Musikalisch waren die 70er für nicht wenige die goldene Ära. Die Eagles haben Country mit Folk und Rock vermählt, Fleetwood Mac gossen ihre eingängigen Melodien in unwiderstehliche Songs, Drum-Computer waren noch nicht erfunden; alles war neu und erlaubt, der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Kein Wunder, dass sich viele aktuelle Acts auch heute noch bei dieser Dekade bedienen und sich ihre Inspirationen holen. Auch Little Big Town, wie "The Breaker" belegt.
Little Big Town gelingt mit "The Breaker" ein Drahtseilakt
Natürlich gehen die Abba des Country bei dem von Jay Joyce produzierten Werk ihren eigenen Weg. "The Breaker" ist - trotz verschiedener Reminiszenzen - auch kein Retro-Album. Im Gegenteil. Jeder der zwölf, von einer illustren Songwriter-Schar komponierter Songs klingt modern und aktuell. Atmosphärisch aber packt das stimmgewaltige Quartett alles in ihre Musik, was den frühen Folk- und Country-Rock einst zum Glänzen brachte. Ein gelungener Drahtseilakt, der erneut den Ausnahmestatus des attraktiven Nashville-Vierers unterstreicht.
Der Autor dieser Zeilen wird, je öfter er "The Breaker" hört, den Eindruck nicht los, dass Little Big Town mit ihrem neuen Album an Fleetwood Macs epochalem "Rumours"-Album anknüpfen wollen. Diese Idee drängt sich schon nach wenigen Takten des Openers "Happy People" auf. Stimmen, Stimmung, Harmonieführung - alles lässt an "Dreams", "Never Going Back Again" oder an einen anderen legendären "Rumours"-Song denken.
Beim nachfolgenden "Night On Our Side" klingt die Band mit druckvollem Chorgesang und zupackendem Country-Pop/Rock indes zu Hundert Prozent nach Little Big Town. Aber: Auch dieser, von der Band mitkomponierte Track, weist eine derartig sonnige Leichtigkeit aus, wie man sie heute selten und früher so häufig vorfand.
Balladeske Töne dominieren "The Breaker"
Das gilt ohne Einschränkung auch für weitere Songs von "The Breaker". Für die melodiös ganz auf Gänsehaut frisierte Karen Fairchild-Ballade "Lost In California", für das ruhige Folk-Juwel "Free" und das von Phillip Sweet gesungene, mit lässiger Sunny-Boy-Attitüde vorgetragene "We Went to The Beach" und auch für das akustische, absolut minimalistisch inszenierte "Beat Up Bible".
Wer der Meinung ist, dass Little Big Town vor allem im Balladen-Fach überzeugen, wird an "The Breaker" seine Freude haben. Abgesehen vom infantil gut gelaunten und jederzeit partytauglichen "Drivin' Around" und dem nicht minder froh gestimmten "Rollin'" dominieren verhaltene, nicht selten in wehmütige Moll-Akkorde angelegte Töne.
Zwei schöne Balladen stammen dazu aus prominenter Feder: das wunderbare "Better Man" schrieb Taylor Swift, für den finalen Titelsong ist TJ Osborne von den Brothers Osborne verantwortlich. Beide Tracks fügen sich so selbstverständlich in das Gesamtkonzept der CD ein, wie die Subdominante auf die Tonika. So geht Hit.
Fazit: Inspiriert von Fleetwood Mac, den Eagles und den 70ern allgemein gelingt Little Big Town mit "The Breaker" - erneut - der große Wurf. Eine Meisterleistung.
Capitol Nashville (Universal) | VÖ: 24. Februar 2017 |
01 | Happy People |
02 | Night On Our Side |
03 | Lost In California |
04 | Free |
05 | Drivin' Around |
06 | We Went to The Beach |
07 | Better Man |
08 | Rollin' |
09 | Don't Die Young, Don't Get Old |
10 | Beat Up Bible |
11 | When Someone Stops Loving You |
12 | The Breaker |