Was soll man schon machen, bei diesen Genen? Daddy Rhett Akins dürfte in seiner über 20-jährigen Karriere auf unzählig viele Songs aus eigener Feder zurückblicken können. Er gehört mit Hits für Brooks & Dunn, Joe Nichols oder Luke Bryan zu den Großen der schreibenden Zunft. Ein Mann mit Phantasie, Talent und einem Hitriecher. Alles das - und vielleicht noch einiges mehr - hat er seinem Sprössling Thomas Rhett weitergegeben.
Deshalb war es wohl auch kein zu großes Risiko für den 1990 in Valdosta, Georgia, geborenen Sohnemann, als er die Uni schmiss, um bei der Hit-Fabrik "Big Label Machine Group" als Songwriter anzuheuern. Schon bald stellten sich beachtliche Erfolge ein: Hits für Jason Aldean ("1994"), Lee Brice ("Parking Lot") und Florida Georgia Line ("Round Here"). Schon alleine die Liste dieser Klienten macht klar, dass der Mann Hit kann.
Was er prompt mit seinem 2013 erschienenen Debüt-Album "It Goes Like This" höchst eindrucksvoll unter Beweis stellte: Platz zwei in den Country-, Platz sechs in den Pop-Charts; die drei Single-Auskopplungen schlugen sich nicht minder wacker, allen voran die Rock-Ballade "It Goes Like This".
"Tangled Up" - mit Verzögerung in Europa
Sein zweites Album "Tangled Up" veröffentlichte er bereits im September 2015. Jetzt erscheint das von den Hit-Schmieden Dann Huff und Jesse Frasure produzierte Werk auch in Europa - und wird mit Sicherheit eine recht große Fangemeinde bedienen. Nicht nur Country-Fans. Beileibe nicht... Dafür sorgt schon mal der Opener "Anthem". Auf das bluesige Akustikgitarren-Intro folgt schon bald: Pop reinsten Wassers. Partytauglich. Mitsing-fähig. Tanzbar. So, oder so ähnlich geht es gleich mit "Crash and Burn" weiter. Obwohl Jesse Frasure und Nashville-Outlaw Chris Stapleton für den Song verantwortlich waren, klingt er doch so nach Gute-Laune-Pop, dass sich selbst ein Bruno Mars noch etwas von dem Country-Tausendsassa abschauen kann.
Thomas Rhett - ein Vermittler und Verknüpfer
Da es mit dem nachfolgenden "South Side" erneut sehr poppig zugeht, hat man die Hoffnung auf erdigere Country-Klänge schon fast aufgegeben. Was voreilig wäre - wie der vierte Song der CD, das herrlich ruhige, ganz im Country-Folk angelegte "Die a Happy Man" belegt. Der Song klingt mit seiner Melodieführung, der Slide-Gitarre und den Inhalten so authentisch nach Country, dass man keinen Zweifel über seine musikalische Heimat haben sollte.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Country steht heute nicht mehr für eine bestimmte Art von Musik. Sondern - und das mag für manches Fan-Ohr alter Schule paradox klingen - für Welt- und Stiloffenheit. Wer es nicht glauben will, muss hören. Zum Beispiel den Song "Vacation", für den als Autoren "Rhett and friends" angegeben sind. Vielleicht finden sich unter seinen Freunden auch Disco-Experten wie Pharrell Williams. Denn "Vacation" ist ein Titel für die Disco, fürs Tanzparkett, für die Teenie-Party. Angesagte Sounds und Beats natürlich inklusive. Und damit stellt der Song nicht einmal eine Ausnahme in der Set-List von "Tangled Up" dar. Im Gegenteil: "T-Shirt" (geschrieben von Ashley Gorley, Luke Laird und Shane McAnally), das an frühe Michael Jackson-Songs erinnernde "I Feel Good" und vor allem der Titeltrack "Tangled" - geschrieben von einer fünfköpfigen Songwriter-Riege - bieten einen Soundtrack für eine rotierende Discokugel. Der Vergleich hinkt nicht mal. Denn auch wenn man sich klangtechnisch an Daft Punk, Cher oder an Nile Rodgers erinnert fühlt, schwingt in den Klängen doch auch etwas von Retro-Disco mit. Von der Zeit, als John Travolta in "Saturday Night Fever" die Tanzfläche zum Glühen brachte. Das soll heißen: Wenn schon Disco, dann aber mit Gefühl und mit Harmonien.
Damit ist Thomas Rhett so etwas wie ein Vermittler. Er verknüpft und verbindet, er bringt Dinge, Stile und manchmal sogar Epochen zusammen und formt daraus: vor allem gute Musik. Stilschubläden hin oder her. Auch wenn man als geneigter Country-Freund gerne mehr Titel wie die Folk-Ballade "The Day You Stop Looking Back" hören würde.
Fazit: Thomas Rhett nimmt auf "Tangled Up" jede Stilhürde mit Bravour. Country-Freunde alter Schule wird indes einiges an Toleranz abverlangt. Wer die mitbringt - hat seinen Hörspaß.
Label: The Valory Music Co. (Universal) | VÖ: 11. März 2016 |
01 | Anthem |
02 | Crash and Burn |
03 | South Side |
04 | Die a Happy Man |
05 | Vacation |
06 | Like It's The Last Time |
07 | T-Shirt |
08 | Single Girl |
09 | The Day You Stop Lookin' Back |
10 | Tangled |
11 | Playing With Fire (mit Jordin Sparks) |
12 | I Feel Good (mit LunchMoney Lewis) |
13 | Learned It From The Radio |