Neben der guten Küche und der Musik ist die Region auch für ihre geradezu legendäre Gastfreundschaft und ihren Familiensinn bekannt. Das zeigt sich jetzt auch in dem Konzeptalbum "Southern Family". Top-Produzent Dave Cobb hat die zwölf Tracks der CD grandios kompiliert und damit - das steht jetzt schon fest - eines der schönsten und stimmungsvollsten Alben des Jahres produziert. Auch weil Dave Cobb für das ehrgeizige Projekt eine genauso erstaunliche wie talentierte Gästeschar ins Studio holen konnte. Darunter finden sich Mainstream-Stars wie Zac Brown und Miranda Lambert sowie die Elite des Americana, allen voran Jason Isbell und John Paul White. Country-Überflieger Chris Stapleton - ebenfalls ein Dave Cobb-Klient - darf bei diesem Star-Reigen natürlich auch nicht fehlen.
"Southern Family" - Zwölf Mal Familiensinn vom Feinsten
Für den Auftakt auf "Southern Family" sorgen ruhige Folk-Klänge. "Simple Song" von John Paul White und "God Is a Working Man" von Jason Isbell präsentieren grandioses Storytelling. Ruhig, intensiv, sparsame Arrangements, Club-Atmosphäre. Wie Ernst es Dave Cobb mit dem Familiensinn ist, zeigt sich beim dritten Song - "Down Home", bei dem er seinen (natürlich nicht minder talentierten) Cousin Brent Cobb ranlässt. Der aus Georgia stammende Sänger und Songschreiber überzeugt mit einem gefühlvollen Folk-Gospel mit einem herrlichen Slide-Gitarren-Solo. Diesen Namen sollte man sich also schon mal notieren...
Miranda Lambert hat der Country-Freund natürlich längst auf dem Schirm. Warum das auch gut so ist, zeigt sie mit ihrem Track "Sweet By And By", bei dem die 31-Jährige wundervoll über ihre Eltern singt. Ein exzellenter Track, der sie aus dieser All-Star-Riege glatt um einen Tick herausragen lässt. Herausragend sein - das ist für den anschließenden Chris Stapleton mit Ehefrau Morgane momentan ohnehin Standard. Da macht die tolle Version des betagten Klassikers "You Are My Sunshine" freilich keine Ausnahme: Roots-Musik - zeitgemäß interpretiert. Gebt ihm den nächsten Grammy dafür...
Den würde sich aber auch Zac Brown für seine leidenschaftliche, berührende Ode an "Grandma's Garden" verdienen. Brown schmückt diesen Garten mit blumigen Harmonien, ruhigen Rhythmen, Geigen, Pedal Steel und sanfter Stimme aus, dass es einem glatt die Tränen in die Augen treibt. Selten war Zac Brown einem James Taylor näher als in diesem Song.
Dave Cobb bringt auf "Southern Family" alle an einen Tisch
Ganz so kuschelig interpretiert Outlaw Jamey Johnson seine Familiengeschichte natürlich nicht. "Mama's Table" hält ein rustikales Country/Americana-Menü bereit, das sich auf Moll-gefärbte Harmonien und akustische Instrumente fokussiert. Starker Song - bei dem man aber unweigerlich daran denken muss, dass hier einer - Jamey Johnson - dabei ist, seine einst so vielversprechende Karriere durch notorische Unproduktivität zu riskieren. Noch vor fünf Jahren hätte er die Karriere von Chris Stapleton machen können. Aber egal, bei diesem Familienfest haben Businesspläne ohnehin nichts verloren.
Doch gegen ein bisschen Unterricht ist nichts einzuwenden. Den erteilt uns mit "Learning" ausgerechnet der erst 28-jährige Anderson East aus Athens, Alabama. Die Lektion heißt, dass auch ruppiger Vintage-Soul zum Genre Americana gehört - und genau den serviert der bleiche Knabe mit einer an - doch, doch! - Wilson Pickett erinnernden Stimme. Unglaublich. Wir haben dazu gelernt.
Dieses durchgängig hohe Niveau der CD halten natürlich auch die restlichen Acts: Hank Williams' Enkelkind Holly Williams mit "Settle Down", die auf Patsy Cline-Pfaden wandelnde Brandy Clark ("I Cried") und natürlich auch der wilde Shooter Jennings mit dem gar nicht wilden, dafür umso gefälligeren "Can You Come Over?". Für den Rausschmeißer dieses gelungenen Familienfestes sorgt Black Crowes-Sänger Rich Robinson. "The Way Home" bietet stampfende, klatschende Roots-Musik reinsten Wassers. Es geht nach Hause, die Familie wartet schon.
Fazit: Produzent Dave Cobb hat zum Familienfest gebeten - und alle sind sie gekommen. "Southern Family" bietet ein Dutzend Tracks der Superlative.
Label: Elektra (Warner) | VÖ: 18. März 2016 |
01 | Simple Song (John Paul White) |
02 | God Is a Working Man (Jason Isbell) |
03 | Down Home (Brent Cobb) |
04 | Sweet By and By (Miranda Lambert) |
05 | You Are My Sunshine (Chris Stapleton & Morgane Stapleton) |
06 | Grandma's Garden (Zac Brown) |
07 | Mama's Table (Jamey Johnson) |
08 | Learning (Anderson East) |
09 | Settle Down (Holly Williams) |
10 | I Cried (Brandy Clark) |
11 | Can You Come Over? (Shooter Jennings) |
12 | The Way Home (Rich Robinson) |