Marty Stuart & His Fabulous Superlatives - Saturday Night / Sunday Morning

Selten haben zwei CDs so unterschiedliche Sichtweisen dargelegt, wie in diesem Fall. Denn während sich der erste Silberling ausführlich mit dem ausschweifenden Treiben an einem Samstagabend in der Stadt befasst, spielen bei der zweiten CD der Glaube an Gott und die Familie eine übergeordnete Rolle.

Zum Auftakt der ersten CD zeigt Marty Stuart gleich einmal, dass er sich auch mit Rockabilly bestens auskennt. "Jailhouse" sprudelt mit viel Dampf auf dem Kessel daher und lockt im Chuck Berry-Stil direkt auf die Tanzfläche. Das musikalische Gaspedal bleibt auch beim folgenden "Geraldine” durchgedrückt. Diese Uptempo-Nummer hat wieder nur in Grundzügen etwas mit Country zu tun, aber Stuart kennt sich bekanntlich mit vielen Spielarten der amerikanischen Musik aus.

Beide CDs verfügen über eigene Songs und Cover-Versionen. Erster Klassiker, der neu interpretiert wird, ist "I'm Blue I'm Lonesome" von Hank Williams und Bill Monroe, den Stuart und Co. authentisch in die Gegenwart zurückgeholt haben und der schon seit Jahren einen Platz auf der Setliste von Stuart hat. "Rough Around The Edges" ist dagegen ein neuer und autobiographischer Song, der aber ebenso ganz tief in den Wurzeln der Country Music zu Hause ist und besonders durch hervorragende Pedal Steel- und Fiddle-Einlagen positiv auffällt.

Zum Ausgehen gehören natürlich auch amtliche Honky Tonk-Klänge, die hier unter anderem in Form des Old School-Schunklers "Talking to The Wall" in handwerklich solider und einwandfreier Art und Weise abgeliefert werden. Die Samstag-Seite wird aber nicht nur mit feiertauglichem Material abgebildet. Bei den Cover-Versionen "Old Old House" (George Jones) und "Life Has Its Little Ups And Downs” (Charlie Rich) lässt es das Quartett deutlich ruhiger angehen und verbreitet eine fast schon melancholische (Kater-)Stimmung.

Die zweite CD kann als Nachfolger des 2005 erschienenen und von Kritikern gelobten Albums "Souls' Chapel" betrachtet werden; Ähnlichkeiten bringen nicht nur die beiden in schwarz-weiß gehaltenen Coverfotos mit. "Ich habe immer gedacht, dass Country Music eine wirklich besondere Beziehung zur Gospel-Musik hat", sagt Stuart und lässt Taten folgen. "Uncloudy Day", der Klassiker der Staple Singers, beschert gleich zum Auftakt eine volle Gospel-Dosis. Für den Gesang konnte die in Szenekreisen bekannte Sängerin Mavis Staples gewonnen werden, die dem Lobpreissong mit ihrer kraftvollen Soul-Stimme das I-Tüpfelchen aufdrückt.

Doch auch ohne weibliche Unterstützung hält das Quartett in der Folge die Laune hoch. "Boogie Woogie Down The Jericho Road" bereitet seinem Titel alle Ehre; hier scheint es, als habe Brian Setzer und seine Stray Cats beim Songwriting als Paten zur Verfügung gestanden. Dass Spaß und Spontaneität bei christlichem Liedgut nicht zu kurz kommen müssen, beweist auch "Keep On the Firing Line", bei dem Bassist Paul Martin den Gesang übernommen hat und als Interpret überzeugt. Beim fast als komplett als a capella-Titel dargebotenen "Heaven" zeigen dann alle Musiker der Fabulous Superlatives, was sie stimmlich zu bieten haben und das kann sich hören lassen.

Fazit: Marty Stuart & The Fabulous Superlatives liefern ein sehr ambitioniertes Doppel-Album ab. Langjährige Fans werden daran viel Spaß haben. Interessenten aus dem Gospel-Bereich oder mit einer Liebe für aufgeweckten Rock 'n' Roll sollten einmal probehören.