Jane Got a Gun

Jane Got a Gun

"Jane Got a Gun" ist ein US-amerikanischer Western aus dem Jahr 2015. Regie führte Gavin O'Connor, das Drehbuch schrieben Brian Duffield, Joel Edgerton und Anthony Tambakis. In dem Film spielen Natalie Portman, Edgerton, Noah Emmerich, Rodrigo Santoro, Boyd Holbrook und Ewan McGregor.

Filmplakat: Jane Got a Gun
 

Ende des 19. Jahrhunderts in New Mexico: Farmersfrau Jane Hammond (Natalie Portman) lebt mit ihrem Mann Bill (Noah Emmerich) ein zurückgezogenes Leben mit der gemeinsamen Tochter, bis das junge Glück eines Tages von Bills Vergangenheit eingeholt wird. Da eine Verbrecherbande mit ihrem ehemaligen Mitglied noch eine Rechnung offen hat, wird Janes Ehemann bei einem heimtückischen Anschlag niedergestreckt und schafft es nur unter höchster Anstrengung zu seiner Familie nach Hause. Nun steht Jane unter Beschuss des Ganoven John Bishop (Ewan McGregor) und seiner Bande, die mit der toughen Lady gern kurzen Prozess machen würden. Doch Jane sieht sich in der Pflicht, ihre Familie zu beschützen. Sie bringt ihre Tochter in Sicherheit und kontaktiert ihren ehemaligen Verlobten Dan Frost (Joel Edgerton), einen begnadeten Revolverhelden. Zusammen wollen die beiden das Haus von Janes Familie vor der Gang beschützen…

Immer wieder liest man davon, die Produktionsgeschichte eines Hollywoodprojektes könne mehr Spannungspotenzial aufweisen, als der fertige Film selbst. "Jane Got a Gun" ist genau so ein Fall. Seit 2011 schon kursieren Details zu dem Westerndrama über eine starke Frau in einer Rolle, die sonst eher Männern vorbehalten ist, im Internet. Das Drehbuch zum zunächst von Regisseurin Lynne Ramsey ("We Need to Talk About Kevin") beaufsichtigten Film fand sich ursprünglich gar auf der Black List wieder - einer Aufzählung von den potenziell bedeutendsten (und bis dato unveröffentlichten) Skripts, die aktuell in der Traumfabrik zu finden sind.

Doch schon zu früher Produktionszeit machte die Entstehung von "Jane got a Gun" vorzugsweise Negativschlagzeilen. Zwar konnte "Black Swan"-Schauspielerin Nathalie Portman für die Haupt- und Produzentenrolle gewonnen werden und mit Joel Edgerton ("The Gift") sowie Ewan McGregor ("Lachsfischen im Jemen") komplettieren zwei nicht minder namhafte Hollywoodstars den Cast, doch durch das Hin und Her bei der Regiefindung - nach Komplikationen am Set wurde Ramsey durch Gavin O'Connor ("Das Gesetz der Ehre") ersetzt - erweckt "Jane Got a Gun" den Eindruck einer Notlösung, die sich aus vielen Elementen jüngerer Westernfilmgeschichte zusammensetzt, eine eigene Handschrift jedoch vermissen lässt.

Das Hervorstechendste an "Jane Got a Gun" ist vermutlich (leider) immer noch die Tatsache, dass mit Nathalie Portman als titelgebende Jane auf die Zugkraft einer weiblichen Protagonistin vertraut wird. Was keine besondere Erwähnung wert sein sollte, erweist sich 2015 als immer noch so unüblich, dass man ohne sie trotzdem nicht auskommt; Hollywood ist nach wie vor erschreckend zurückhaltend was das Schreiben starker Frauenfiguren angeht. Insofern würde sich gerade ein Film wie "Jane Got a Gun" dafür anbieten, den Mehrwert einer solchen Entscheidung explizit im Westerngenre hervorzuheben, doch Gavin O'Connor macht kaum etwas aus dieser Prämisse. Mehr noch: Sein Film käut wieder, was allein in den vergangenen zwei Jahren mehrere Genreprojekte schon auf deutlich bessere, individuelle Weise vorgemacht haben.

Den Fokus auf das Leben einer Frau legen, die sich innerhalb des Wilden Westens vollkommen entgegen ihrer vermeintlichen Rolle behauptet, hat bereits Tommy Lee Jones in "The Homesman" mit viel feinerer Beobachtungsgabe vollzogen. Die Verteidigung des eigenen Anwesens gegen eine Bande aus Ganoven gab es allein in diesem Jahr bereits von John Maclean in "Slow West" zu sehen. "Jane Got a Gun" unterscheidet sich lediglich durch die die Inszenierungsdynamik vom Rest und setzt auf (unnötige) Flashbacks, um die (ebenfalls nicht notwendige) Beziehungsgeschichte von Jane und Dan zu beleuchten. O'Connors Film begibt sich dadurch immer weiter weg vom eigentlichen Plot und erzählt mehr oder weniger im Stile einer Seifenoper, was die eigentliche Story verwässert und den Drive aus der Inszenierung nimmt.

Technisch lässt sich "Jane Got a Gun" dafür wenig vorwerfen, denn Kamerafrau Mandy Walker ("Spuren") zehrt sichtlich von der Weitläufigkeit der rauen Western-Szenerie. In ruhigen Momenten sorgt sie derweil für eine angenehme Intimität und begibt sich ganz nah an die Gesichter ihrer Figuren heran. Der Score von Marcello De Francisci ("Samsara") und Lisa Gerrard ("Das Versprechen eines Lebens") bleibt indes zurückhaltend. Dies macht die Bühne frei für die Schauspieler, die sich alle Mühe geben, dem Film zu jener Seele verhelfen, die ihm durch die ungenaue Konzeption abhanden kommt. Als größter Pluspunkt erweist sich dabei Portman selbst, deren Performance der Inbegriff einer toughen Lady gleichkommt und die hervorragend mit Joel Edgerton interagiert. Noah Emmerich ("Die Truman Show") hat als ans Bett gefesselter Verletzter nur wenige Möglichkeiten, dem Film zu eigenen Akzenten zu verhelfen und Ewan McGregor ist in seiner Bösewicht-Rolle kaum wiederzuerkennen.

Fazit: "Jane Got a Gun" besitzt auf dem Papier das Potenzial eines emanzipatorischen Westernfilms mit Aussage, Nachhall und viel Kraft. Doch im Endergebnis präsentiert sich die Rachegeschichte mit einer beeindruckenden Nathalie Portman als absolut gewöhnliches Drama. Schade drum!

vgw
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