"Der Track war die Initialzündung", sagte Thomas Rhett in einem Interview, "als wir den Song im Studio aufnahmen, wusste ich, dass damit ein völlig neues Projekt angestoßen wird." Und "Country Again: Side B" erst einmal auf Eis gelegt werden musste.
"Where We Started" sei für Rhett so etwas wie ein "Mittelweg", ein Kompromiss, ein Album, das seine ganze künstlerische Bandbreite präsentiert. "Ich glaube, dass auf der CD für wirklich jeden etwas dabei ist", meint er, "und einige Menschen werden einige Songs bereits kennen. Denn etliche Tracks habe ich auf den sozialen Medien bereits angeteasert. Sie werden erstaunt sein, wenn sie diese ersten akustisch angespielten Ideen jetzt fertig produziert hören können."
Thomas Rhett: Ein Song hat alles geändert
Wir sehen: Es besteht Erklärungsbedarf. Auch was die Wahl seiner verschiedenen Star-Gäste betrifft. Vor allem, wenn es um Pop-Star Katy Perry geht, mit der sich Rhett im Titelsong das Mikrofon teilt. Wie kommt so etwas zustande? Eigentlich ziemlich genauso, wie man es sich vorstellt: Thomas Rhett wollte für den Track eine Kooperation mit einer Sängerin. Jemand im Marketing-Team seiner Plattenfirma ist mit dem Team von Katy Perry in Kontakt getreten und: innerhalb eines Tages hat die Pop-Sängerin Interesse signalisiert. "Ich war von den Socken", bekennt der vierfache Familienvater, "ich hätte mir nicht im Traum vorstellen können, dass sie überhaupt auf die Anfrage antwortet. So aber…" So aber sei sie Feuer und Flamme für diese denkwürdige Zusammenarbeit gewesen und sie habe sich offenbar voll reingehängt: "Sie hat zwei Wochen daran gearbeitet, ihre Stimme auf die Basic-Tracks zu setzen. Das zeigt, wie ernst sie das alles genommen hat."
Und das hört man auch. Der Titel kommt nicht, wie eigentlich zu erwarten wäre, am Anfang des Albums, sondern er setzt den Schlussakkord: der letzte der insgesamt 15 Titel. Wer den sehr melodischen, mit Drum-Computer-Grooves, Synthie-Geigen und Melodien im Country-Style angelegten, entfernt an Justin Timberlake erinnernden Song hört, versteht, dass er auf "Country Again: Side B" keinen Platz gehabt hätte. Zu viel Pop. Zu wenig Country. Und damit sind wir auch beim Konzept von "Where We Started": Es ist ein Album, das keinen Platz in einer Genre-Schublade findet. Es ist eine CD, die sich gegen Grenzen und Formatierungen wehrt, die sowohl als auch ist.
"Where We Started" passt in keine Stil-Schublade
"Ich mag Euch mit dem Album zum Weinen und im nächsten Moment zum Lächeln bringen", sagt der Künstler über sein neues Werk und er führt weiter aus: "Ich möchte Euch zum Tanzen bringen und nach dem Tanzen sollt Ihr wieder nachdenklich werden. Es ist eine emotionale Achterbahnfahrt, die ich mit meinen Hörern vorhabe." Zum Einstieg in dieses Auf und Ab der Emotionen serviert Rhett das sehr ruhige, eindeutig den Folk- und Country-Traditionen zuzuschreibende "The Hill". Ein Track, der einen vielleicht (noch) nicht zum Weinen bringt, aber immerhin zum Innehalten. Nach den knapp drei Minuten des Openers ist man bereit für ein bisschen Spaß - für Songs wie "Church Boots" und "Bass Pro Hat": astreiner Country-Pop mit sonnigen Melodien. Aber auch mit den üblichen Textmotiven á la "Trucks", "T-Shirts" und "Jeans". Meine Güte, etwas mehr Phantasie sollte man von den beteiligten Top-Co-Autoren (u.a. Ashley Gorley) schon erwarten können.
Im Verlauf der CD liefert Thomas Rhett weitere Klischees, aber noch mehr Originelles ab: das herrlich luftige, mit exzellenten Melodien ausgestattete "Anything Cold" (ja, es geht auch mal wieder um Bier), das erstaunlich düstere, ganz und gar akustische "Angels", das sommerliche "Half of Me" mit Riley Green, bei dem ein Mann mit sich ringt wann es Zeit für ein - ach ja, wieder mal? - "cold beer" wird oder wenn eine gepfiffene Melodie das "Paradise" verspricht. Auffällig bei den meisten Songs: charmante Vintage-Klänge vereinen sich mit angesagten, hippen Sounds. Eine Mixtur, die mittlerweile das Markenzeichen von Thomas Rhett sein könnte.
Könnte, denn der Mann lässt sich nicht auf eine Gangart reduzieren. Das zeigt er auch im Verlauf der weiteren Songs von "Where We Started". So packt er bei "Death Row" - gemeinsam mit seinen Buddies Tyler Hubbard und Russel Dickerson - ein heißes Eisen an, das die drei Sänger mit dem nötigen Ernst schmieden. Ein Highlight der CD! Ebenfalls emotional fallen das autobiografische "Mama's Front Door" und das mit Geigen zelebrierte Liebesbekenntnis "Us Someday" aus. Wer schon jetzt den Sommer-Song des Jahres sucht, sollte bei "Slow Down Summer" reinhören. Der von fünf Autoren komponierten Track (u.a. Daddy Rhett Akins und Ashley Gorley) beschreibt mit sonnendurchfluteten Harmonien, wie leicht das Leben im Sommer sein kann.
Fazit: Thomas Rhett war bei allen 15 Tracks von "Where We Started" als Co-Autor tätig. Damit beweist er ein weiteres Mal seine Vielseitigkeit und sein Gespür für hittaugliche Songs. Ein paar Klischees weniger hätten dem Album aber nicht geschadet.
Label: The Valory Music Co. (Universal) | VÖ: 25. März 2022 |
01 | The Hill |
02 | Church Boots |
03 | Bass Pro Hat |
04 | Anything Cold |
05 | Angels |
06 | Half of Me (mit Riley Green) |
07 | Bring The Bar |
08 | Paradise |
09 | Death Row (mit Tyler Hubbard & Russell Dickerson) |
10 | Mama's Front Door |
11 | Slow Down Summer |
12 | Simple as a Song |
13 | Us Someday |
14 | Somebody Like Me |
15 | Where We Started (mit Katy Perry) |