Johnny Cash - The Best of Johnny Cash TV Show

Selten war der Graben zwischen konservativen und liberalen Kräften in den USA so tief wie zu der Zeit, als Johnny Cash mit seiner TV Show über den Äther ging und damit Fernsehgeschichte schrieb - nicht zuletzt weil er es schaffte eine Brücke zu schlagen zwischen den verfeindeten Parteien. So holte Johnny Cash gleich zu seiner ersten Show seinen Freund Bob Dylan, Schutzheiligen und Sprachrohr der politischen Linken auf die Bühne und sang mit ihm gemeinsam. Dabei lies sich Cash nie politisch instrumentalisieren, denn ihm ging es um die Musik und um die gemeinsamen Wurzeln, die sowohl Hippie- und Gegenkultur als auch konservativer Nashville-Country haben: Folk und Blues. Die Musik des kleinen Mannes also und auf dessen Seite war Johnny Cash, wie wir alle wissen, immer. Auf Seiten der Land- und Fabrik-Arbeiter und der Soldaten in Vietnam, auf Seiten der Afroamerikaner und der amerikanischen Ureinwohner und auf Seiten der US-Gefängnis-Insassen.

Doch nicht nur dieser soziale Aspekt, eine Selbstverständlichkeit für den gläubigen Christen Cash, nahm bei seiner Show einen hohen Stellenwert ein. Er wollte zeigen, wo die Musik, sei es nun Country, Rock 'n' Roll oder Pop herkommt und wohin sie sich entwickeln kann. Ob Cash nun mit Bob Dylan sang oder mit Louis Armstrong, mit George Jones oder den Everly Brothers, mit Joni Mitchell oder Loretta Lynn, mit Ray Charles oder Eric Clapton, immer bewies er, dass man die verschiedensten Genres der nordamerikanischen Musik nicht isoliert sehen kann und darf. Neben der hochkarätigen Gästeliste durfte bei der Show natürlich auch die Alte Cash-Garde nicht fehlen: Die Tennessee Three, die Carter Family, die Statler Brothers und Carl Perkins waren Hauptbestandteil der Show. Wichtigen Anteil daran hatte auch Bill Walker, der musikalische Leiter der Show. Er dirigierte ein großes Orchester, das die Performances mit wunderbaren Arrangements veredelte - aber nur wenn nötig. Denn oft saß Cash mit seinen Gästen nur mit der Gitarre auf einem Bänkchen und sang mit ihnen ganz intim zu zweit. Wie mit Louis Armstrong mit dem er eine einmalige Darbietung des Jimmie-Rodgers-Klassikers "Blue Yodel #9" zum Besten gab. Ein historisches Dokument zum Heulen schön.

Doch nicht nur altehrwürdigen Musiker-Legenden räumteer Platz in seiner Show ein, Cash war ein Talentscout sondergleichen. Linda Ronstadt, blutjung und wunderhübsch, lieferte ihren ersten TV-Auftritt bei Cash ab, ebenso wie James Taylor oder Joni Mitchell.

Die Show wurde live gesendet und so manches Mal gab es kleine musikalische Abstimmungsschwierigkeiten, die Cash und seine Gäste aber immer gekonnt umschifften, Profis wie sie alle waren. Man möchte sich gar nicht vorstellen, wie sich heutige Bands in diesem Live-Setup präsentieren würden. Das Live-Ambiente nutzteer auch oftmals um die Senderverantwortlichen von ABC auf die Palme zu bringen. So weigerte sich Cash das Wort "stoned" aus Kris Kristoffersons "Sunday Morning Coming Down" wegzulassen. Cash ließ sich von Verboten nicht beirren, machte was er wollte und schrieb Fernsehgeschichte.

Auf der doppelten Deluxe-Ausgabe finden sich auf zwei DVDs 66 exzellente Darbietungen mit Cash-Solo-Performances, unzählige Duette und Einzeldarbietungen verschiedenster Künstler - viele davon absolute Raritäten. Umschlossen werden die Darbietungen von einer Dokumentation, bei der John Carter Cash, Tennessee-Three-Basser Marshall Grant, Hank Williams, Jr. und der musikalische Leiter Bill Walker zu Wort kommen und einen Einblick hinter die Kulissen der Johnny Cash Show bieten.

Fazit: Besser geht's nicht. Viereinhalb Stunden Cash, hervorragende Gäste, Witzchen, tiefgehende Hintergrundinfos. Eine bunte abwechslungsreiche History-Lesson nicht nur in Sachen Country. Kaufbefehl!