"Blade" mit Kris Kristofferson als Vampirjäger
Während Country-Legenden wie Willie Nelson oder Johnny Cash (†73) nie wirklich versucht haben, eine Schauspielkarriere anzustreben, darf Kris Kristofferson von sich behaupten, ein echter Kinostar gewesen zu sein. Beide Karrieren verliefen bei ihm quasi parallel. Als Songschreiber bediente der gebürtige Texaner zuerst Country-Sänger wie Dave Dudley (†75), Roger Miller (†56) und den zuvor erwähnten Man in Black, bevor er 1970 mit "Kristofferson" sein eigenes Debüt-Album herausbrachte. Zwei Jahre später bekam er bereits seine erste Filmhauptrolle an der Seite von Gene Hackman in "Cisco Pike".
So ging es Schlag auf Schlag weiter. In der Country Music mit Nr. 1-Alben wie "Jesus Was a Capricorn" und "Full Moon" (1973), im Kino mit Hits wie "Pat Garrett jagt Billy the Kid", "A Star is Born" und "Convoy". Erst mit dem dreieinhalbstündigen Western "Heaven's Gate - Das Tor zur Himmel", der zum Mega-Flop wurde und ein ganzes Filmstudio in den Ruin trieb, geriet auch die Kinokarriere von Kris Kristofferson in den Achtzigerjahren ins Schwanken. Erst 1998 konnte er mit dem Horrorspektakel "Blade" wieder einen Kinoerfolg verbuchen konnte. Seinen Abraham Whistler, der Wesley Snipes für seine Vampirjagd mit den nötigen Waffen ausrüstet, spielte Kris Kristofferson als coolen Rocker und beeindruckte dermaßen, dass man seine Figur für die beiden Fortsetzungen wieder zum Leben erweckte.
Blutrausch im Tanzschuppen
"Blade" beginnt mit einer spektakulären Szene, in der ein junger Mann von einer heißen Braut (Ex Pornodarstellerin Traci Lords) in einen Nachtclub entführt wird. Zu harten Technoklängen wird ekstatisch getanzt. Plötzlich strömt aus der Sprinkleranlage Blut und die Tanzwütigen verwandeln sich in Vampire, die über den Neuankömmling herfallen. Sein sicheres Ende, wäre da nicht der Kerl in schwarzer Lederkluft mit Schwert in der Hand. Es ist Blade (Wesley Snipes), seines Zeichens ein Vampirjäger, der kurzen Prozess macht.
Eines seiner Opfer landet als verkohlte Leiche im Krankenhaus, erwacht dort zu neuem Leben und fällt über die Ärztin Dr. Karen Jenson (N'Bushe Wright) her. Blade fühlt sich schuldig und bringt die Gebissene zu Whistler (Kris Kristofferson). Er weiß sofort, wie er die Frau retten kann und entpuppt sich als bester Freund von Blade, dem er regelmäßig ausgetüftelte Waffen für die Vampirjagd baut und ihn regelmäßig mit einem Serum spritzt. Denn Blade ist ein sogenannter Daywalker - halb Mensch, halb Vampir. Denn seine von einem Vampir gebissene Mutter starb bei seiner Geburt. Seitdem hat Blade die Kraft eines Vampirs und würde selbst zu einem werden, wenn sein Blutdurst nicht mit dem Serum in Zaum gehalten werden würde.
Blade sinnt auf Rache, genauso wie Whistler, der seine ganze Familie durch eine Attacke der Vampire verloren hat. Beide stehen nun vor einer neuen Herausforderung. Denn Blutsauger Deacon Frost (Stephen Dorff, Bruder des 2016 verstorbenen Songschreibers Andrew Dorff) ist die im Geheimen abgesprochene Koexistenz mit den Menschen ein Dorn im Auge. Durch einen alten Kult will er erreichen, dass die Vampire die Weltherrschaft an sich reißen.
Actionspektakel im Reich der Untoten
Ab diesem Moment verwandelt sich die bis dahin erfrischend neu ausgeklügelte Vampir-Story nach den Marvel-Comics immer mehr zu einem althergebrachten Action-Gewitter. Nur noch nebenbei werden die Zuschauer durch Regisseur Stephen Norrington informiert, wie anders die modernen Gegenwarts-Untoten im Gegensatz zu Bram Stokers im 19. Jahrhundert angelegtem "Dracula"- Mythos sind. Sie können sich wie Menschen fortpflanzen und fürchten auch keine christlichen Symbole mehr. Sonnenlicht, Knoblauch und Silber können ihnen gefährlich werden, und es herrscht eine hierarchische Ordnung. Reinrassige Vampire verachten Artgenossen, die einst Menschen waren und erst durch einen Biss verwandelt wurden. All das sind interessante Ansätze, von denen man sich mehr Tiefe gewünscht hätte, die aber durch das Aufgebot an visuellen Effekten und den gewiss ordentlich choreografierten Kampfszenen etwas untergehen.
Manchmal nervig ist leider Wesley Snipes, der seinen Blade ein Spur zu cool angelegt hat. Das wirkt oft zu gewollt und distanziert. Insofern hat Kris Kristofferson mit jedem seiner Auftritte ein leichtes Spiel. Denn seine Coolness ist authentisch und Wesley Snipes wirkt in seiner Gegenwart nur noch wie ein aufgedonnertes Sonnenbrillen-Modell. Im Gegenlager geht es Stephen Dorff nicht anders. In seiner Schurkenposition trägt er oft so fett auf, dass dabei oftmals pures Overacting herauskommt. Besonders wenn Udo Kier als reinrassiger Vampirfürst mit süffisanter Eleganz eine Szene mit Stephen Dorff betritt und den damaligen Jungspund jedes Mal alt aussehen lässt.
"Blade" ist nicht totzukriegen
Wegen seiner drastischen Gewalt- und Blutszenen bekam "Blade" in Deutschland 1998 eine Altersfreigabe von 18 Jahren. Die Fassung war anschließen lange indiziert und auf DVD und im Fernsehen gab es nur noch um mehrere Minuten gekürzte Fassungen.
Mit einem weltweiten Einspielergebnis von über 130 Millionen Dollar war "Blade" noch erfolgreich genug, dass grünes Licht für eine Fortsetzung gegeben wurde. Mit dem Guillermo del Toro engagierte man 2002 einen weitaus visionäreren Regisseur, dem es wahrscheinlich auch zu verdanken ist, dass Kris Kristofferson als Whistler erneut auftaucht, obwohl das nach dem Ende vom ersten Teil nicht zu erwarten gewesen wäre. Auch im 3. und schwächsten Teil bleiben Blade und Whistler ein Team, wobei Kristofferson hier zum Stichwortgeber degradiert wurde. "Blade: Trinity" blieb 2004 an der Kinokasse dann auch hinter den Erwartungen zurück.
Nichtsdestotrotz folgte zwei Jahre später mit "Blade - Die Jagd geht weiter" eine TV-Serie, die aber so schlecht ankam, dass sie nach nur einer Staffel eingestellt wurde. Nun aber die gute Neuigkeit: Hollywood plant eine Neuauflage von "Blade", diesmal mit dem zweifachen Oscar-Preisträger Mahershala Ali ("Moonlight" & "Green Book") in der Titelrolle. Ob zumindest Kris Kristofferson als Whistler zurückkehren wird, ist unwahrscheinlich, aber wünschenswert.
Fazit: Der erste Teil der "Blade"-Trilogie ist als pures Actionspektakel durchaus sehenswert. Dabei hat die Figur von Kris Kristofferson mehr charakterliche Tiefe als der Titelheld.