Osborne versucht auf ihrem Album alte Stücke von Bob Dylan neu zu interpretieren und ihnen ihren eigenen Stil mitzugeben. Das bedeutet in erster Linie sehr viel mehr Blues. Verständlich, immerhin sind die Wurzeln des Folk bei beiden Interpreten vertreten. Ist ihr die Neuinterpretation altbekannter Lieder gelungen?
Neuinterpretation meist gelungen
13 Stücke von Bob Dylan hat Joan Osborn ihrem neusten Album spendiert. Darunter sind bekannte Hits wie "Dark Eyes" und weniger bekannte Songs. Jedem versuchte die Sängerin eine neue Nuance abzugewinnen. So wurde aus dem sehr schnellen und rockigen "Highway 61 Revisited" ein ruhiges Cover mit starkem Country-Einschlag.
Apropos ruhig, dies trifft auch auf das Eröffnungslied "Tangled up in Blue" zu, welches im Original eine gewisse Unruhe besitzt. Kein Wunder, immerhin geht es im Lied um einen Mann, der, getrieben von der Liebe zu einer Frau, Ruhelos durch das Land streift. Osborne macht in ihrer Interpretation aus der Vorlage ein melancholisch angehauchtes Blues-Cover.
Doch nicht alle Cover sind gelungen. Was nicht bedeuten soll, dass die Interpretationen von "Songs of Bob Dylan" misslungen wären. Im Gegenteil, Joan Osborne schafft es, den meisten Liedern ihre ganz eigene Note zu geben. Die Frage ist nur, ob es diese eigene Note gebraucht hätte? Und hier kann man leider nur mit einem klaren Jein antworten.
Denn tatsächlich sind einige Songs dabei, welche das musikalische Vermächtnis Bob Dylans bereichern. Gerade "Tangled up in Blue", welches Osborne völlig neu umdeutet und damit ein eigenständiges Werk erschafft und "Masters of War", welches durch ihre kraftvolle Stimme und die famosen Gitarrenklänge von Jack Petruzzelli (Gitarrist und Co-Produzent von "Songs of Bob Dylan") enorm an Kraft gewinnt.
Abzüge in der B-Note
Andere Stücke wiederum wirken eher wie eine leere Hülle. Oder besser gesagt wie eine völlig ausgefüllte Hülle, der Osborne nichts Neues mehr hinzufügen kann. Neben "Dark Eyes" und "Ring Them Bells", die eigentlich keine Alleinstellungsmerkmale besitzen, steht ein "Mighty Quinn", das schon bei der Erstaufführung von Manfred Mann mehr Durchdringung besaß, als es Osborns Neuinterpretation je erreichen könnte.
Trotz alledem ist das Album gelungen. Und zwar aus einem einfachen Grund: Es hat Herz. Man merkt bei jeder Strophe, bei jedem gespielten und gesungenen Ton, wie viel Liebe hier zu den Vorlagen besteht. Diese Liebe durchdringt das Album wie ein roter Faden und wertet es enorm auf. So ist das Album nicht nur für Joan Osborne-Fans ein Must-have, sondern auch für Bob Dylan-Jünger. Denn es ist erstaunlich und ganz wunderbar, welchen Einfluss der Großmeister noch immer auf Musiker weltweit hat.
Fazit: Songs of Bob Dylan ist ein gelungenes Cover-Album, welchem bei manchen Liedern die nötige Kraft fehlt, um eigene Akzente setzen zu können.
Label: Womanly Hips (Alive) | VÖ: 1. September 2017 |
01 | Tangled up in Blue |
02 | Rainy Day Women #12 & 35 |
03 | Buckets of Rain |
04 | Highway 61 Revisited |
05 | Quinn the Eskimo (The Mighty Quinn) |
06 | Tryin' to Get to Heaven |
07 | Spanish Harlem Incident |
08 | Dark Eyes |
09 | High Water (For Charley Patton) |
10 | You're Gonna Make Me Lonesome When You Go |
11 | Masters of War |
12 | You Ain't Goin' Nowhere |
13 | Ring Them Bells |