonardo DiCaprio für das Desaster-Drama "Don't Look Up" vor der Kamera und könnte sogar wieder frei sein, wenn "Going Electric" wieder grünes Licht bekäme.
"Don't Look Back" hieß übrigens die erste Dokumentation über Bob Dylan aus dem Jahre 1967 über seine Tournee durch Großbritannien zwei Jahre zuvor. Dylan selbst versuchte sich auch selbst als Schauspieler. Seine bekannteste Rolle war die des Gesetzlosen Alias in dem Western "Pat Garrett jagt Billy the Kid" von 1973, zu dem er auch die Musik schrieb. Mit "I'm Not There" entstand 2007 ein eher experimenteller Film über Bob Dylan. In sechs verschiedenen Episoden wird Dylan jeweils von einem anderen Darsteller porträtiert, unter anderem von Richard Gere, Heath Ledger (†28), Christian Bale und Cate Blanchett, der sogar die überzeugendste Dylan-Darstellung nachgesagt wurde. Der Titel "I’m Not There" bezieht sich auf einen Song, den der Singersongwriter bereits 1966 schrieb, aber mit dem Film erstmals veröffentlichte. "I'm Here" heißt es hoffentlich bald fürs Biopic über Bob Dylan - verdient hätte er es, auch über seinen 80. Geburtstag hinaus.