"Cross Country": ein verwegener Stilmix
Sicher, etwas gewöhnungsbedürftig ist sein Sound schon. Der Opener "Here for It" präsentiert gleich mal die Top-Newcomerin Ingrid Andress als musikalische Partnerin. Doch die ist ebenfalls mit allen möglichen musikalischen Wassern gewaschen und hat beispielsweise eine Zusammenarbeit mit R&B-Diva Alica Keys vorzuweisen. Diese Black-Music-Elemente - beispielsweise in Form von einer Klavierakkorde-Progression - tragen und dominieren den Track. Es ist purer Pop. Purer R&B. Zumindest musikalisch. Inhaltlich aber singt Breland von Whiskey und Bier, ein ganz klar von Country besetztes Themenfeld.
So geht es also auch. So bedient man mit den Tönen die eine Klientel, mit den Worten eine andere. Nach diesem Rezept sind gleich mehrere Titel von "Cross Country" abgeschmeckt. Beispielsweise gleich das nachfolgende "Country Line" und "Praise the Lord", ein temperamentvoller R&B- und Pop-Gospel mit treibender Betonung auf die "und". Mit dabei ist Thomas Rhett. Der hat sich zwar zuletzt verstärkt um Country-Traditionen gekümmert, doch seine Experimentierlust hat er sich beibehalten, wie man hier eindrucksvoll hört. Ein starker Song von einem starken Team.
So querfeldein geht es mit Breland und "Cross Country" weiter. Aber auch mit so mancher Überraschung. "Natural" beispielsweise zeigt den Sänger, der 2019 mit dem Titel "My Truck" (gemeinsam mit Sam Hunt) die Country-Bühne betrat, als fundierten Kenner des traditionsreichen Genres. Klar, er klingt auch hier nicht gerade wie George Strait. Aber er macht allemal eine erstklassige Figur, wenn er Country-Einflüsse in den Vordergrund rückt. Das gilt auch - oder vor allem - für das nachfolgende "Told You I Could Drink". Natürlich, denn bei dieser schmucken Country-Pop-Perle stehen ihm keine Geringeren als die drei von Lady A zur Seite.
Breland steht für das neue, offene Country
Es ist erstaunlich und beeindruckend, wie leichtfüßig sich Breland zwischen den verschiedenen Spielarten bewegt. Man hört kein Fremdeln, keine Distanz. Jeder Track klingt authentisch. Das ist bei seinem stilistischen Angebot keine Kleinigkeit. Nehmen wir nur mal den Mittelbau seiner 14 Tracks umfassenden CD: "For What It's Worth" ist ein ruhiger, melodischer Country-Pop-Song, bei "Happy Song" tuckert ein Drum-Computer zu R&B-Klängen und beim nachfolgenden "Growing Pains" serviert er den gemeinsamen Nenner von Folk, Pop und R&B.
Natürlich begrüßt Breland auch auf der zweiten CD-Hälfte von "Cross Country" weitere Stargäste. Und was für welche! Bei "Throw it Back" macht er glatt gemeinsame Sache mit Keith Urban - ein cooler R&B-Track mit Rap-Einlage, der aber auch einiges von einem Americana-Song mitbringt und entfernt an die Gute-Laune-Mucke von Shaggy erinnert.
Während er die meisten, sagen wir mal, Country-Pop-Songs wie ein R&B-Sänger interpretiert, singt er bei "Good for You" tatsächlich auch mal wie ein waschechter Traditional-Act. Stark! Zumal auch diese Performance nicht aufgesetzt wirkt. Je länger sich die CD im Player dreht, desto country -und americana-lastiger werden die Songs. Der Titeltrack (mit Mickey Guyton) zählt dazu, aber auch die beiden bluesigen Rausschmeißer: das sehr funky gehaltene "Don't Look at Me" und der getragene, langsame Blues von - wir bleiben im Thema - "Alone at the Ranch".
Fazit: "Cross Country" ist der ideale Name für das neue Album von Breland: Es geht tatsächlich musikalisch durch viele verschiedene Terrains - Country und R&B bilden die Basis. Ein starkes Album mit Star-Gast-Power.
Label: Atlantic Nashville (Warner) | VÖ: 9. September 2022 |
01 | Here for It (mit Ingrid Andress) |
02 | County Line |
03 | Praise the Lord (mit Thomas Rhett) |
04 | Natural |
05 | Told You I Could Drink (mit Lady A) |
06 | For What It's Worth |
07 | Happy Song |
08 | Growing Pains |
09 | Throw It Back (mit Keith Urban) |
10 | Thick |
11 | Cross Country (mit Mickey Guyton) |
12 | Good for You |
13 | Don't Look at Me |
14 | Alone at the Ranch |