Tom Petty: Heartbreakers Beach Party

Tom Petty: Heartbreakers Beach Party

"Tom Petty: Heartbreakers Beach Party" ist eine digital remasterte Dokumentaton von verlorenen 16-mm-Filmrollen, die den Albumzyklus "Long After Dark" von Tom Petty and the Heartbreakers von 1982 bis 1983 dokumentieren, einschließlich Filmmaterial, das ursprünglich 1983 auf MTV ausgestrahlt wurde.

 

"Tom Petty Heartbreakers Beach Party" - Dokumentation über eine US-Musiklegende

Kaum zu glauben, aber was wir dieser Tage auf der Streaming-Plattform Paramount+ zu sehen bekommen, entstand zum größten Teil schon 1983. Damals stand der Musiker Tom Petty (1950-2017) auf dem Höhepunkt seiner Karriere, Journalist und Filmemacher Cameron Crowe, der Regisseur späterer Kinoerfolge wie "Jerry Maguire - Spiel des Lebens" und "Almost Famous - Fast berühmt" noch am Anfang. Er interviewte den Sänger, begleitete ihn und seine Band während ihrer Tournee für ihr gerade fertiggestelltes Album "Long After Dark" und entriss Petty so manches Geheimnis.

Die beiden verstanden sich prächtig. Doch das dabei herausgekommene Porträt "Heartbreakers Beach Party" wurde auf MTV im Februar 1983 nur ein einziges Mal ausgestrahlt. Dem Musiksender war die einstündige Doku zu experimentell und sperrig. Aber wie das so ist: Alles, was in der Schublade landet, macht neugierig und löst Begehrlichkeit unter den Fans aus.

Cameron Crowe ist dem nun nachgekommen und präsentiert eine vollständig überarbeitete Version seines damaligen Films plus Bonusmaterial von über 20 Minuten mit Szenen aus verschollen geglaubten 16-mm-Rollen und einem aktuellem Interview mit Adria Petty, der Tochter von Tom Petty und ihm.

Auferstehung nach 42 Jahren

Schon die erste Szene zeigt, wohin die Reise geht. Bandmitglieder erlauben sich mit Tom Petty einen Scherz, klopfen an seiner Hoteltür: "Zimmerservice! Dürfen wir reinkommen?" Leises Gekicher. Hinter der Tür mehrmals ein leises Grummeln: "Haut ab!" Abblende. Denn danach rockt es sogleich gewaltig. Auf einer Bühne schmettern Tom Petty & the Heartbreakers den Song "Refugee". Schließlich stellt sich der 25-jährige Cameron Crowe selbst vor. Selbstironisch erzählt er, dass er seit zehn Jahren Musikreporter wäre und nun hätte er erstmals einen Film über eine seiner Lieblingsbands gedreht.

Im nächsten Moment sitzt er schon mit Tom Petty in einer Limousine. Der Star sagt, so hätte er es am liebsten, sich ziellos durch Los Angeles schaukeln zu lassen. In diesem Rhythmus geht es weiter: Alltagssituation der Band, Darbietung eines Songs, Gespräch. Immer dominiert dabei die gute Laune, spitzbübische Albernheiten wechseln mit coolen Musiknummern.

Ihre Tournee führt die Band auch nach Deutschland. Hier besonders amüsant: Sie finden ihre Garderobe nicht mehr, verirren sich im Labyrinth der Gänge und landen in einer Indoor-Sporthalle. Die Jungs nehmen's locker und werden auf den richtigen Pfad geleitet. Das ursprüngliche MTV-Porträt endet mit einem Abspann. Aber halt, es geht weiter. Bonusmaterial wie auf einer DVD oder Blu-ray hinter dem Hauptfilm einfach angeklebt. Der heute 67-jährigen Crowe zeigt sich, im Schlepptau Pettys Tochter Adria. Sie plaudern über die Vergangenheit. Dazwischen immer wieder lustige Outtakes und Szenen, die vor 42 Jahren wahrscheinlich aus Längengründen nicht in den fertigen Film geschafft haben.

"Tom Petty Heartbreakers Beach Party" - Zeugnis einer unbeschwerten Zeit

Am besten ist es, man schaut sich "Tom Petty Heartbreakers Beach Party" wie einen nostalgischen Abgesang auf eine unbeschwerte Zeit an, als man vielleicht selbst noch jung und unbeschwert war - so wie die Protagonisten im Film.

Man bekommt eben keine typische Dokumentation vorgesetzt, in der die einzelnen Stationen von Tom Petty abfahren werden, um dem Publikum ein Gesamtbild zu vermitteln. Vielmehr funktioniert das Ganze wie eine Momentaufnahme jener Jahre, als Tom Petty & The Heartbreakers von 1982 bis 1983 das Album "Long After Dark" produzierten und promoteten. Für Fans ist das ein gewiss ein Segen, 42 Jahre mussten sie schließlich darauf warten. Für alle anderen, die Sänger und Band erst kennenlernen wollen, ist es eher schwierig, sich auf das Gezeigte einzulassen. Es gibt nur wenig Hintergrundinformationen über den Werdegang.

Tom Petty muss sich selbst erklären. Er spielt dabei mit seinem Starruhm, gibt sich mal wie eine Diva und durchbricht diesen Eindruck gleich wieder mit einer kessen Bemerkung oder einem selbstironischen Grinsen. Das wirkt durchweg authentisch, zumal man wirklich das Gefühl hat, dass er sich mit Crowe prima versteht und ihn nah an sich heranlässt. Eine intime Atmosphäre entsteht. Wehmütig blickt man immer wieder in die klaren Augen von Tom Petty - mit dem Wissen, dass er bereits vor fast acht Jahren, am 2. Oktober 2017, von uns gegangen ist.

Mit 66 Jahren, da hört das Leben auf

Tom Petty wurde nur 66 Jahre alt, stand eigentlich noch mitten im Leben. Laut Autopsie wurde in seinem Blut Reste starker Schmerzmittel entdeckt. Er starb an einer Überdosis und erlitt einen Herzstillstand. Sein tragisches Ende wird in "Tom Petty Heartbreakers Beach Party" nicht thematisiert. Es wird vorausgesetzt, es zu wissen, nur so versteht man, warum Crowe die Tochter Adria an einen Ort führt, wo einst ein Gruppenfoto mit der Band entstand. Ja, es geht in "Tom Petty Heartbreakers Beach Party" einzig um Erinnerungen, um ein wohliges Gefühl von einst.

Dazu der passende Soundtrack mit Songs von "American Girl" über "You Got Lucky" bis "Wild Thing". Viele der Songs werden gewiss zur Freude der Fans nicht nur an-, sondern ausgespielt. "Beach Party" steckt im Filmtitel, damit wird zum einen die Leichtigkeit kommuniziert, zum anderen ist es ein Hinweis auf Pettys einstige Treffen mit Elvis Presley hin, den er als Zehnjähriger am Filmset von "Ein Sommer in Florida" traf. Dieses Ereignis löste in dem Jungen den Wunsch aus, selbst Musiker zu werden.

Eine andere Anekdote erzählt Crowe, als ihn Petty plötzlich aufforderte, selbst die Kamera in die Hand zu nehmen, um ihn zu filmen. Danach sagte dieser zu ihm: "Jetzt bist du ein Regisseur" und hat ihn damit wohl inspiriert wie er einst von Elvis. Petty selbst hatte keine Ambitionen in diese Richtung. Tatsächlich trat nur einmal als Schauspieler vor die Kamera, als ihn Kevin Costner ("Horizon: Eine amerikanische Saga - Kapitel 1") bat, in seinem postapokalyptischen Western "Postman" den Bürgermeister einer Kleinstadt zu spielen. Vielleicht auch nur, weil Petty gern mal auch in Musikvideos und auf Konzerten mit Cowboykluft auftrat.

Fazit: Tatsächlich handelt es sich bei "Tom Petty Heartbreakers Beach Party" um den allerersten Film von Cameron Crowe, der später einer der gefragtesten Regisseure Hollywoods werden sollte. Sein Erstlingswerk hat aber noch Ecken und Kanten, wirkt wie eine experimentelle Fingerübung mit dramaturgischen Schwächen. Zugleich stellt diese vor 42 Jahre abgelehnte Dokumentation mit jetzigem Bonusmaterial eine Liebeserklärung dar, die vor allem Fans zu schätzen wissen.

vgw