Na ja, eigentlich nicht. Zumal sich bei so einem ambitionierten Werk die Größen der Szene nicht bitten lassen. Andererseits sind es, was nicht überraschend ist, die üblichen Verdächtigen: Giilian Welch, David Rawlings, Norman Blake, Steve Earle und die gute Emmylou Harris und der nicht minder gute Kris Kristofferson dürfen da natürlich nicht fehlen. Das heißt: Eine echte musikalische Überraschung ist da kaum zu erwarten.
Aber das muss auch nicht sein. Immerhin sind die gefühlvollen Interpretationen der ohnehin emotional aufgeladenen Titel nicht nur gut, sie sind schön und mitunter auch zu Herzen gehend. Das gilt beispielsweise für das von Emmylou Harris gesungenem "Apache Tears", das Johnny Cash einst so kunst- und liebevoll entwarf. Der Song ist so etwas wie das akustische Signet der CD. Deshalb machen sich - einige Titel später - Gillian Welch und David Rawlings auch daran, diesem Track weitere neue Facetten abzugewinnen. Mit Erfolg! Gemeinsam mit dem so leise wie eine Schneeflocke wirbelnden Drummer Jay Bellerose und Greg Leisz am, ja, das Instrument gibt es, Weissenborn, summen sie eine wunderprächtige Reprise-Fassung.
Hemdsärmeliger geht es da schon bei "Custer" zu. Dafür sorgt schon alleine Raubein Steve Earle, der hier die E-Gitarre mit der urigen Mandoline vertauscht und dabei zu Höchstform aufläuft. Wer ihn so singen, betonen, raunzen und phrasieren hört, fühlt sich unweigerlich an den großen Johnny Cash erinnert. Auch wenn Steve Earle das bestimmt nicht beabsichtigt hat.
Rustikal und zupackend fällt auch das von Johnny Horton geschriebene "The Vanishing Race" aus: wuchtiger Beat, perlende Gitarren- und Klavierlinien und vor allem Rhiannon Giddens, die in den aufwühlenden Text alles was sie hat an Gefühl und Message legt. Das ist viel. Vielleicht sogar um einen Tick zu viel. Denn der Track fällt schon sehr salbungsvoll aus.
Das gilt zu einem gewissen Teil auch für "The Talking Leaves", ebenfalls ein Cash-Original. Nancy Blake gibt hier mehr die Erzählerin, sie rezitiert die (freilich schönen) Zeilen - und erinnert damit im Verbund mit der unterlegten, gemütlichen Musik, an eine Adventsgeschichte. Johnny wäre damit sicher nicht ganz einverstanden...
Umso mehr aber natürlich mit "The Ballad of Ira Hayes". Schon alleine, weil sein alter Buddy und Highwaymen-Kumpel Kris Kristofferson hier den Geschichtenerzähler gibt. Mit seiner Wind- und Wetter-Stimme sorgt er ab dem ersten Ton für authentisches, dennoch kitschfreies Country-Feeling.
Fazit: Okay, ein schönes Album. Was aber noch mehr hängen bleibt: Das Bewusstsein und der Gerechtigkeitssinn von Johnny Cash, der schon 1964 auf das dunkle Kapitel der amerikanischen Geschichte aufmerksam gemacht hat.
Label: Masterworks (Sony) | VÖ: 22. August 2014 |
Titelliste
01 | As Long as the Grass Shall Grow (Gillian Welch und David Rawlings) | 07 | Apache Tears (Reprise) (Gillian Welch und David Rawlings) |
02 | Apache Tears (Emmylou Harris und The Milk Carton Kids) | 08 | White Girl (The Milk Carton Kids) |
03 | Custer (Steve Earle und The Milk Carton Kids) | 09 | The Vanishing Race (Rhiannon Giddens, Gillian Welch und David Rawlings) |
04 | The Talking Leaves Nancy Blake (Emmylou Harris, Gillian Welch und David Rawlings) | 10 | As Long as the Grass Shall Grow (Reprise) (Gillian Welch, David Rawlings und Nancy Blake) |
05 | The Ballad of Ira Hayes (Kris Kristofferson, Gillian Welch und David Rawlings) | 11 | Look Again to the Wind (Bill Miller) |
06 | Drums (Norman Blake, Gillian Welch, David Rawlings, Nancy Blake und Emmylou Harris) |