Joe Nichols

Joe Nichols

2019 stand Joe Nichols bei der Country Night Gstaad auf der Bühne

Man könnte sagen, dass für Joe Nichols der Erfolg auf Umwegen kam - seinen ersten größeren Hit landete er schließlich erst sechs Jahre nach seinem ersten Plattenvertrag. Man könnte aber auch sagen, dass Nichols' Erfolg erst mit den richtigen, wegbereitenden Begegnungen in Schwung kommen konnte. Fest steht, dass sich Joe Nichols allen Herausforderungen und Misserfolgen zum Trotz in den vergangen zwei Jahrzehnten zu einer festen Größe in der Country Music etabliert hat.

Joe Nichols wurde am 26. November 1976 in der Kleinstadt Rogers, im US-Bundesstaat Arkansas, geboren und wuchs zusammen mit seinem älteren Bruder Michael Curtis Jr. und seinen zwei jüngeren Schwestern, Kelli Francis und Lacey Nichols, auf. Sein Vater Curtis stammte von den Cherokees ab, einem indigenen Volk in den südöstlichen Woodlands der Vereinigten Staaten, Nichols' Mutter von den Comanchen, einem Stamm der nordamerikanischen Indianer.

Joe Nichols kam schon sehr früh mit Rock und Country Music in Berührung, da sowohl sein Onkel als auch der Großvater begeisterte Freizeitmusiker waren. Sein Vater, der eigentlich als Trucker arbeitete, war leidenschaftlicher Bassgitarrist in einer lokalen Country-Band. Seine Musik-Kariere begann Nichols gegen Ende seiner Highschool-Zeit mit der "Rodeo Band", einer lokalen Rockband, die in High-School-Turnhallen und kleinen Clubs spielte. Um nebenher aber regelmäßig Geld zu verdienen, arbeitete Nichols als Country-Discjockey - und tagsüber als Automechaniker.

"Joe Nichols" (1996)

Im Alter von 19 Jahren hatte Joe Nichols während eines Auftritts eine zufällige, aber umso wegweisende Begegnung mit dem Nashville-Produzenten Randy Edwards, der offenbar schnell Nichols' Talent entdeckte und ihn unter seine Fittiche nahm. Edwards ließ den jungen Musiker fortan nicht nur regelmäßig auftreten, sondern brachte ihn vor allem dazu, an seinen Fähigkeiten als Sänger und Songschreiber zu arbeiten, was sich tatsächlich ziemlich schnell auszahlte. Bereits im Alter von 19 Jahren erhielt Nichols seinen ersten Plattenvertrag bei dem unabhängigen Label Intersound Records, einem aufstrebenden Indie-Label in Nashville. Dort veröffentlichte er 1996 sein gleichnamiges, von Edwards produziertes Debüt-Album "Joe Nichols". Trotz des kleinen Erfolgs der Vorabsingle "Six of One, Half a Dozen of the Other", die in Kanada Platz 74 der RPM-Country-Charts erreichte, verkaufte sich das Album nur mäßig - und Nichols wurde von Intersound fallen gelassen. Wenig später ging das Label in Konkurs. Immerhin wurde aber Warner Brothers auf Nichols aufmerksam und nahm ihn unter Vertrag, allerdings nur kurzzeitig und ohne dass Singles oder Alben veröffentlicht wurden.

Nichols ließ sich nicht von seinen ersten, eher mäßig erfolgreichen Ausflügen ins Musikbusiness beirren und zog nach Nashville. Neben Auftritten und kleinen Gigs nahm Nichols dort viele Jobs an, um sich über Wasser halten zu können. Er schleppte und baute Möbel zusammen, installierte Kabelfernsehsysteme und verkaufte eine Zeit lang auch Steaks von Tür zu Tür.

Eine weitere wichtige und wegbereitende Begegnung war in dieser Zeit mit dem Studio-Gitarristen Brent Rowan. Durch ihn fand Nichols bald Anschluss an die Szene und hatte regelmäßig Auftritte in der Grand Ole Opry. Seit 1925 übertrug die Show jede Woche Country Music Konzerte aus Nashville und förderte vor allem auch junge, noch unbekannte Talente. Hank Williams oder auch Bill Monroe beispielsweise wurden durch ihre Auftritte in der Grand Ole Opry bekannt.

"Man With a Memory" (2002)

Die Zusammenarbeit mit Brent Rowan ging über die Jahre weiter: 2000 entstand eine Songwriting-Partnerschaft zwischen Joe Nichols und dem Sessions-Gitarristen - und zwei Jahre später nahm ihn Universal South unter Vertrag. Nichols' erstes Album, "Man With a Memory", produziert von Brent Rowan, erschien 2002. Die daraus ausgekoppelte Leadsingle, die Ballade "The Impossible", kletterte in den Country-Charts bis auf Platz 3 und konnte sich sogar in den Top 30 der Pop-Charts platzieren.

Das Album erhielt später sogar Platin und Joe Nichols wurde 2002 von der Academy of Country Music Awards (ACM) zum Sänger des Jahres gekürt. Ein Jahr später folgte der Horizon Award von der Country Music Association (CMA). Anfang 2003 wurde "Brokenheartsville", eine weitere Single aus "Man With a Memory", Nichols' erste Nummer 1 in den Country-Charts und verhalf auch dem Album zu einer Top-Ten-Platzierung.

Die Freude über den großen Erfolg, der lange hatte auf sich warten lassen, blieb dennoch getrübt, denn kurz vor Veröffentlichung des Albums starb Nichols' Vater an Lungenfibrose. Der Tod des Vaters traf Nichols hart und er versuchte lange Zeit, seine Trauer mit Drogen und Alkohol erträglicher zu machen - was letztendlich zu einer jahrelangen Sucht führte.

"Six of One, Half Dozen of the Other" (2003)

Aufgrund des großen Erfolgs des Albums "Man With a Memory" wurde Nichols' erstes Album, "Six of One, Half Dozen of the Other" wiederveröffentlicht. Und dann ging es Schlag auf Schlag für den damals 27-Jährigen: Nachdem er von der ACM zum Top New Male Vocalist gekürt wurde, sammelte er drei Grammy-Nominierungen ein. Billboard verkündete außerdem, dass "The Impossible" aus dem Album "Man With a Memory" zu den zehn Songs gehöre, die 2003 im Country-Radio die meisten Airplays erhalten hatten. Die Single schaffte es sogar bis auf Platz 3 der Billboard Country Charts.

Im August 2003 tourten Nichols und seine Band mit Country-Größe Alan Jackson, während die neue Single "She Only Smokes When She Drinks", ebenfalls aus dem Album "Man With a Memory", genauso erfolgreich wurde wie ihre Vorgängerin "The Impossible".

"Revelation" (2004)

"Revelation", also Aufdeckung, Enthüllung oder Offenbarung, beschrieb den Charakter des 2004 veröffentlichten Albums perfekt. Die insgesamt 11 Tracks erzählten ihre eigene, persönliche Geschichte und machten dadurch jeden einzelnen Titel einzigartig. Überhaupt hob sich das Album durch die ehrlichen und im traditionellen Stil angelegten Songs insgesamt von anderen Country-Music-Produktionen ab: Statt Pop-Country bot es eine vielfältige Mischung aus teilweise nachdenklichen Songs, die zum Träumen verleiteten, aber auch flotten Tracks, die einfach Spaß und gute Laune brachten. Das Album landete zu Recht auf Platz 3 der US-Country-Charts.

"III" (2005)

Auch das folgende Album "III", das nur ein Jahr später erschien, konnte nahtlos am Erfolg seines Vorgängers anknüpfen, diesen sogar übertreffen. "III" landete auf Platz 2 der US-Country-Charts und erreichte Goldstatus. Die Singleauskopplung "Tequila Makes Her Clothes Fall Off" wurde Nichols' zweite Country-Nummer-Eins und ebenfalls mit Gold ausgezeichnet.

Privat hingegen brachte das Jahr große Herausforderungen für den Musiker mit sich. So musste Nichols Anfang 2005 einen Therapeuten aufsuchen und sich in Behandlung begeben, nachdem er in Steamboat Springs, einer Stadt in Colorado, im Rausch von Amphetaminen und Alkohol eine Szene verursacht hatte. Seit dem Tod des Vaters 2002 hatte der Musiker mit seiner Sucht zu kämpfen. Oktober 2007 wurde Nichols schließlich in ein Rehabilitationsprogramm für Drogenmissbrauch eingewiesen.

"Real Things" (2007)

Seine privaten Probleme rund um seine Drogen- und Alkoholsucht thematisierte Nichols in einigen Songs auf seinem 2007 erschienenen Album "Real Things", vor allem mit den Titeln "Let's Get Drunk And Fight" und "My Whiskey Years". Doch egal ob ruhige, nachdenkliche Balladen oder vermeintlich sorglose Drinking-Songs, der Sänger setzte jedes Mal perfekt seine Bariton-Stimme in Szene und konnte bei "The Difference Is Night And Day" auch sein Talent als Komponist unter Beweis stellen. Besonders erfolgreich waren die Songs "Another Side of You" und "It Ain't No Crime", die in den US Billboard Hot Country Songs auf Platz 17 und 16 landeten. Das Album selbst erreichte sogar Platz 2 der US Billboard Top Country Albums.

Im September desselben Jahres heiratete Nichols seine langjährige Freundin Heather Singleton in Savannah, Georgia. Die beiden kannten sich, seit sie 18 Jahre alt waren. Nach einer Fehlgeburt im Jahr 2008, bekam das Paar 2012 ihr erstes Kind, eine Tochter namens Dylan River. Nichols hatte damals bereits eine weitere Tochter aus einer früheren Beziehung, die 1998 geboren worden war. 2014 wurde die zweite gemeinsame Tochter Georgia Blue geboren.

"Old Things New" (2009)

Das nächste Album "Old Things New" erschien bereits 2009, konnte aber nicht mehr ganz an die Erfolge der vorherigen Alben anknüpfen. Dennoch wurde der Titel "Gimmie That Girl" Nichols' dritter Country-Spitzenreiter und die zweite Single, die mit Gold ausgezeichnet wurde. Das Album mit verträumt-melancholischen Balladen, die eher traurige Geschichten erzählten, erreichte schließlich Platz 15 der US Billboard Top Country Albums.

2010 schlüpfte der Sänger wortwörtlich in eine andere Rolle und durfte am New Yorker Broadway die Hauptrolle in dem Musical "Pure Country" spielen. Als Dusty Wyatt Chandler stand der Country-Musiker seitdem regelmäßig auf der Broadway-Bühne.

"Greatest Hits" (2011)

Der mittlerweile 33-Jährige veröffentlichte 2011 sein "Greatest Hits"-Album. Das von Mark Wright, Buddy Cannon und Brent Rowan produzierte Album erreichte Platz 12 der US Billboard Top Country Albums. Zwar war es mit nur insgesamt zehn Tracks ein eher schmales Greatest Hits-Album, Nichols' Nummer-1-Hits "Gimmie That Girl", "Tequila Makes Her Clothes Fall" oder auch "Brokenheartsville" waren aber vertreten - und Qualität ist ja bekanntlich ohnehin wichtiger als Quantität.

"It's All Good" (2011)

Nur ein paar Monate nach seinem "Greatest Hits"-Album erschien "It's All Good" - passend zum Titel eine beschwingte Aufforderung zum unbeschwerten, sorglosen Leben. Nichols lieferte aber mit diesem positiven und lebensbejahenden Album keinesfalls ausschließlich Feel-Good-Tracks, sondern setzte wie bei vorherigen Alben auch wieder persönliche, autobiografische Akzente mit seinen Songs. So dankte er mit dem liebevoll-ruhigen "She's Just Like That" seiner Ehefrau, die Nichols auch in schweren Zeiten immer zur Seite gestanden war. "It's All Good" erreichte Platz 19 in den US Billboard Top Country Albums, die Single "Take It Off" landete auf Platz 25 der US Billboard Country Charts.

Das Album war Nichols' letzte Veröffentlichung bei ShowDog Universal (vormals Universal South), bevor der Musiker und das Label 2012 getrennte Wege gingen.

"Crickets" (2013)

2013 veröffentlichte Joe Nichols sein siebtes Album, diesmal beim Label Red Bow. Neuer Vertrag, neues Label, neues Leben - zumindest deutete "Crickets" die positive, fast schon euphorische Grundstimmung des Sängers an. Und das kam gut an: Die erste Single des Albums, "Sunny And 75", landete prompt auf Platz 12 in den Hot Country Charts. Mit seinem bisher rockigsten Album lieferte Nichols insgesamt 16 Songs mit einer gelungenen Mischung aus Country-Rock und Balladen. Die Singles "Sunny And 75" und "Yeah" waren besonders erfolgreich und erreichten beide Gold-Status.

Americana & Folk, Modern Country oder lieber doch Tradition & Roots - insgesamt 60 Tracks feinster Country Music bot eine im Jahr 2015 zusammengestellte und von Universal Music veröffentlichte Sammlung für jeden Geschmack die passende Richtung. "Various Artists - Sounds Like Nashville" war dabei mehr als eine prall gefüllte Dreier-CD-Box, das Album bot sowohl Kennern als auch Neueinsteigern eine außergewöhnliche musikalische Entdeckungsreise durch die ganz unterschiedlichen Stile, Zeiten und Künstler der Nashville-Szene. Neben Alan Jackson, Lee Ann Womack oder auch Willie Nelson war Joe Nichols mit seiner Single "Gimmie That Girl" auf der Tradition & Roots-CD vertreten.

"Never Gets Old" (2017)

"Never Gets Old", das neunte Studioalbum des inzwischen 41-jährigen Joe Nichols, wurde 2017 erneut bei Red Bow Records veröffentlicht. Das Album enthielt eine Neuauflage des Songs "Billy Graham's Bible", der bereits auf dem Album "Crickets" erschienen war. Von den Kritikern wurden vor allem die modernen Einflüsse des Albums und Nichols' leichte Hand bei den Songs gelobt. "Never Gets Old" fühlte sich vertraut traditionell und gleichermaßen frisch und neu an. So überraschte der Musiker mit dem Track "Baby Got Back", indem er seine Komfortzone verließ und aus dem ehemaligen Nummer-1-Hit eine Country-Version samt Intro des Comedians Darren Knight zauberte. Joe Nichols sagte später, "Never Gets Old" sei ein sehr persönliches Album geworden, das zurück zu seinen Wurzeln führen sollte. Vier Jahre lang habe man intensiv daran gearbeitet, Vocals und Instrumente so zu perfektionieren, um zu einem ursprünglichen und traditionellen Sound zurückkehren zu können. Das Album erreichte schließlich Platz 15 in den US Billboard Top Country Album Charts und sogar Platz 6 in den US Independent Album Charts.

Joe Nichols meldete sich Ende April 2021 mit seiner neuen Single "Home Run" zurück, die vorab digital zu hören war und nach eigenen Aussagen eine neue Ära klassisch geprägter Country Music einläuten sollte. "Home Run" stammte aus der Feder der preisgekrönten Songwriter Ashley Gorley, Dallas Davidson und Ross Copperman. Laut eigener Aussage wollte Nichols mit seinem Song ausdrücken, man solle immer wieder mal zu seinen Wurzeln zurückkehren. Es sei gut zu wissen, wie sich Heimat anfühle.

"Home Run" war Nichols' erste neue Veröffentlichung seit "Never Gets Old" und sollte gleichzeitig das neue Album im Jahr 2022 ankündigen. "Good Day For Living", Nichols' erstes Album bei Quartz Hill Records, entstand in Zusammenarbeit mit den renommierten Musikproduzenten Mickey Jack Cones und Derek George, die bereits Nichols' Album "Crickets" produziert hatten. Zum ersten Mal seit langer Zeit, so Nichols, fühlte der Musiker keinen Druck während den Aufnahmen zum neuen Album. Und obwohl er ein Mensch sei, der immer nach mehr strebe, habe er einen Punkt erreicht, an dem er für alles dankbar sei, was er bisher erreicht habe,

Cover Jahr Album Anmerkung
CD Cover 2022 Good Day For Living (Red Bow)  CD-Besprechung
CD Cover 2017 Never Gets Old (Red Bow)  
CD Cover 2013 Crickets (Red Bow) CD-Besprechung
CD Cover 2011 It's All Good (Show Dog / Universal) CD-Besprechung
CD Cover 2011 Greatest Hits (Show Dog / Universal) CD-Besprechung
 2009 Old Things New (Show Dog / Universal)  
 2007 Real Things (Universal South) CD-Besprechung
 2005 III (Universal South) (USA)
2004 Revelation (Universal South) CD-Besprechung
2002 Man with a Memory (Universal South) (USA)
1996 Six of one, Half Dozen of the Other (Intersound)  
1996 Joe Nichols (Intersound)  
Jahr Rolle Film/Serie
2022 Colin Hodge Murder at Yellowstone City
vgw