"Convoy" mit Kris Kristofferson in der Hauptrolle
Dass ein Country-Song die Inspirationsquelle für einen kompletten Kinofilm ist, passiert nicht alle Tage. Zwischen 1975 und 1976 erreichte C.W. McCall mit der Single-Auskoppelung "Convoy" aus seinem Album "Black Bear Road" in den USA sofort die Spitze der Country-Charts und der Billboard Hot 100. Besonders bei Truckern mit CB-Funkausrüstung kam die Ballade über einen Aufruhr unter ihresgleichen so gut an, dass Bill Norton ein Drehbuch verfasste, auf das man in Hollywood sofort ansprang.
Als sich dann auch noch Filmlegende Sam Peckinpah (†59) für die Regie verpflichten ließ, nahm McCall eine weitere Version seines Erfolg-Songs mit einem veränderten Text auf, der sich nun mehr nach der von Kris Kristofferson gespielten Hauptfigur Rubber Duck richtete. 1978 für 12 Millionen Dollar gedreht, mauserte sich "Convoy" zu einem Welterfolg. Allein in Deutschland strömten drei Millionen Zuschauer in die Kinos, was "Convoy" die Goldene Leinwand einbrachte.
Auf dem Highway ist die Hölle los
Ein kurzer Flirt aus dem Cockpit seines Trucks und schon ist es geschehen: Martin (Kris Kristofferson), den alle wegen seiner metallenen Ente auf dem Kühler nur "Rubber Duck" nennen, kollidiert in Arizona fast mit einem Streifenwagen, kann sich aber noch aus der Affäre ziehen, indem er behauptet, die hübsche Fahrerin aus dem Jaguar hätte Schuld gehabt. Sie trug keinen Slip, und davon will sich der Ordnungshüter natürlich selbst überzeugen und flitzt ihr hinterher.
Weniger Glück hat Rubber Duck später bei Sheriff Lyle Wallace (Ernest Borgnine), der ihm und zwei seiner Kollegen eine Radarfalle gestellt hat und nun zur Kasse bittet. Rubber Duck und Wallace kennen sich von früher, haben aber nichts füreinander übrig. Als die drei Fernfahrer im nächsten Truck-Stop eine Pause einlegen, trifft Rubber die Frau wieder, mit der er gerade noch geflirtet hatte: Melissa (Ali McGraw). Wenig später schneit der Sheriff herein und fängt erneut an zu stänkern. Die Situation eskaliert, es kommt zur Schlägerei und am Ende können Spider Mike (Franklyn Ajaye), Love Machine (Burt Young) und Rubber Duck nur noch abhauen.
Nicht ohne Melissa, die sich zu Rubber Duck anscheinend hingezogen fühlt. Der gepeinigte Sheriff nimmt sofort die Verfolgung auf, lässt überall Polizeisperren aufstellen, was die tonnenschweren Laster aber nichts anhaben kann. Der Aufstand gegen polizeiliche Willkür bringt den Jungs sogar Sympathien in der Bevölkerung ein, immer mehr Trucker schließen sich ihrem Convoy an. Sie wollen über die Grenze nach Mexiko, aber Wallace lässt nicht locker und schreckt auch vor dem Einsatz des Militärs nicht zurück…
Alles, worauf große Jungs stehen
Auch nach über 40 Jahren sorgt dieses Roadmovie für eine ausgelassene Stimmung. Dabei schafft es Sam Peckinpah, der vor allem durch Western wie "The Wild Bunch - Sie kannten kein Gesetz" (1969) oder "Pat Garrett jagd Billy the Kid" (1973) berühmt wurde, seine Protagonisten nie der Lächerlichkeit preiszugeben. Der Grundton des Films bleibt also ernst, erst recht, wenn mehr als einmal das Thema Rassismus auf den Tisch kommt. Amüsant sind in erster Linie die absurden Lagen, in die sich die Trucker in mehr hineinmanövrieren, weil ihnen einfach kein anderer Ausweg mehr bleibt. Provoziert von einem korrupten Sheriff, sind sie straffällig geworden, und nun bleibt ihnen nur die Flucht nach vorn.
Ein narratives Grundmuster wie man es aus vielen Western kennt, weshalb "Convoy" durchaus als modernes Räuber-und-Gendarm-Spiel im Wild-West-Gewand gesehen werden kann. Aus Cowboys sind Trucker geworden, Schlägereien finden nicht mehr im Saloon statt, sondern in einem Truck-Stop wird alles kurz- und kleingehauen. Verfolgungsjagden gibt es nicht mehr zu Pferd, sondern Fahrzeuge jeglicher Größe kommen zum Einsatz, bis oftmals nur noch Schrott übrigbleibt. Wenn dann auch noch Kerle vor einer attraktiven Frau (Ali McGraw galt damals als Schönheitsideal) coole Sprüche ablassen dürfen, weiß man, hier steckt alles drin, worauf große Jungs stehen - damals wie heute, auch wenn vieles inzwischen nicht mehr ganz der "Politcal Correctness" entspricht.
Der Soundtrack von "Convoy" verkaufte sich über drei Millionen Mal
Der heute 91-jährige C.W. McCall erreichte mit "Convoy" den Höhepunkt seiner Karriere. Kein Song brachte ihm mehr Ruhm ein. Der zweiterfolgreichste Hit, der im Film angespielt wird, stammt jedoch von dem am 20. März 2020 verstorbenen Kenny Rogers: "Lucille", ein Ohrwurm, mit dem er nicht nur die Country-Charts erstürmte. Ebenso auf den drei Millionen Mal verkauften "Convoy"-Soundtrack vertreten ist Glen Campbell (†81) mit "Southern Nights", der zuvor schon John Wayne als "Der Marshall" besungen hatte. Crystal Gale nimmt mit ihrem Song "Don't It Make My Brown Eyes Blue" die Romanze zwischen Ali McGraw (braune Augen) und Kris Kristofferson (blaue Augen) ins Visier. Nur Kris Kristofferson, selbst Country-Sänger, bleibt in "Convoy" auffällig stumm. Nicht etwa, weil ihm die Schauspielerei damals vielleicht wichtiger erschien, sondern weil ursprünglich Steve McQueen die Hauptrolle spielen sollt. Aber der lehnte ab.
Fazit: Die Story bleibt übersichtlich, umso mehr treten die verblüffenden Stuntszenen in den Vordergrund. Das kann sich sehen lassen, und die Musik kann sich sogar mehr als hören lassen. Sie sorgt für das richtige Flair einer Actionkomödie zwischen harter Männerrealität und seichter Westernromantik.