Connie Smith? Nicht jedem Country-Fan ist dieser Name sofort geläufig. Dabei zählte die 1941 in Indiana geborene Sängerin zu den größten Country-Stars der 1960er und 70er-Jahre. Schon ihr gleichnamiges Debüt, Jahrgang 1965, erobert Platz eins der Country-Charts. "Cute 'n' Country", noch im gleichen Jahr veröffentlicht, gelang gleiches Kunststück. Klarer Fall: A Star was born... und sie ist bis heute eine der Größten ihres Fachs. Frag nach bei Dolly Parton: "Es gibt nur drei bedeutende Sängerinnen: Barbara Streisand, Linda Ronstadt und Connie Smith. Der Rest von uns tut nur so als ob." Auch Merle Haggard ist Smith-Fan, er sagt über sie: "If you're talking about a country singer, there ain't nobody better."
Dolly Parton und Merle Haggard sind Connie Smith-Fans
So ein Lob bekommt man nicht geschenkt. Das muss man sich verdienen. Und das hat sich das langjährige Grand Ole Opry-Mitglied, mit zahlreichen Alben, unzähligen Auftritten und ihrer unverwechselbaren, durch-und-durch Country-gefärbten Stimme. Wie bei so gut allen Künstlern und Künstlerinnen mit langer Karriere, gab es auch für Connie Smith Flauten und Flops, Dramen und Durchhänger. Ihre erste Krise musste sie schon in jungen Jahren überstehen: 1968, als sie - vom Erfolg überwältigt, vom vollen Terminkalender gestresst - einen Zusammenbruch erlitt. In der Folge hat sie sich rarer gemacht und sich verstärkt ihrem christlichen Glauben zugewandt (Resultat sind einige Gospel-Alben).
In den 1980er Jahren war sie bis Mitte der 1990er ein eher seltener Gast in Studios und Spielstätten. Als sie jedoch 1997 den (17 Jahre jüngeren) Marty Stuart heiratete, kam wieder Schwung in die Sache. Schon ein Jahr später legte sie ihr gleichnamiges Comeback vor und bot erneut wohlschmeckende Country-Kost für Traditionalisten. "The Cry of the Heart" ist nun bereits das dritte Album der Eheleute Connie Smith und Marty Stuart. Okay, "bereits" ist wohl etwas übertrieben. Vielmehr sollte es wohl heißen "erst", schließlich zeugen drei CDs in 24 Ehejahren nicht gerade von großem Arbeitseifer. Egal. Es geht ja, wie man weiß, nicht um Quantität, sondern um Qualität.
Wenn es um die Güte der Produktion von "The Cry of the Heart" geht, müssen sich Connie Smith und Marty Stuart nicht verstecken. Wie auch? Die beiden sind Meister ihres Fachs und mit mehr Country- und Roots-Expertise kann wohl kaum ein Haushalt in Nashville aufwarten, als dieses Star-Couple. Entsprechend souverän und unangestrengt klingen auch die elf Tracks des erneuten Connie-Smith-Comebacks: lässig, bodenständig, jede Menge Pedal-Steel-Guitars und Fiddles, aber auch mit jeder einzelnen Note dem Roots-Country-Sound geschuldet. Wer eine Schwäche für Tammy Wynette, Patsy Cline oder Dolly Parton hat, wird dieses Album lieben. Jede Wette!
Ehemann Marty Stuart produzierte "The Cry of the Heart"
Natürlich beschreitet die Altmeisterin hier keine neuen Wege. Im Gegenteil. Sie wandelt - gemeinsam mit hingebungsvoll zurückhaltenden Begleitmusikern - mit jedem Song auf dem Trail der Country-Roots. Mal macht sie das im gemächlichen Jogging-Tempo, wie bei dem dezenten Country-Rock 'n' Roller "To Pieces" (aus der Feder von Carl Jackson); bei "Look Out Heart" legt sie eine Schippe drauf und bei dem unwiderstehlichen "Three Sides" klingt sie sogar fast hip und fordernd. Ein Song, wie wir ihn von Marty Stuart kennen und lieben.
Erstaunlicherweise aber hat Stuart bei anderen Tracks seine Songschreiber-Finger mit im Spiel: bei der herrlichen Ballade "Spare Me No Truth" und bei "Here Comes My Baby Back Again". Bei letzterem Song zieht Stuart alle Produzenten-Register und baut in dem, ganz im Sixties-Sound angesiedelten Country-Pop-Track eine Art "Wall of Sound", wie man es einst von Phil Spector kannte. Klarer Fall: ein Highlight der CD!
Altersbedingt (die Dame feierte am 14. August 2021 ihren 80. Geburtstag) lässt es Connie Smith aber in den meisten Titeln geruhsamer angehen. In Balladen wie "Heart, We Did All That We Could", in dem Merle Haggard-Gospel-Cover "Jesus, Take A Hold", im gefühlvollen "I'm Not Over You" oder in der superlässigen und zu keinem Takt wehleidigen Introspektive "I Just Don't Believe Me Anymore" beweist sie ihre ganze Souveränität.
Fazit: Elf Songs, zu 100 Prozent Country pur: Connie Smith gibt mit "The Cry of the Heart" nach zehnjähriger CD-Pause ein Comeback, das Traditionalisten-Herzen höherschlagen lässt.
Label: Fat Possum (Bertus) | VÖ: 20. August 2021 |
01 | A Million and One |
02 | Look out Heart |
03 | Spare Me No Truth |
04 | To Pieces |
05 | All the Time |
06 | I Just Don't Believe Me Anymore |
07 | Three Sides |
08 | I'm Not over You |
09 | Here Comes My Baby Back Again |
10 | Heart, We Did All That We Could |
11 | Jesus, Take a Hold |