Musikalisch speist sich Red Rock von allen möglichen Stilrichtungen: vom Western Swing, Bluegrass, Rock, Folk, Blues und Americana. Wer wissen möchte, wie Red Dirt klingt, sollte mal bei Bob Childers, Jimmy LaFave oder - aus aktuellem Anlass - bei den Turnpike Troubadours reinhorchen.
Starkes Comeback nach kleiner Auszeit: die Turnpike Troubadours
Standesgemäß kommen auch die sechs Troubadoure aus Oklahoma, genau genommen aus der Weltmetropole Tahlequah. Seit 2007 ist die Band um Sänger und Songschreiber Evan Felker auf Achse, mit dem 2012 erschienenen Album "Goodbye Normal Street" landeten sie ihren ersten Charts-Treffer: Rang 14 in der Country-Bestenliste. Noch besser schnitten das nachfolgende, 2015 erschienene gleichnamige Album sowie "A Long Way from Your Heart aus dem Jahr 2017 ab - beide landeten auf Platz drei der Country-Charts, sowie jeweils in den Top-20 der Pop-Hitparade. Nicht schlecht, nicht schlecht... Trotzdem legten die Turnpike Troubadours erst mal eine Pause ein. 2019 war die Zukunft der Band sogar reichlich ungewiss - wie so vieles während der Pandemie natürlich auch. Ende 2021 aber verkündete der Roots-Sechser, dass sie wieder am Start sind. Eine Nachricht, die für Begeisterung in der Szene gesorgt hat.
Entsprechend freudig erwartet wurde da natürlich ihr, so könnte man sagen, Comeback-Album: Mit "A Cat in the Rain" betitelt, legen Felker, RC Edwards, Kyle Nix & Co. Songs in typischer Red Dirt-Manier vor. Größtenteils zumindest. Der Opener, das wunderbare "Mean Old Sun", fällt für diese Richtung schon fast zu gefühlvoll aus. Ein Titel, der auf einer in Moll gehaltenen Akkordfolge und einer absteigenden Banjo-Linie basiert und in dem Felker grüblerisch-düstere Zeilen singt, wie: "empty promises I've given, hollow heart beats in my chest..." Selbst der Refrain, bei dem einige Rock-Elemente für mehr Druck sorgen, bringt inhaltlich nicht die erhoffte Lösung: "the dawn is yet do dry the dew from my Sunday clothes, that mean old sun better rise up soon if it's ever gonna set on me". Oha. Das klingt nicht nach Frohsinn. Aber, wie es heißt, hatte Felker in den letzten Jahren auch ein Alkoholproblem. Nicht zuletzt sei das ein Grund für die Band-Pause gewesen.
Aber Probleme lassen sich für Musiker immer noch am besten durch Songwriting in den Griff bekommen. Wie es scheint, hat das auch beim Turnpike Troubadours-Sänger prächtig funktioniert. Eine gewisse Schwermut aber lässt sich im Verlauf der zehn Tracks von "A Cat in the Rain" nicht kaschieren. Warum auch? Die sanfte, meist in Moll angelegte Gangart führt ja häufig zu echten Song-Perlen. Auch auf dem neuen Troubadours-Werk. Eine davon heißt "Lucille" und hat freilich nichts mit dem Kenny Rogers-Klassiker zu tun. Diese Lucille des Oklahoma-Sextetts ist dafür viel zu wehmütig und sehnsüchtig: eine herrliche, sehr glaubwürdige Country-Ballade ohne großes Studio-Gedöns.
"A Cat in the Rain" - mit Shooter Jennings am Mischpult
Für letzteres ist Shooter Jennings verantwortlich. Der Sohnemann von Country-Legende Waylon Jennings und Jessi Colter mausert sich gerade zum Country-Produzenten der Stunde. Wo Shooter drauf steht, ist Qualität drin. Als alter Hase weiß er nun mal ganz genau, wie authentischer Country-Sound zu klingen hat. Das beweist er auch auf "A Cat in the Rain": Er findet das geeignete Arrangement für einen würzigen, zupackenden Country-Rocker ("Chipping Mill") und die geeigneten Zutaten für einen stimmungsvollen Country-Blues ("The Rut"). Zwei starke Songs. Am stärksten kommt der Bandsound aber zur Geltung, wenn die Turnpike Troubadours gefällige Folk-Elemente mit ins Spiel bringen. So wie bei "Brought Me" oder wie im Titeltrack. Oder wie im finalen, kompliziert betitelten "Won't You Give Me One More Chance". In diesem Song-Trio gelingt der Band perfekt die Vermählung von Country, Folk und Rock: sonnige Byrds-Melodien treffen da auf Fiddle und Pedal Steel und auf einen fordernden Groove. Sehr stark!
Natürlich haben die Routiniers aus dem "Sooner State" auch unverfälschten Folk im Repertoire. Das beweisen sie in dem Track "Three More Days", bei dem ein Akkordeon und eine Pedal Steel für zünftige Roots-Vibes sorgen. Wer auf Bob Dylan steht, wird diesen Titel lieben. Wer aber mehr im Zwölftakt-Schema des Blues' zu Hause ist, sollte "Black Sky" nicht verpassen: ein stampfender, träger, wuchtiger Blues, mit Mundharmonika, Chorgesang und an die frühen Stones erinnernder Lässigkeit. Ein Highlight der CD, klarer Fall!
Wer bei dem Album partout etwas Negatives anmerken möchte, könnte vielleicht den Gesangsvortrag von Evan Felker nennen. Er bleibt im Verlauf der CD vokal eher eindimensional und so manches Mal wünschte man ihm etwas mehr Feuer und Leidenschaft in den Stimmbändern.
Fazit: Grundsolider Red Dirt-Country von den Turnpike Troubadours. Mit "A Cat in the Rain" meldet sich die Country-Truppe aus Oklahoma überzeugend zurück.
Label: Bossier City / Thirty Tigers (Membran) | VÖ: 25. August 2023 |
Disk 1 | |
01 | Mean Old Sun |
02 | Brought Me |
03 | Lucille |
04 | Chipping Mill |
05 | The Rut |
06 | A Cat in the Rain |
07 | Black Sky |
08 | Easy Side Love Song (Bottoms Up) |
09 | Three More Days |
10 | Won't You Give Me One More Chance |