Retten, therapieren, freilassen! - So lautet das Erfolgsrezept des in Florida ansässigen Clearwater Marine Hospitals; einer Einrichtung, die sich um verletzte Meerestiere aus aller Welt kümmert. Regisseur Charles Martin Smith, der mit seinem gewöhnungsbedürftigen Hundeabenteuer "Air Bud - Helden auf vier Pfoten" hierzulande zum ersten Mal in Erscheinung trat, zeigte sich von dem Leitsatz der bis dato einzigartigen Institution sowie dem Schicksal des Delfinweibchens Winter so beeindruckt, dass er es 2011 - rund sechs Jahre nach Winters Ankunft in Clearwater - für die Leinwand adaptierte.
"Mein Freund, der Delfin" wurde von den weltweiten Kritikern zwar solide aufgenommen, verfehlte den Status "Kassenmagnet" hierzulande mit gerade einmal knapp 300.000 Zuschauern jedoch um Längen. Nichts desto trotz erreicht auch die Fortsetzung dieser Tage die hiesigen Kinos und legt offen, dass selbst eine augenscheinlich wenig zu einem Sequel einladende Vorlage mit den richtigen Machern an ihrer Seite hervorragend fortgeführt werden kann, solange man typische Sequel-Stolperfallen gekonnt umgeht. Genau das gelingt Charles Martin Smith: "Mein Freund, der Delfin 2" ist keine typische Hollywoodfortsetzung geworden, sondern orientiert sich, wie schon sein Vorgänger, an wahren Ereignissen, die sich in den vergangenen Jahren in Clearwater abspielten. Das lässt eine auffällige Dramaturgie und typische Elemente des Jugendabenteuers zwar vermissen, begeistert jedoch mit unverkitschtem Charme und waschechter Wohlfühlatmosphäre, die lediglich im Detail nicht vollends überzeugen kann.
Jahre, nachdem der Heranwachsende Sawyer (Nathan Gamble) dem Delfin Winter mithilfe einer Schwanzflossenprothese das Leben rettete, wächst und gedeiht das Clearwater Marine Hospital in und ist zur weltweiten Hauptanlaufstelle für verletzte Meeressäugetiere geworden. Gemeinsam mit Freundin Hazel (Cozi Zuehldorff), der Tochter des Gründers Dr. Clay Haskett (Harry Connick, Jr.), kümmert sich Sawyer in jeder freien Minute um die verletzten Tiere - und um Winter, die seit dem Tod der über 40 Jahre alten Delfindame Panama Anzeichen für Depressionen zeigt und sogar gegen ihre Pfleger rebelliert. Als die Ämter in Winters notgedrungener Einzelhaltung einen Verstoß gegen artgerechte Tierhaltung erkennen, steht ihre Umsiedlung in einen texanischen Aquapark bevor. Doch wie es der Zufall will, schellen eines Nachts - im wahrsten Sinne des Wortes - die Alarmglocken der Clearwater-Mitarbeiter: Ein weibliches Delfinjunges wird am Sandstrand von Florida gefunden und ist bereits auf dem Weg ins Hospital. Dies könnte nicht nur die Rettung des kurz darauf Hope getauften Meeressäugers bedeuten, sondern auch die für Winter. Vorausgesetzt, die intelligenten Tiere akzeptieren sich…
Mit seiner Konzentration auf die gesamte Familie als Zielgruppe ist "Mein Freund, der Delfin 2" selbstredend kein in Erzählstruktur und Ablauf überraschender Film. Die Story bewegt sich nach gängigen Unterhaltungsfilmmustern voran, umgeht jedoch die immer öfter anzutreffende "Höher, schneller, weiter!"-Problematik, mit welcher sich viele Sequel-Regisseure abmühen müssen. Charles Martin Smith will keine spektakulärere Variante seines Vorgängers bieten, sondern aus dem Leben bereits liebgewonnener Filmcharaktere erzählen. Das gelingt dem Regisseur hervorragend: Trotz eines überraschungsarmen Plots weiß sein Film in seiner unaufgeregten Inszenierung und der Konzentration auf menschliche Zwischentöne zu gefallen. Insbesondere der sympathische Cast trägt dazu bei, dass dieses Unterfangen gelingt: Nathan Gamble, Cozi Zuehldorff und Harry Connick Jr. mimen das wichtige Trio, um das sich im Film alles dreht und das sich Szene für Szene gekonnt die Bälle zuspielt.
Der in der deutschen Fassung passend von Thomas Fritsch synchronisierte Kris Kristofferson, der neben einer über vierzigjährigen Karriere als Country-Musiker seit jeher auch als Schauspieler tätig ist, ist einmal mehr als Vater von Clay Haskett zu sehen und erweist sich ebenso als Glücksgriff wie Bonus: Der immer wieder mit sich und seinem Schicksal hadernde Clay, der sich in "Mein Freund, der Delfin 2" verstärkt mit den Problemen seiner heranwachsenden Tochter auseinandersetzen muss, findet in seinem Vater eine Art Gewissen, das ihm im passenden Moment den Weg zur richtigen Entscheidung weist. Die Harmonie des Vater-Sohn-Gespannes ist beachtlich und zählt mit tiefgehenden Dialogen, die auf jedwede Taschenpsychologie verzichten, zu den Highlights des Films.
Das Alleinstellungsmerkmal von "Mein Freund, der Delfin 2" ist und bleibt jedoch die Verarbeitung wahrer Ereignisse. Und auf die legt insbesondere eine mehrere Minuten lange Sequenz wert, die sich erst nach der eigentlichen Filmhandlung abspielt. Amateuraufnahmen zeigen die dem Film zugrunde liegenden Geschehnisse der letzten Jahre und unterstreichen in ihrer losen Abfolge, ohne Einbettung in den Plot, die Faszination für die Meerestiere sowie die harte Arbeit aller Beteiligter, die das Clearwater Marine Hospital stetig am Laufen halten. So erweist sich "Mein Freund, der Delfin 2" schlussendlich gar als für Kinder relevanter, gar aufklärerischer Beitrag, ohne den Anspruch zu erheben, ein Lehrfilm zu sein. Das dürfte all jene Eltern freuen, die sich mit dem Gedanken an Anspruch mit ihren Kindern ins Kino begeben, jedoch nicht auf das gängige Animationsfilmangebot zurückgreifen möchten.
Fazit: Ohne in die typischen Fallen eines bemühten Hollywood-Sequels zu treten, manövriert Charles Martin Smith seinen sympathischen Cast und die schnörkellose Geschichte wundervoll fotografiert durch ein klassisches Familienabenteuer, das Spaß macht und zu Herzen geht. Abzüge gibt es dafür in der B-Note: Den aufdringlichen Gastauftritt der Surferin Bethany Hamilton sowie die wenigen, dafür umso missrateneren CGI-Effekte stören das Gesamtbild vor allem deshalb, weil der Film auch ganz einfach ohne sie ausgekommen wäre. Schade!