Natürlich könnten die Voraussetzungen für ein weiteres Hit-Album des 30-jährigen Country-Stars schlechter sein. Klar, kann er doch aus den Vollen schöpfen. Er weiß: sein Sound, seine Songs kommen an. Das zeigt sich nicht nur an einer Vielzahl prestigeträchtiger Awards (darunter auch einige Grammy-Nominierungen) und 16 Nummer-eins-Singles, sondern auch in rund zehn Milliarden Streams. Das heißt: der Mann ist sowohl analog wie digital top. Er ist mehrheitsfähig, er trifft mit seinen Melodien und Texten gleichermaßen den Nerv hipper Großstädter wie auch den der eher konservativen Landbevölkerung. Vermutlich auch: von jung und alt.
Thomas Rhett ist ein mehrheitsfähiger Country-Künstler
Dieser generations- und regionsübergreifende Spagat sollte dem smarten Sohn von Sänger und Songschreiber Rhett Akins auch mit seinem neuen Werk "Country Again" gelingen. Wie gesagt: Er kann aus den Vollen schöpfen - und das macht er bei den elf Tracks von "Side A" auch. Nach Leibeskräften. So vertraut er auch bei diesem Album auf die hochprofessionellen, in unzähligen Hits bewährten Produktionskünste von Dann Huff und auf ein perfekt eingespieltes Co-Songwriter-Team. Kann da noch was schief gehen? Wohl kaum.
Für das Coverfoto von "Side A" gibt sich Thomas Rhett etwas erdiger als sonst. Etwas bärtiger, langhaariger, bodenständiger. Nicht ganz so smart und glatt wie auf früheren Fotos, dafür um einen Tick erwachsener und vielleicht sogar weniger oberflächlich. Wie er so im Blue Denim-Outfit gedankenverloren seine Akustik-Gitarre hält, erinnert er glatt an Bradley Cooper in "A Star is Born". Will sagen: seine weiblichen Fans werden ihn mit digitalen Liebkosungen überhäufen. Das schönste an seinem Styling ist, dass er es musikalisch spiegelt.
Schon im Opener "Want It Again" macht Thomas Rhett deutlich, dass der es mit dem Albumtitel "Country Again" ernst meint. In dem von Rhett gemeinsam mit Matt Dragstrem, Josh Miller und Josh Thompson geschriebenen Song berichtet er mit einfühlsamer Stimme von einem Mädchen, in das er als Jugendlicher verliebt war - und dass ihm diese jene nicht mehr so richtig aus dem Kopf gehen will. Eine altbekannte Story. Ein Lied, wie wir es schon tausende Male von tausenden Interpreten gehört haben - und das sich dennoch nicht verschleißen will. Schon gar nicht, wenn diese romantische Nostalgie in so schöne, größtenteils akustische Folk- und Country-Töne verpackt ist, wie hier. Rhett zeigt in diesem weniger aufwändigen Arrangement, dass in elf Karrierejahren zu einem glaubwürdigen Storyteller gereift ist: besser kann man den Song nicht singen!
"Country Again Side A": kein leeres Versprechen
In dieser Tonlage geht es mit "Growing Up" weiter. Die von Rhett, Matt Dragstrem, Josh Miller und Josh Thompson geschriebenen Coming-of-Age-Geschichte ist in großartigen, zeitlos schönen Country-Pop-Rock-Klängen gehalten. Sehnsuchtsvolle Melodien, Pedal-Steel und Gitarrensolo inklusive. Beim nachfolgenden Track, "What's Your Country Song" nimmt die CD mehr Fahrt auf, auch in eine eher Rock- und Pop-orientierte Richtung. Ein Sound, der traditionelle Elemente mit angesagten Stilmitteln vereint und bekanntermaßen zur Erfolgsformel von Thomas Rhett wurde. Im Gegensatz zu manch früheren seiner, sagen wir mal, eher glatten Country-Pop-Hits, punktet der von fünf Song-Autoren geschriebene Track (neben Rhett mischen u.a. sein Daddy Rhett Akins und Ashley Gorley mit) mit melodiösem Tiefgang und einer an Joe Walsh erinnernden Slide-Gitarre.
Weniger überzeugend fällt dagegen das anschließende "Where We Grew Up" aus. Die altbekannte Story vom Aufwachsen auf dem Land (Fischen etc.) haben die Autoren Rhett, Luke Laird und Josh Miller mit einer ebenso vertrauten, mal nach oben, mal nach unten gehenden Strophenmelodie versehen. Klar, klingt schon irgendwie gut. Aber, da dieses Rezept schon für so viele Songs ausgestellt wurde, auch vorhersehbar und damit etwas banal - was auch für das hier überladene Arrangement gilt. Nach diesem Mini-Zwischentief findet Thomas Rhett mit "Heaven Right Now" sofort wieder zurück in die Qualitätsspur: ein starker, gefühlsbetonter Country-Folk-Song mit transparenter Instrumentierung. Gleichzeitig hip und traditionell. Starke Leistung.
Auch in den nachfolgenden Titeln gestattet sich der Superstar Momente des Innehaltens und der Rückbesinnung. Sie liefern die Blaupause für großartige Songs, wie das nostalgisch-melancholische "To The Guys That Date My Girls", das fröhliche, energiegeladene "More Time Fishin'" oder der im flotten Groove gehaltene Country-Pop von "Blame It on a Backroad". Für weitere Highlights von "Country Again: Side A" sorgen der biografische, tatsächlich ganz im traditionellen Country-Style gehaltene Titeltrack (gemeinsam geschrieben mit Zach Crowell und Ashley Gorley) und das finale, von einer lustigen Mundharmonika eingeblasene "Ya Heard". Ein Song, wie man ihn eher von Tim McGraw erwarten würde - was man als Kompliment verstehen kann.
Fazit: So eine Rückbesinnung lassen wir uns gerne gefallen: Auf "Country Again Side A" präsentiert Thomas Rhett elf, ausnahmslos mitkomponierte Songs mit starker Roots-Prägung. Top Performance!
Label: The Valory Music Co. (Universal) | VÖ: 30. April 2021 |
01 | Want It Again |
02 | Growing Up |
03 | What's Your Country Song |
04 | Where We Grew Up |
05 | Heaven Right Now |
06 | To The Guys That Date My Girls |
07 | More Time Fishin' |
08 | Country Again |
09 | Put It On Ice (mit Hardy) |
10 | Blame It on a Backroad |
11 | Ya Heard |