Harte Schale und weicher Kern
Auf dem Cover gibt der aus Louisiana stammende Sänger, Gitarrist und Songschreiber den introvertierten Rebell: nachdenkliche Pose, lange Haare, Hut, schwere Halskette. Kein Wunder, denn Trace Adkins hat vermutlich tatsächlich so einiges erlebt, über das sich trefflich sinnieren lässt. Nicht nur, dass der ehemalige Footballspieler bei einem Arbeitsunfall als Ölbohrer einen Finger verlor - der bullige Sänger mit der nicht minder beeindruckenden Stimme hat in den letzten Jahren auch so manches einstecken müssen: Keile bei verschiedenen Bar-Schlägereien aber auch zwei Kugeln in Herz und Lunge, abgefeuert von seiner zweiten Ex-Frau. Klarer Fall: Ein echter Cowboy von Schrot und Korn ...
Die verschiedenen Facetten eines echten Westmannes reitet der 45-jährige Sänger auch bei seinem neuen Album ab: die harte Schale genauso wie den weichen Kern. Aber auch den geläuterten Flegel und den Bewahrer der wertkonservativen Tugenden hält der Mann bei seinem von Frank Rogers produzierten Werk parat. Doch egal ob hart, soft oder spirituell - man kauft ihm jede Rolle gerne ab. Authentizität ist vermutlich auch das Geheimnis seines, in den letzten Jahren wirklich immensen Erfolges. So könnte es gut sein, dass er mit "X" an den mehrfach Platin dekorierten, 2005 erschienenen Seelenstriptease von "Songs about Me" anknüpft.
Zumal ihm erneut ein in sich geschlossenes Werk gelingt. Der berühmte Rote Faden zieht sich vom ersten Titel - dem hart aber herzlich rockenden "Sweet" - bis zum letzten Song: dem grandiosen Countryrocker "Muddy Water". Dazwischen: jede Menge Country, Blues, Rock, Herzblut und Hingabe. Trace Adkins ist ein Mann der Extreme. Ein Mensch, der nur ganz dunkel oder ganz hell kennt, nicht aber die Grautöne. Für einen Musiker ist das ein klarer Vorteil. Denn lauwarmes Wischi-Waschi kommt für einen wie ihn nicht in Frage.
Vielschichtiges Werk, das seine Wuzeln nicht verleugnet
Dennoch hält das Album den einen oder anderen Titel parat, der einfach nur okay ist. "Better than I Thought it'd Be" ist so ein Fall. Ein solider Song, der genauso an ZZ Top wie an Alan Jackson erinnert. Oder "I Can't Outrun You", in dem es zwar um die Beziehung zu einer Frau geht - die aber so pathetisch-hymnisch und salbungsvoll arrangiert und vorgetragen daher kommt, dass man sich glatt an ein Kirchenlied erinnert fühlt. Davon, dass Adkins zumindest streckenweise wieder auf den Pfad der Tugend wandelt, kündet auch "'Til the Last Shot's Fired". Ein echter Anti-Kriegssong, der gegen Ende nun wirklich zum Kirchenlied wird - braver, vielstimmiger Chor inklusive.
Die Highlights der CD setzt aber der wilde und ungestüme Trace Adkins. Eines davon heißt "Hauling One Thing" und bietet neben einem flotten 2/4-Groove und bluesigen Gitarrenriffs eine exzellent eingängige Melodie. Ein anderes Glanzlicht lebt ebenso vom Bluesrock und von der Energie des großartigen Interpreten: "Hillbilly Rich". In der David Lee/David Frasier/Johnny Park-Komposition geht fulminant die Post ab - auch ein Verdienst von Drummer Shannon Forrest, der hier solistische Freiräume virtuos zu nutzen weiß.
Natürlich vergisst ein Typ wie Trace Adkins niemals seine Roots. In "Let's Do that Again" und dem im 6/8-Takt gehaltenen, vermutlich biografisch gemeinten "Sometimes a Man Takes a Drink" betreibt er herzerfrischende Wurzel-Pflege.
Fazit: Großer Kerl, große Stimme, großes Album - Trace Adkins legt erneut ein vielschichtiges, dennoch in sich geschlossenes Werk vor.
Label: Capitol Nashville (in Deutschland nicht erschienen) | VÖ: 24.November 2008 |
01 | Sweet |
02 | Happy To Be Here |
03 | All I Ask For Anymore |
04 | Let's Do That Thing |
05 | Hauling One Thing |
06 | Better Than I Thought It'd Be |
07 | Marry For Money |
08 | Til the Last Shot's Fired |
09 | I Can't Outrun You |
10 | Hillbilly Rich |
11 | Sometimes a Man Takes a Drink |
12 | Muddy Water |