"Norwood" ist eine US-amerikanische Filmkomödie aus dem Jahr 1970, in der die beiden Hauptdarsteller von "Der Marshall", Glen Campbell und Kim Darby, wieder zusammenkommen und auch Joe Namath zu sehen ist. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman von Charles Portis (der auch "Der Marshall" geschrieben hat), wurde aber von den 1950er Jahren in das Jahr 1970 verlegt.
Der Film markierte den vorletzten Leinwandauftritt des Schauspielers Jack Haley, des Vaters des Regisseurs Jack Haley Jr.
Es gibt nur einen Grund, sich diesen Film überhaupt zu Gemüte zu führen: Glen Campbell in seiner einzigen Hauptrolle. Das passierte 1970, ein Jahr nachdem der 2017 mit 81 Jahren verstorbene Country-Star neben John Wayne in "Der Marshal" brillierte. Wayne gewann dafür den Oscar und Campbell einen eigenen Film - wieder nach einem Roman von Charles Portis, der von der schon die Vorlage zu "Der Marshal" lieferte.
Damit nicht genug, holte Regisseur Jack Haley, Jr. ("100 Years of Hollywood Westerns") auch noch Drehbuchautorin Marguerite Roberts und Schauspielerin Kim Darby dazu, die ebenfalls bei "Der Marshal" dabei waren. Eine sichere Nummer? Mitnichten! "Norwood" war ein Riesenflop und kam in Deutschland nie ins Kino und wurde anscheinend auch nie im Deutschen Fernsehen ausgestrahlt.
Nach ihrem Einsatz in Vietnam kehren die beiden US-Marines Norwood Pratt (Glen Campbell) und Joe Reese (Joe Namath) in ihre Heimat zurück. Norwood kommt zunächst bei seiner Schwester Vernell (Leigh Feench) unter, ist aber schnell von seinem Schwager Bill (Dom DeLuise) genervt.
Da Norwood davon träumt, als Sänger in der Radiosendung Louisiana Hayride aufzutreten, schnappt er sich seine Gitarre und wagt die Flucht nach vorn.
Unterwegs trifft Norwood die unterschiedlichsten Menschen wie den betrügerischen Grady (Pat Hingle), die Prostituierte Yvonne (Carol Lynley) und das Starlet Marie (Tisha Sterling). Doch als er Rita (Kim Darby) begegnet, ist es um ihn geschehen. Aber Rita wehrt Norwood zunächst ab, denn sie schwanger und unverheiratet, was sie beschämt. Dennoch hält sie zu ihm, begleitet ihn an sein Ziel, wo Norwood im KWKH-Studio seinen Traum erfüllen kann.
Die Story verspricht mehr als der Film hergibt. Glen Campbell wird als begehrenswerter Junggeselle dargestellt, dem die Frauen zu Füßen liegen. Durch die Reihe weg wurden ihm attraktive Kolleginnen an die Seite gestellt. Aber man glaubt Campbell keine Sekunde, dass er ein unverbesserlicher Womanizer ist, der erst von Kim Darby quasi geläutert wird.
Derby spielte in "Der Marshal" noch das Mädchen im Teenageralter, das John Wayne alias Reuben "Rooster" Cogburn anheuert, um den Mord an ihrem Vater zu rächen. Campbell spielte einen Texas Ranger, der die beiden auf der Suche nach dem Mörder begleitete. In "Norwood" kommen Darby und Campbell als Liebespaar zusammen, die über 1970 noch über scheinbar unüberwindbare moralischen Hürden springen müssen. Das funktioniert streckenweise noch ganz gut, nicht zuletzt durch das unschuldige Lächeln der damals 22-jährigen Kim Darby.
Anderseits führt das zu endlosen Dialogen, die aber die Handlung nicht vorantreiben. Das ist überhaupt das größte Problem dieses Films. Roadmovies müssen eine vorantreibende Dringlichkeit entwickeln, die im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Ziel führt. Hier kommt aber weder Tempo noch Dramaturgie auf. Die Charaktere sind einem letztlich egal, und was sie wollen und verfolgen, spielt irgendwann auch keine Rolle mehr. "Norwood" ist nach seiner Premiere am 21. Mai 1970 in Dallas, Texas schnell im Giftschrank verschwunden. Da sollt er auch bleiben, zumal der Film weder Regisseur Jack Hailey Jr. Noch Kim Darby und schon gar nicht Glen Campbell Glück gebracht hat.
Dennoch ist "Norwood" Pflicht für jeden Glen-Campbell-Fans. Denn nach einem Erfolg ("Der Marshal") und einem Flop ("Norwood") hat es der Country-Star, der zu Lebzeiten mehr als 45 Millionen Alben verkaufte und mit dem Song "Rhinestone Cowboy" seinen größten Hit landete, mit der Schauspielerei mehr oder weniger sein gelassen.
Gastauftritte absolvierte er unter anderem noch in dem Clint-Eastwood-Film "Mit Vollgas nach San Fernando".
"Norwood" musste er als Star des Films auf seinen unterfahrenden Schultern tragen. Dabei wirkt er oft unbeholfen und gab sich wahrscheinlich unwissend für unfreiwillig komische Szenen her. Etwa wenn er im Cabrio bei voller Fahrt mit der Gitarre ein Liedchen trällert. Wobei seine Songs wohl noch das Beste in diesem Film sind. Mit sieben Songs bestreitet Glen Campbell den Soundtrack fast im Alleingang. Er besingt Frauen ("Marie"), macht musikalische Liebeserklärungen ("I'll Paint You a Song") und beschreibt seine Lebenslagen ("Me and My Guitar"). Tatsächlich erschien die Filmmusik damals als Schallplatte, später anscheinend aber nie als CD. Insofern ein begehrtes Sammlerstück für jeden Fan.
Fazit:Mit "Norwood" wollte man sich gewiss an den Erfolg des Westerns "Der Marshal" anheften: Die gleichen Autoren, die gleichen Darsteller. Aber die Rechnung ging nicht auf. Als Roadmovie ist "Norwood" schlicht zu lahm, und Glen Campbell erkannte seine darstellerischen Grenzen und blieb fortan lieber bei der Musik.