Der Untertitel verrät, um was es sich bei diesem Tonträger handelt: um, wie schnell klar wird, zu Unrecht vergessene Leckerbissen aus dem Tonstudio - um ein Dutzend größtenteils herrlicher Duette mit illustren Gästen.
Den Auftakt dieser schwungvollen Vergangenheitsbewältigung bestreitet der jüngst entstandene Song: Mit "You and Me and Time" zeigt George gemeinsam mit seiner talentierten Tochter Georgette (was für ein Name!) Jones. Papi wird ziemlich stolz auf die mittlerweile recht große Kleine sein. Denn mit ihrem fulminanten Timbre könnte sie durchaus in Vaters bzw. Mutters (Tammy Wynette) Fußstapfen treten. Zumal sie in dem Titel klar macht, dass sie keine Ambitionen auf angesagten Pop oder Modern Country hegt, sondern grundsolide mit Daddy den Roots entlang pilgert. Wunderbar nostalgisch!
Das gilt auch für den nächsten, den übernächsten - eigentlich für alle zwölf Titel der CD. Nicht nur, weil die meisten Songs in den frühen 90er und 80er Jahren aufgenommen wurden - einige auch in den 70ern - sondern vor allem, weil George Jones seit jeher ein Garant für schnörkellosen, modisch-unverbrämten Country war. Und immer noch ist.
Das Album belegt aber auch ein weiteres Mal, dass kaum jemand in Nashville so viel Gefühl zeigen kann wie George Jones. Kein Wunder, dass die meisten Titel getragen, balladesk, gemütlich daher geschlendert kommen. Dem gemächlichen Schritt passen sich alle Gaststars offenbar gerne an: Vince Gill harmoniert prächtig mit ihm in "Selfishness in Man", die junge Shelby Lynne drosselt ihr Temperament bei "I Always Get it Right With You" und der lethargische Mark Knopfler fühlt sich hörbar pudelwohl bei "I Always Get Lucky With You". Selbst Honky-Tonk-König Mark Chesnutt entdeckt mit Big George den Reiz der lässigen Langsamkeit und steuert mit ihm bei "When the Grass Grows Over Me" ein CD-Highlight bei.
Flottere Duette sind die Ausnahme - doch keineswegs schwächer. Der Zweigesang mit Ricky Skaggs bei "She Once Lived Here" sorgt binnen weniger Takte genauso für gute Laune wie das Duett mit Jim Lauderdale ("Tavern Choir"). Für den Titeltrack hat sich der gute George einen Gast besonderen Kalibers angelacht: Rolling Stone-Knittergesicht Keith Richards. Dass zwischen dem Rock- und dem Country-Rauhbein die Chemie zu Hundert Prozent stimmt, war ja klar. Ein Country-Rock 'n' Roller vom Feinsten. Das Finale - und damit schließt sich der Familien-Kreis - übernimmt seine Ex-Frau und einstige Country-Queen Tammy Wynette. Hört man die beiden bei "Lovin' You, Lovin' Me" turteln, möchte man kaum glauben, dass ihre Ehe in die Brüche ging. Schnief ...
Fazit: George Jones hat im Archiv gestöbert - und ein Dutzend unveröffentlichter Duette ausgegraben. Das Ergebnis ist feinster, gefühlvoller Roots-Country mit so manchem Aha-Erlebnis.
Label: Bandit Records (in Deutschland nicht erschienen) | VÖ: 19.August 2008 |
Titelliste
Links
01 | You and Me and Time (mit Georgette Jones) | 07 | Tavern Choir (mit Jim Lauderdale) |
02 | The Window Up Above (mit Leon Russell) | 08 | I Always Get It Right with You (mit Shelby Lynne) |
03 | She Once Lived Here (mit Ricky Skaggs) | 09 | When The Grass Grows Over Me (mit Mark Chesnutt) |
04 | Rockin' Years (mit Dolly Parton) | 10 | I Always Get Lucky with You (mit Mark Knopfler) |
05 | Burn Your Playhouse Down (mit Keith Richards) | 11 | You're Still On My Mind (mit Marty Stuart) |
06 | Selfishness In Man (mit Vince Gill) | 12 | Lovin' You, Lovin' Me (mit Tammy Wynette) |