Elf große, sehnsuchtsvolle Lieder versammelt der Sänger und Songschreiber hier. Jedes einzelne davon weiß zu berühren, und doch ragen der Titelsong und das zentrale Werk des Albums heraus: in "Children of Children" hallen noch die Echos von Neil Young nach, mit epischen Gitarren und Streichern. Isbell beschwört darin typische Südstaaten-Bilder herauf: der staubige Wind, große Anwesen, Männer auf Pferden. Aber all das wird nie zum Klischee, weil er Empathie für die Menschen mitbringt, die er beschreibt und die Familiendramen andeutet, die hinter der Postkartenidylle lauern. Die großen Fragen bleiben da nicht aus: Lebst du das Leben, dass du dir ausgesucht hast, oder das Leben, das sich dich ausgesucht hat, fragt Isbell über dem Shuffle-Rhythmus von "The Life You Chose".
Isbells Protagonisten glauben an Gott, sind aber nicht gottesfürchtig, einfach deshalb, weil ihnen das Leben dazwischen gekommen ist: "Sunday morning I'm too tired to go to church". Dies sind die Momente, die "Something More Than Free" so besonders machen, neben der Produktion von Dave Cobb, der schon Sturgill Simpson und George Jones aufnahm. Standesgemäß in Nashville aufgenommen, sorgt Cobb für einen warmen, nie überladenen Sound und lässt Isbells langjährige Begleitband The 400 Unit schnurren wie einen gut geölten Chevy.
Ganz bei sich ist Isbell im reduzierten "Flagship", in dem er nur mit gezupfter Gitarre zu hören ist. "Speed Trap Town" ist ähnlich gelagert, hier wird die Nähe zu seinem Kumpel Ryan Adams offenbar. Und plötzlich bricht es doch aus ihm heraus, aus dem Nichts kommt eine leicht verzerrte E-Gitarre, es ist ein gerade einmal 20-sekündiges Solo, aber gerade deshalb von so herzzerreißender Schönheit, weil es viel zu früh abbricht. Mit so viel Hingabe spielt nur jemand, der seit frühester Kindheit nonstop der Musik ausgesetzt war, der schon die Höhen und Tiefen eines Lebens mit Scheidung, Alkoholismus und dem Aussteigen aus einer Band hinter sich hat.
Zwei Jahre nach seinem Durchbruch mit "Southeastern" hat Jason Isbell eine weitere famose Platte ohne jeden Durchhänger gemacht, vom optimistischen Opener "If It Takes a Lifetime", zu dem Isbells Frau Amanda Shires Fiddle und grandiosen Harmoniegesang beisteuert, bis zu "To A Band That I Loved", ein leicht sentimentaler Gruß an die ehemaligen Bandkollegen von den Drive-By-Truckers.
Es ist die Art von Platte, die man sich von Ryan Adams nach "Heartbreaker" gewünscht hätte: tief in Americana und Folk verwurzelte, melancholische Songs, denen Einsprengsel von Rock und Country bestens zu Gesicht stehen. Dazu eine Produktion, die jeden Track atmen lässt und Isbells Talent zum Geschichtenerzählen betont.
Fazit: Berührende Texte, Gesang mit viel Soul und großartig produzierte Songs zwischen Americana, Rock und Country: Jason Isbell hat seine vielleicht beste Platte aufgenommen.