Martina McBride - Live in Concert

Wer einen Blick ins Booklet wirft, wird allerdings gleich mal ein bisschen enttäuscht. Erstens: Mäßige Aufmachung. Sparsame vier Seiten spendiert die Plattenfirma als Begleitheft. Der zweite Kritikpunkt ist gewichtiger: Lediglich acht Titel finden sich auf der CD - die DVD ist mit 20 Songs dagegen ungleich besser bestückt. Dass hier an der CD so geknausert wurde, ist nicht so ganz nachvollziehbar. Aber bestimmt haben sich ein paar superhelle Marketing-Köfe was dabei überlegt und verkaufen das bestimmt als extrem raffinierten Schachzug. Von mir aus...Ich kann diese Mini-CD allerdings nicht so richtig ernst nehmen.

Was schade ist, denn die acht Songs haben es wirklich in sich. Aufgekratzt, mit Schwung, Witz und Elan macht sich die süße Martina da an einen kleinen Streifzug durch ihre knapp 20jährige Karriere. Sie zeigt, dass sie diese lange Zeit in diesem Haifisch-Business nicht nur ohne hörbare Blessuren überstanden hat, sie zeigt auch, dass sie- wie ein guter Wein- mit jedem Karrierejahr besser und besser geworden ist. "Happy Girl" klang nie besser, "Anyway" aus dem "Waking Up And Laughing"-Album bekommt live noch mehr Schmiss, die Ballade "From The Ashes" aus dem "Emotion"-Album kommt souverän und gefühlvoll und das unverzichtbare "Independence Day" - ihr von Gretchen Peters geschriebenes Frühwerk- kommt zupackend, dynamisch und, wie der Mucker so gerne sagt, "voll auf die Zwölf". Das gilt glatt noch mehr für "Hit Me With Your Best Show"- ein Rocker, im Original von Pat Benatar, mit soviel Wumms und Gitarrenpower ausgestattet, dass man schon fast von Hardrock sprechen kann. Ein furioses Finale der Mini-CD.

War die CD die Vorspeise, ist die DVD der Hauptgang. Und keine Frage, das 20 Titel starke Menü ist absolut sättigend. Das ruhig gefilmte Konzert in der ausverkauften Arena in Moline- rund 15.000 Zuschauer schätzungsweise- bietet echte Live-Atmosphäre. Ab den ersten Takten fällt auf: junge Band, ganz in Rock- und Pop-Outfit (kein Hutträger dabei); Martina McBride stiefelt in einem schwarzen, irgendwie gleichzeitig an Nena und Alice Cooper erinnernden Leder- , Umhang- und Nietengürtel-Outfit über die Bühne (Stylingberater: bitte melden!); und das Publikum könnte genauso gut bei einem Tokio-Hotel-Konzert jubeln - junges Volk, ab und zu macht man einen gesetzteren Herren mit Stetson ausfindig. Die Show, die Martina und ihre siebenköfige Band abziehen bietet großes Kino: Hier ein Steg in luftige Höhen, imposantes Licht, nicht selten bombastische Arrangements.

Nach einem sehr rockigen Auftakt mit u.a. "Anyway", "Wild Angels" und "My Baby Loves Me" läutet sie mit "Happy Girl" (als 7. Song des Sets) ein traditionelles Country-Ensemble ein. "(I Never Promised You A) Rose Garden", "You Ain't Woman Enough" und Kris Kristoffersons Hymne "Help Me Make It Through The Night" gehören dazu - und auch zu den Glanzlichtern der Show. Anschließend drehen Martina & Co. wieder tüchtig auf um mehr als passablen Country-Rock zu bieten. Ob sie allerdings mit ihrer Version des Journey-Klassikers "Don't Stop Believin'" gut beraten ist, wage ich zu bezweifeln. Nicht nur, dass sie bei dem 80ies-Knaller stimmlich in hörbare Turbulenzen gerät - der Classi-Rock-Song fällt auch musikalisch aus dem Rahmen. Das gilt zwar auch für das Finale "Over The Rainbow". Doch der nahezu in A-Capella-Version vorgetragene Oldie steht ihr deutlich besser zu Gesicht.

Fazit: Die DVD macht klar, dass Martin McBride in Amerika der Crossover-Erfolg von Rock, Country und Pop perfekt geglückt ist. Die DVD macht aber auch klar, dass es ihr- verglichen mit Shania Twain und Faith Hill- an Glamour und auch an tänzerischem Talente mangelt. Und: sie wirkt tatsächlich etwas nervös. Stimmlich ist die kleine Martina natürlich voll auf Augenhöhe. Wer weiß- vielleicht hätte man die CD in voller Länger und die DVD nur mit den Highlights ausstatten sollen?