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Laut Reisepass heißt auch Shooter mit Vornamen Waylon - nicht die einzige Gemeinsamkeit mit seinem großen Vater. Denn genauso wie das einstige Raubein Nashvilles fließt auch in Shooters Adern Rebell-Blut. Wen wundert's? Der Sohn von Waylon Jennings und Jessi Colter ist sozusagen on the road groß geworden: Der Nightliner war das Schlafzimmer, die Bühne der Spielplatz, Hotels waren sein Zuhause und Musikinstrumente seine Spielsachen. Mit fünf fing er mit Drums an, später kamen Klavier und Gitarre dazu. Die Musik ist ihm in die Wiege gelegt - bei kaum einem anderen hat der Spruch mehr Berechtigung als bei Shooter Jennings.
Nach einem ausgiebigen Flirt mir Rock 'n' Roll, einem langjährigen Aufenthalt in Los Angeles und mehreren, von der Kritik wohlwollend aufgenommenen CD-Veröffentlichungen präsentiert Shooter Jennings jetzt sein neuestes Werk: "Electric Rodeo" heißt der von Dave Cobb produzierte, im letzten Mai teils in Nashville, teils in Los Angeles aufgenommene Silberling. Ergebnis: Ein echter Knaller.
Gemeinsam mit Leroy Powell, Ted Russell Kamp und Bryan Keeling gräbt und sägt und werkelt und schreit sich der Jennings-Spross seinen ureigenen Sound zusammen. Mit Zutaten aus der Musikküche, die von Hillbilly bis Grunge, von Blues bis Country, von Gospel bis Southern Rock reichen.
Wie bunt der musikalische Kosmos von Shooter Jennings leuchtet, wird bereits im Titeltrack deutlich. Zu einem brettharten, an Led Zeppelins "Whole Lotta Love" erinnernden Riff gesellt sich eine Harp, zum wuchtigen Beat und zu den mit Inbrunst gesungenen Liedzeilen über das Leben auf der Straße mogeln sich leise und besinnliche Töne dazwischen. Ob das Country ist? Ja, auch ... Eindeutiger fällt schon der nächste Track aus: "Gone to Carolina" - die süffige Southern-Rock-Ballade lässt einfach zu sehr und zu schön an die lichtesten Momente von Lynyrd Skynyrd denken: hymnisch, kraftvoll, wehmütig und herrlich nostaglisch. Mit dem nachfolgenden "Some Rowdy Women" lupft Shooter Jennings den imaginären Hut vor den Rolling Stones. Wenn Mick & Co. zwischendrin mal nach Country ist, kommt ein Titel wie dieser hier heraus. Mit "The Song Is Still Slipping Away" machen Shooter & Kollegen noch einen weiteren Schritt in Richtung Tradition und Nostalgie. Bei dem wunderschönen Song mit Pedal Steel Guitar und Harp könnte man glatt an die Wiedergeburt von Gram Parsons denken.
Wer Shooter Jennings nach den ersten vier Titeln nicht so recht einordnen kann, wird dies erst recht nicht nach den nachfolgenden sieben Tracks. Auch thematisch schlägt der mit düsterer, magischer, hörbar whisky-geölter Stimme immer wieder Haken. Der Hangover-Country-Rock-Ballade "Hair of the Dog" folgen eine Ode an Kokain "Little White Lines" und ein Mississippi-Cajun-Feeling verbreitendes "Alligator Chomp (The Ballad of Dr. Martin Luther Frog, Jr. As Told By Tony Joe White)" (was für ein Titel ...). Bevor das Album mit dem munteren Gospel "It Ain't Easy" ausklingt, schlüpft Shooter Jennings noch schnell in ein Elvis-Kostüm ("Aviators") und in ein Holzfäller-Grunge-Hemd ("Bad Magick"). Das Erstaunliche: Er gibt dabei stets eine gute und glaubwürdige Figur ab. Waylon Jennings wäre stolz auf ihn gewesen.
Fazit: Ein wilder, verwegener und teils mit brachialer Härte vorgetragener Mix aus Rock, Blues, Gospel. Rhythm & Blues und Country von Waylon Jennings Sohnemann.
Label: Universal South (Helikon Harmonia Mundi) | VÖ: 21. Juli 2006 |
Titelliste
Links
01 | Electric Rodeo | 07 | Alligator Chomp (The Ballad of Dr. Martin Luther Frog, Jr.) |
02 | Gone to Carolina | 08 | Manifesto No. 2 |
03 | Some rowdy women | 09 | Aviators |
04 | The song is still slipping away | 10 | Bad Magick |
05 | Hair of the Dog | 11 | It ain't easy |
06 | Little white lines |