Daran versuchen Karen Fairchild, Kimberly Schlapman, Philip Sweet und Jimi Westbrook nun anzuknüpfen. Man muss nicht über hellseherische Fähigkeiten verfügen, um ihnen Erfolg zu bescheinigen. Die 13 Titel sind einfach zu clever gemixt, zu gut aufeinander abgestimmt und letztendlich zu sehr am aktuellen Nashville-Sound dran, um floppen zu können.
Traditionelle Country-Fans und vermutlich auch Fans der ersten Little-Big-Town-Stunde werden beim Klang einiger Tracks natürlich die Nase rümpfen. Klar, der warmkehlige Vierer hat sich in den 16 Bandjahren ganz schön vom ursprünglichen Klang entfernt. Waren sie einst nah an den Roots des Genres dran, ähneln sie heute in vielen Titeln hippen Bands wie Lady Antebellum. Das ist keine Schande, das ist verständlich. Und aus ökonomischen Gründen vermutlich sogar vernünftig. Erfreulicherweise ist diese Korrektur aber auch künstlerisch jederzeit vertretbar. Man könnte sagen: wenn schon Country-Pop, dann doch bitte so!
Schon der Opener "Quit Breaking Up With Me" ist dafür der beste Beleg. Der Song hat Pop, er hat Country-Nuancen; er hat Melodie, tolle Vocals, einen starken Refrain und einen lässigen Witz, dem man sich nicht verschließen kann.
Wer The Band Perry mag, wird seinen Gefallen an der Folk-und-strammer Beat-Kombi beim nachfolgenden "Day Drinking" finden, der ersten Single-Auskopplung der CD.
Offenbar haben Karen, Kimberly & Co. zuletzt verstärkt bei alten Fleetwood-Mac-Alben reingehört. Gleich bei mehreren Titeln drängt sich der Vergleich zu den Folk-Rock-Ikonen aus den 70ern auf. Songs wie das sehnsüchtig-düstere, mit romantischen Uhhhh-Chören verzierte "Tumble And Fall" und der kaum weniger mystische Folk-Rock von "Turn The Lights On" sind nach typischer "Rumours"-Manier (der Meilenstein von Fleetwood Mac) gestrickt. Noch mehr an die Helden vergangener Tage erinnern sie in "Things You Don't Think About" - ein wuchtiger, schleppender Beat, stramme Gitarrenriffs und diese Gänsehaut-Chorgesänge lassen an eine Neuauflage des Fleetwood-Mac-Klassikers "The Chain" denken. Ein extrem starker Auftritt!
Nicht der einzige der CD. Als Song-Volltreffer erweist sich auch das prächtig rockende "Faster Gun", mit seinen singenden Eagles-Gitarren. Auch die weiteren, in härterer Gangart angelegten Titel überzeugen. Allen voran, das Gitarren-Brett von "Save Your Sin". Nie zuvor hat man das Quartett so beherzt rocken gehört. Und nie zuvor so putzig im Reggae-Rhythmus auf Pop getrimmt, wie im Ohrwurm-Titelsong. Klarer Fall von Kommerziell, aber immerhin gut und mit Charme gemacht.
Dennoch sind es natürlich die leiseren, tiefer gehenden Songs, in denen das stimmkräftige Ensemble ihr Potential ausschöpft. Man nehme nur leise "Live Forever". Eine zum Weinen schöne Ode an das Leben und die Liebe. Mit der akustischen Zugabe "Silver And Gold" beschließen sie das Album mit einem weiteren Gesangs-Leckerbissen.
Fazit: Kommerziell - aber gut! Im 16. Bandjahr hat Little Big Town seine Erfolgsformel gefunden. Ein Album, das gleichermaßen dem aktuellen Nashville-Trend und den langjährigen Fans gerecht wird.
Label: Capitol Nashville (Universal) | VÖ: 24. Oktober 2014 |
Titelliste
01 | Quit Breaking Up With Me | 08 | Stay All Night |
02 | Day Drinking | 09 | Save Your Sin |
03 | Tumble And Fall | 10 | Live Forever |
04 | Pain Killer | 11 | Things You Don't Think About |
05 | Girl Crush | 12 | Turn The Lights On |
06 | Faster Gun | 13 | Silver And Gold |
07 | Good People |