Er ist einfach zu gut. Zu gut in Form. Schon seit Jahren ist Marty Stuart der vielleicht zuverlässigste Lieferant Nashvilles von herausragenden Alben. Einen wesentlichen Anteil an dem durchgängig hohen Qualitätslevel hat dabei seine grandiose Begleitband, die "Fabulous Superlatives" - Kenny Vaughan, Harry Stinson und Paul Martin. Gemeinsam singen, grooven und brillieren sie an ihren Instrumenten, dass es eine wahre Freude ist.
Da machen sie - Gottlob! - auch keine Ausnahme, wenn sie sich anstatt von Outlaws- und Lebemänner-Songs hier spiritueller Themen annehmen. Deshalb geht der Opener "99-1/2 Won't Do" gleich mal superb los: mit Rockabilly-Touch, perlenden Gitarrenläufen, trockenen, holprigen Rhythmen und dem hingebungsvollen Gesang von Marty Stuart. In diese Kirche möchte man gerne gehen. Sofort. Und man würde bleiben und sitzen und staunen und mitwippen. Dafür sorgen himmlische Gospels wie das traurig zurückhaltende, mutmachende und mit einem herrlichen Chor ausgestattete "There's a Rainbow at The End of Every Storm" oder der Vintage-Rock'n'Roller "Don't Leave Home Without Jesus", bei dem "Cuz'n" Kenny Vaughan wie er den bebrillten Gitarristen hier nennt, zeigen kann, was er an der Telecaster drauf hat (es ist sehr, sehr viel!).
Was gehört noch zu einer temperamentvollen Gospel-Messe? Klar, ein (fast) A-Cappella-Song wie "Just A Little Talk With Jesus": alte Schule! Und natürlich ein Titel über Jerusalem: das tolle "Walking In Jerusalem (Just Like John)." Marty Stuart macht sich in Nashville aber nicht nur wegen seiner wunderbaren Musik viele Freunde. Der ehemalige Gitarrist von Johnny Cash ist auch ein Bewahrer, ein Traditionen-Pfleger, ein Sammler und Erinnerungen-Konservierer. Eine Kostprobe aus seinem reichen Fundus an Stories und Erfahrungen bietet er bei "Greystone Chapel". Bevor die Band diesen flotten Country-Gospel aufnimmt, erzählt er eine kleine Geschichte über den Song, den einst Johnny Cash in Folsom State Prison aufnahm. Man hört ihm gerne zu.
Das gilt übrigens auch für den aus Nashville stammenden Drummer "Handsome" Harry Stinson. Bei "The Master Is Waiting" - ein wunderschöner Country-Folk - brilliert der normalerweise nur als Backing-Sänger fungiernde Routinier als gefühlvoller Interpret: und offenbart damit ein weiteres Ass im Ärmel dieser Formation. Als weitere Trümpfe der CD erweisen sich "Walking My Lord Up Calvary's Hill", bei der Marty Stuart die Lead-Vocals seiner Ehefrau, der Roots-Country-Sängerin Connie Smith, der Song bietet: Roots-Country vom Schönsten. Das brüderliche Teilen scheint bei diesem Tonträger ohnehin oberstes Gebot zu sein, deshalb darf bei dem traditionellen Hillbilly-Gospel "Apostel" Paul Martin als Lead-Prediger ran - und macht das ausgezeichnet.
Noch stärker bleibt natürlich Band-Chef Marty Stuart in den Gehörgängen haften. Wenn er seine weiche, charismatische Stimme bei dem ruhigen, akustischen "He Turned The Water Into Wine" erhebt, wird noch der überzeugteste Atheist zum Glauben bekehrt.
Fazit: Das zweite Gospel-Album von Marty Stuart bietet himmlische Song-Kost. Entspannt, authentische, kompetent. Ein Mix aus Gospel, Hillbilly-Gospel, Rockabilly und viel, viel Roots-Musik. Der Mann ist eine Klasse für sich.
Label: Gaither / Chordant (Universal) | VÖ: 15. April 2014 |
Titelliste
01 | 99-1/2 Won't Do | 07 | Walking In Jerusalem (Just Like John) |
02 | There's A Rainbow At The End of Every Storm | 08 | His Love Will Lead Us On |
03 | Don't Leave Home Without Jesus (mit Cuz'n Kenny Vaughan) | 09 | Walking My Lord Up Calvary's Hill (mit Connie Smith) |
04 | Just A Little Talk With Jesus | 10 | Pray The Power Down (mit Apostle Paul Martin) |
05 | Greystone Chapel | 11 | He Turned The Water Into Wine |
06 | The Master Is Waiting (mit Handsome Harry Stinson) | 12 | He Turned The Water Into Wine |