
"Springsteen: Deliver Me from Nowhere" ist ein US-amerikanischer biografischer Musikfilm aus dem Jahr 2025 mit Jeremy Allen White in der Rolle von Bruce Springsteen. Der von Scott Cooper geschriebene und inszenierte Film basiert auf dem 2023 erschienenen Buch "Deliver Me from Nowhere" von Warren Zanes und erzählt die Entstehungsgeschichte von Springsteens Album "Nebraska" aus dem Jahr 1982. Weitere Darsteller sind Jeremy Strong, Paul Walter Hauser, Stephen Graham, Odessa Young, Gaby Hoffmann, Marc Maron und David Krumholtz.
"Springsteen: Deliver Me from Nowhere" feierte am 29. August 2025 beim 52. Telluride Film Festival seine Weltpremiere, zwei Monate später, am 23. Oktober 2025, kam er in die Kinos, vertrieben von 20th Century Studios.

Jahrelang, wenn nicht sogar jahrzehntelang hat sich der Boss geweigert, dass über ihn ein klassisches Biopic entsteht, in dem sein ganzes bisheriges Leben ausgewalzt wird. Aber im Zuge der vielen Verfilmungen über legendäre Rock- und Popgrößen wie Johnny Cash ("Walk the Line"), Freddie Mercury ("Bohemian Rhapsody"), Elton John ("Rocketman"), Elvis Presley ("Elvis"), Judy Garland ("Judy"), Bob Marley ("One Love"), Amy Winehouse ("Back to Black") und zuletzt Bob Dylan ("Like a Complete Unknown") durfte auch Bruce Springsteen nicht länger hinterher hinken. Schließlich ist der heute 76-Jährige einer der erfolgreichsten Rock-Stars aller Zeiten. Letztlich gab er dem Film "Springsteen: Deliver Me from Nowhere" sogar seinen Segen. Denn wie der Titel (übersetzt: Erlöse mich aus dem Nichts) schon verrät, handelt es sich eben um kein konventionelles Biopic, sondern spiegelt die wahrscheinlich düstere Phase im Leben von Springsteen wider, aus der sein legendäres Album "Nebraska" geboren wurde.
Eigentlich hat es Bruce Springsteen (Jeremy Allen White) geschafft. Als Sänger hat er 1982 etliche Erfolge vorzuweisen. Doch innerlich fühlt er sich verloren. Dämonen seiner Vergangenheit melden sich und Bruce Springsteen verfällt in tiefe Depressionen. Immer wieder muss er an seine Kindheit und seinen Vater denken, der cholerisch und unberechenbar war. Wie sehr hat Bruce darunter gelitten.
So vergräbt er sich immer mehr in seine Kunst. Er kauft sich einen simplen Vierspuren-Rekorder, schließt sich in sein Schlafzimmer ein, komponiert, textet und singt. Nur sein Tonmeister Mike Batlan (Paul Walter Hauser) ist oft dabei. Als Ergebnis präsentiert er ein neues Album: "Nebraska". Doch sein Manager Jon Landau (Jeremy Strong) hat Schwierigkeiten, das Plattenlabel von den stillen und schwermütigen Songs zu überzeugen.
Gewiss klingt es spannend, wenn die Prämisse lautet: Springsteen in der dunkelsten Stunde seines Lebens. Gewiss ist es lobenswert, dass Regisseur Scott Cooper, der 2009 sein Regiedebüt mit "Crazy Heart" mit Jeff Bridges als alkoholkranken Country-Star ablieferte, nun auch Springsteen so authentisch wie nur möglich porträtieren wollte.
Gewiss verkörpert Jeremy Allen White ("Shameless") sein Vorbild mit einer charismatischen Tiefe, dass man fast glauben will, er sei wirklich der Boss im Alter von 32 Jahren und doch fehlt dem Film einiges, vor allem ein dramaturgischer Aufbau, der sein Publikum bei der Stange hält. Ein Sänger und Songschreiber in der Krise, der sich mit einem neuen Album wieder ins Leben zurückholt, ist einfach zu wenig, um zwei Kinostunden zu fühlen. Zumal wie doch alle unser Päckchen zu tragen haben.
Der Boss selbst soll aber geweint haben, als ihm der Film das erste Mal vorgeführt wurde. Das kann nur eines heißen: "Springsteen: Deliver Me from Nowhere" ist ein sehr persönliches Porträt geworden, in dem sich der Star wieder erkennen konnte. Insofern dürfte der Film auch alle bekennenden Fans gefallen, die noch nie genug von ihrem Boss kriegen konnten. Alle anderen werden aber wohl nicht mitgenommen. Sie bekommen nur einen kleinen Ausschnitt. Bruce Springsteen in seiner ganzen Breite offenbart sich ihnen aber nicht.
Filmisch hat "Springsteen: Deliver Me from Nowhere" wenig zu bieten, musikalisch umso mehr. Denn Scott Cooper nimmt sich viel Zeit, seine Hauptfigur im kreativen Prozess zu zeigen, wie er immer wieder um jedes Wort kämpft oder auf der Gitarre und der Mundharmonika nach den richtigen Tönen sucht. Das sind die intensivsten Momente im Film. Wer selbst Musik macht, kann sich damit bestimmt gut identifizieren. Seine Songs für das Album "Nebraska" wirken ruhig, zurückhaltend und fragmentarisch. Sie spiegeln das schmerzliche Innenleben des Musikers wider und wollen nicht in erster Linie gefallen.
Aber keine Angst, es gibt auch dynamische Szenen mit dem Boss, wenn er etwas später Hits wie "Born in the U.S.A." oder "I'm on Fire" schmettert. Jeremy Allen White hat dafür intensiv Gitarren- und Gesangsunterricht genommen haben. Einige seiner eingesungenen Songs soll auch Teil des Soundtrack-Albums sein, das erst am 5. Dezember 2025 erscheinen soll. Die Filmmusik selbst schrieb Jeremiah Fraite von der Folk-Band The Lumineers. Somit ist "Springsteen: Deliver Me from Nowhere" zumindest als Musikfilm ein Volltreffer.
Fazit: "Springsteen: Deliver Me from Nowhere" will den Boss emotional so nah wie möglich kommen. Der große Superstar, der ganze Stadien füllt, bleibt außen vor. Fans werden es begrüßen, diese Seite ihres Idols so intensiv gezeigt zu bekommen. Wer den rockigen Bruce Springsteen erleben will, wird mit der letztjährigen Dokumentation "Road Diary: Bruce Springsteen and The E-Street Band" besser bedient sein.