Keine simple Kopie vergangener Werke; kein billiger Abklatsch der Art von Alben, die Nashville momentan dominieren. Mit diesen Vorgaben ging Kenny Chesney an die Aufnahmen zu "The Big Revival". Wie ernst es ihm damit war, merkt man schon beim Titelsong. "Get ready for the big revival", schwört Chesney seine Zuhörer mit verzerrter Stimme ein, bevor das Lied sich von einer mitreißenden Melodie in einen rockigen Dampfhammer steigert (inklusive eines furiosen Gitarrensolos). So frisch, so bestimmt, so druckvoll hat man den Mann aus Tennessee schon lange nicht mehr gehört. Und weil es so schön war, gibt es dann mit "Drink It Up" gleich eine Nummer ganz ähnlichen Kalibers hinterher. Den Moment genießen, Dinge nicht so eng sehen, ruhig mal über die Strenge schlagen - keine neue Thematik, aber eine, von der Chesney zweifelsohne so einiges versteht. Auch bei "Til It's Gone" geht es darum, zu leben und zu lieben, solange der Augenblick es zulässt. Noch immer ist der Sound satt, die Gitarre eingestöpselt und der Verstärker aufgedreht. Auf seinem 15. Album hat Chesney einfach richtig Spaß, das merkt man schon bei diesen ersten drei Songs ganz deutlich.
Es folgt mit "American Kids" die erste Single-Auskopplung, die man getrost als Geniestreich bezeichnen kann. Herrlich anders, unfassbar groovig und einfach nur tierisch lässig - der Song ist die perfekte Umsetzung der hohen Ansprüche, die Chesney an sein Album stellte. Erstmals etwas ruhiger wird es dann bei "Wild Child", einem Duett mit Grace Potter. Schon beim Chart-Erfolg "You and Tequila" (2011) harmonierten die Beiden prächtig miteinander, und auch dieses Mal kann sich das Ergebnis der Zusammenarbeit wirklich sehen lassen. Eingängig und emotional bietet das Stück einen tollen Kontrapunkt zum stürmischen Auftakt des Albums. Nach dieser kleinen Exkursion steuert Chesney das Schiff jedoch gekonnt wieder zurück zu fett durchgestrichenen Akkorden und guter Laune. "Beer Can Chicken" und "Rock Bottom" strotzen nur so vor satten Melodien, die einen fast schon automatisch zum Lautstärkeregler greifen lassen.
Eine erneute Verschnaufpause liefert "Don't It", eine gemächliche Ode an die Eigenarten des Lebens. Gesanglich wirft der Country-Sänger hier alles in die Waagschale und überzeugt mit der Botschaft, dass das Leben einem trotz aller Hindernisse stets genug Kraft gibt. Zum Endspurt wird dann aber noch einmal das Gaspedal durchgetreten. "Save It for a Rainy Day" sowie "Flora-Bama" entpuppen sich als wahre Feel-Good-Ohrwürmer, die beide ordentlich Dampf auf dem Kessel haben. Den Schlusspunkt setzt dann "If This Bus Could Talk", eine musikalische Zeitreise durch Chesneys Karriere. Von den unsicheren Anfängen in Knoxville, Tennessee, vor über 20 Jahren bis hin zu zahllosen Nächten vor ausverkauften Stadien - es war eine bewegte Reise. Und wenn man "The Big Revival" als Maßstab nimmt, dann ist sie noch lange nicht zu Ende.
Fazit: Seit "Hemingway‘s Whiskey" hat Kenny Chesney nicht mehr so gut geklungen. "The Big Revival" ist ein Album voller Lebensfreude, das vom ersten bis zum letzten Song einfach nur Spaß macht. Der Albumtitel ist also durchaus wörtlich zu nehmen – Chesney hat sich selbst zu neuem Leben erweckt.
Label: Blue Chair / Columbia (Sony) | VÖ: 19. September 2014 |
Titelliste
01 | The Big Revival | 07 | Rock Bottom |
02 | Drink It Up | 08 | Don't It |
03 | Til It's Gone | 09 | Save It for a Rainy Day |
04 | American Kids | 10 | Flora-Bama |
05 | Wild Child (mit Grace Potter) | 11 | If This Bus Could Talk |
06 | Beer Can Chicken |