Glen Campbell - Live from The Troubadour

CD Cover: Glen Campbell - Live from The Troubadour
 

Aus dem Nachlass des Country-Königs der 1970er Jahre: "Live from The Troubadour" zeigt Glen Campbell 2008 bei einem Auftritt in Los Angeles mit erstaunlicher Setlist

Glen Campbell. Es gab eine Zeit, da war der Name dieses Sängers und Songschreibers aus Arkansas ein Synonym für Country Music. Er war: Eine Ikone. Ein Pionier. Er war ein begnadeter Gitarrist und ein nicht weniger talentierter Sänger. Campbell hatte über Jahre hinweg seine eigene TV-Show und seine Alben und Singles waren über langen Zeitraum auf Hit programmiert. Warum? Weil Campbell gleichzeitig Country und Pop, Stadt und Land war. Er war einer der ersten Brückenbauer der verschiedenen musikalischen Weltanschauungen. Alles das, klingt - mal mehr, mal weniger - auch bei den 14 Songs von "Live from The Troubadour" durch.

"Live from The Troubadour": Glen Campbell rockt Los Angeles

Das Album wurde am 19. August 2008 in dem legendären Troubadour am Sunset Strip in West Hollywood mitgeschnitten. Darüber hinaus war es der letzte gefilmte Auftritt in Campbells Karriere, aber nicht nur deshalb eine bemerkenswerte Show. Auch seine Backing-Band war außergewöhnlich besetzt: Neben vier (!) seiner Kinder wirkte eine Reihe von Musikern mit, die man für gewöhnlich eher selten in Nashville zu Gesicht bekam: Session- und Tourmusiker aus dem Rock, Hardrock und Grunge-Bereich, Sidemen für Acts wie Beck, Jane's Addiction und Danzig beispielsweise.

Mindestens genauso erstaunlich fällt die Setlist von "Live from The Troubadour" aus. Schließlich hätte Glen Campbell 2008 auf einen, mit zahllosen eigenen Hits gespickten Back-Katalog zurückblicken können. Genügend Songs jedenfalls, um eine fünfstündige Hits- und Klassiker-Revue abliefern zu können. Mindestens! Doch was macht der schon immer eigenwillige Country-Star? Er kredenzt acht Cover-Versionen. Mehr noch: Er präsentiert Songs von Acts, die man auf Anhieb so gar nicht mit der Karriere des strahlenden "Rhinestone Cowboys" in Verbindung bringen würde.

Das gilt schon mal für den Opener der Show in Los Angeles: "All I Want is You" ist ein Song aus dem U2-Repertoire, und damit eine kleine hymnische Rock-Oper. Das ist sie in der Behandlung von Campbell & Co. zwar immer noch, aber natürlich mit unüberhörbarem Country-Touch versehen. "Sing" von Travis, den Alternative-Folkies, passt da schon eher zur DNA des Country-Stars - und "Angel Dream" von Tom Petty freilich noch mehr. Alles gut. Alles schön. Trotzdem ist man erfreut, wenn er im vierten Song der Setlist "By The Time I Get to Phoenix" anstimmt. Über 40 Jahre hat die geniale Jimmy-Webb-Komposition 2008 schon auf den Rillen. Trotzdem ist sein Hit aus dem Jahr 1967 damals wie heute eine unvergleichliche Gänsehaut-Nummer.

Anschließend kommt erstmal erneut Tom Petty mit "Walls" zu Cover-Ehren, bevor er "Galveston", seinen Klassiker aus dem Jahr 1969 präsentiert. Erneut eine Jimmy-Webb-Komposition, erneut ein Song von zeitloser Qualität. Auch in der zweiten CD-Hälfte wechseln sich Cover-Songs und eigene Song-Großtaten ab: Etwa "Sadly Beautiful" von den Replacements, "Grow Old with Me" aus dem John Lennon-Nachlass und - als Grunge-Referenz - "Times Like These" von den Foo Fighters. Wie nicht anders zu erwarten, setzen aber seine eigene Titel die Glanzlichter: "Gentle on my Mind" aus dem Jahr 1967, "Rhinestone Cowboy" aus Mitte der 1970er Jahre und - unvermeidlich, unverzichtbar - "Wichita Lineman", das Jimmy-Webb-Song-Monument aus dem Jahr 1968.

Dream-Team für die Ewigkeit: Glen Campbell und Songwriter Jimmy Webb

Beim Durchhören der CD stellt sich ein Lerneffekt ein. Zum Beispiel, dass Glen Campbell immer am besten war, wenn er seine eigene Musik gemacht hat, dass er aber auch ein Pionier der Genre-Apartheid war und weltoffen und liberal mit anderen Klängen umzugehen wusste. Darüber hinaus wird mit diesem Album erneut deutlich, wie sehr der 2017 verstorbene Star von guten Songs abhängig war. Songs, wie sie ihm vor allem Songwriter-Fürst Jimmy Webb auf den Leib schrieb. Diese zwei bildeten ab Mitte der 1960er Jahre jedenfalls ein Dream-Team, das nahezu unschlagbar war. Nicht nur im Country.

Ansonsten verströmt das Album ausgelassene Live-Laune. Nicht nur im Publikum, auch auf der Bühne ging die Post ab. Leider ließ sich Campbell bei seinem leidenschaftlichen Vortrag immer wieder zu etwas schrillen Tönen hinreißen, wenn es in hohe Lagen ging. Das mag, ist man Besucher der Show, nicht stören, da es von purer Hingabe kündet. Auf Tonträger verliert sich jedoch der Effekt - und so greift man dann doch wieder lieber zur diszipliniert eingesungenen Studio-Version.

Fazit: Der Country-Star auf einem seiner letzten Wege: "Live from The Troubadour" zeigt Glen Campbell 2008 noch voll im Saft und dazu erstaunlich experimentierfreudig.

vgw
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